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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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der Nacht so einfach ein Tor öffnen? Doch anscheinend waren die beiden Posten vertrauensseliger oder dümmer, als sie angenommen hatte, denn schon kurz darauf ging eine schmale Nebenpforte auf, und der Posten winkte die Frauen herein. Zur Belohnung küsste ihn Gret ausgiebig und rieb seinen Schritt, dass er zufrieden grunzte.
    »Komm jetzt«, drängte Elisabeth, die keine Lust verspürte, dem Kameraden ebenfalls zu Diensten zu sein.
    »Sofort!« Sie rieb ein wenig schneller, bis er aufstöhnte, dann ließ sie ihn los, winkte den beiden noch einmal frech zu und zog Elisabeth in den Vorhof.
    »Ich war im vergangenen Jahr schon einmal auf der Festung«, raunte Gret ihr zu. »Ein wenig kenne ich mich aus. Dort drüben hinter der Pferdewaschgrube sind die Ställe für die normalen Rösser der Wächter und Vasallen. Und das sind ihre Quartiere. Zumindest ein Teil ist hier draußen untergebracht. Die beiden Gebäude dort drüben sind Scheune und Lager. Das Zeughaus allerdings ist hinter dem Graben nur von der Hauptburg aus zugängig.«
    Elisabeth nickte stumm. Ihr war schwindelig und übel. Alles begann sich zu drehen. Was war nur mit ihr los? Sie musste jetzt wach und aufmerksam sein, um die ihr übertragene Aufgabe zu erledigen. Dafür bekam sie von Otilia einen Schilling - bekam Else einen Schilling. Sie holte tief Luft, doch das Rauschen in ihrem Kopf wurde noch stärker. Sie hörte Stimmen, die nichts mit denen um sie herum zu tun hatten. Bilder zuckten durch ihren Geist. Dort hinten in der Scheune gab es einwundervolles Versteck. Die Wachen rösteten im Herbst Äpfel über dem Feuer. Wenn es fror, konnte man auf blanken Sohlen über die Pferdeschwemme schlittern. Das war ein Spaß! Ein helles Lachen schwebte in der Luft.
    »Was ist mit dir?« Gret stieß ihr in die Rippen. »Jetzt ist es zu spät, einen Rückzieher zu machen!«, sagte sie, den Gesichtsausdruck ihrer Begleiterin missverstehend, doch Elisabeth nahm es ohne Widerspruch hin. Sie nahm sich zusammen.
    »Also los, wir machen uns an die Wachen vor der Brücke ran. Wenn wir sie überzeugt haben, dann müssen wir noch durch die beiden Tore in der Hauptburg. Die Barbakane ist wie eine eigene kleine Festung angelegt.«
    »Du warst auch schon einmal hier oben«, stellte Gret verwundert fest.
    Elisabeth nickte nur knapp und marschierte auf die beiden Wachtposten zu, die neben dem Zugang zur Brücke an der Wand lehnten. Hier allerdings sollten sie sich die Zähne ausbeißen. Die beiden waren nicht so leicht zu überzeugen wie ihre Kameraden am Tor zur Vorburg. Und obwohl sie sich die Schmeicheleien und Küsse der Frauen durchaus gefallen lie ßen, blieben sie hart.
    »Es findet kein Fest statt, da müsst ihr etwas missverstanden haben«, beharrte der eine.
    »Ihr könnt gerne hierbleiben und eure Dienste anbieten. Ich denke, es wird genug Arbeit in der Vorburg geben.«
    »Ja, aber über die Brücke können wir euch ohne Befehl des Hauptmannes nicht lassen!«
    Elisabeth dachte schnell nach, dann griff sie seine Worte auf. »Der Hauptmann wird es schon wissen, wenn man uns doch ausdrücklich auf die Burg bestellt hat.
    Nun schläft er in der Festung den Schlaf des Gerechten, und wir müssen unverrichteter Dinge davonziehen. Irgendjemand dort drinnen wird darüber ganz schön erzürnt sein, und ich sage euch, am Ende wird sich das Donnerwetter über euren Häuptern entladen!«
    »Dann fragen wir den Hauptmann am besten«, schlug der eine vor. »Er sitzt dort drüben bei den Männern.«
    Das war nicht das, was Elisabeth bezweckt hatte, doch nun blieb ihr nichts anderes übrig, als sich vor den Hauptmann führen zu lassen. Der wirkte ein wenig aus der Fassung gebracht, lauschte aber den Worten seines Postens und schüttelte dann den Kopf.
    »Da müsst ihr beide etwas falsch verstanden haben. Ges tern hatten wir eine ganze Menge hoher Herren zum Nachtmahl zu Gast. Für heute jedoch wurden keine Frauen bestellt.«
    »Aber das Treffen mit der Gesandtschaft«, beharrte Elisabeth. »Es dauert nun schon seit dem Morgen an, und die Herren haben sich sicher zu einem ausführlichen Mahl gesetzt!«
    Es war der letzte Versuch, und sie glaubte selbst nicht mehr daran, dass sie es noch bis ins Innere der Festung schaffen würden.
    Der Hauptmann sah sie fragend an. »Besprechung? Gesandtschaft?«, wiederholte er. »Wovon sprichst du?«
    Die Frauen starrten zurück. »Die Chorherren vom Kapitel und die Herren des bürgerlichen Rats, die heute Morgen zum Bischof gekommen sind. - Sie

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