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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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nicht alle Namen gemerkt hatte, doch vermutlich wollte der Bischof sie sowieso nicht alle im Einzelnen hören. Es genügte zu sagen, dass die Herren der Stadt angekommen waren, um mit ihm zu beraten, wie man der Belagerung durch das Kriegsheer entgehen konnte.
    »Die Abordnung hat die Stadt heute Morgen um die zehnte Stunde verlassen«, bestätigte Meister Thürner, der am Abend beim Frauenhaus vorbeikam. Else Eberlin trat zu ihm vor die Tür und schloss diese hinter sich. Wenn sie Gäste hatte, sah sie es ungern, wenn der Henker mit hereinkam. So manchem Kunden hätte seine Anwesenheit die Lust vergällt.
    »Ja und? Was ist dabei herausgekommen? Du willst doch nicht etwa behaupten, die Herren besprechen sich immer noch mit dem Bischof!«
    Der Henker hob die Schultern. »So, wie es aussieht, müssen wir das annehmen. Keiner ist bisher zurückgekehrt und auch kein Bote, der uns ihre Entscheidungen oder Befehle übermittelt hätte.«
    Else schnaubte durch die Nase. »Was gibt es da so lange zu reden? Sie müssen sich die Forderungen der Belagerer anhören und dann eine Entscheidung treffen!«
    »Vielleicht ist das nicht so einfach«, wandte der Henker ein.
    »Ich würde einen Schilling darauf verwetten, dass es nur darum geht, wer die Zeche bezahlt, denn es geht den Herren der Truppen doch nur um Geld, oder etwa nicht?«
    Meister Thürners Miene verdüsterte sich. »Ja, und dreimal darfst du raten, wer die wenigsten Stimmen dort oben auf dem Frauenberg hat!«
    Else seufzte. »Die kleinen Leute! Dazu muss ich nicht dreimal raten.«
    »Ja, und es wird ihnen schon noch eine Steuer oder andere Abgabe einfallen, wie sie uns noch mehr unserer Münzen aus der Tasche ziehen können.«
    »Ich wünschte, ich hätte die Hoffnung, dass du im Unrecht bist, zum Trost«, sagte Else Eberlin und hob zum Abschied die Hand. »Sag mir Bescheid, wenn du Neuigkeiten hörst.«
    »Das werde ich. Ich muss ja um Mitternacht hier noch einmal nach dem Rechten sehen. Das ist schließlich meine Pflicht. Wobei ich allerdings bezweifle, dass wir heute Nacht noch etwas erfahren.«
    Der Henker verschwand in der Dunkelheit. Else ging zurück ins Haus. Es war heute ungewöhnlich ruhig, was nicht nur an der geringen Zahl der Gäste lag. Die Stimmung war gedrückt. Ihr fehlte die Ausgelassenheit, in der sich die Männer zu leichtsinnigen Ausgaben verführen ließen.
    Diese Belagerung wird mir das Geschäft ruinieren, dachte die Meisterin erbost.
    Eine Weile später klopfte es an der Tür. Else öffnete, obwohl auch einige ihrer Frauen müßig am Tisch saßen.
    »Ja? Was willst du?« Sie sah das junge Mädchen an, und ihr Kennerblick erkannte sofort, dass sie aus einem guten Stall kam. Sie hatte sie erst kürzlich gesehen. Hatte das Mädchen nicht am Morgen bei den Ratsfamilien gestanden? Das stimmte, doch Else war sich sicher, dass sie sie noch bei einer anderen Gelegenheit getroffen hatte - bei einer ungewöhnlichen Gelegenheit. Plötzlich fiel es ihr wieder ein. Aber ja, sie gehörte zu den Maintalern und hatte ihren betrunkenen Vater hier am Frauenhaus abgeholt.
    »Was kann ich für Euch tun, Jungfer Maintaler?«, fragte Else nun deutlich höflicher.
    »Ich möchte Lisa sprechen - bitte«, fügte sie nach einer Weile hinzu. »Kannst du sie hier herausschicken, wenn sie gerade... äh... nicht zu sehr beschäftigt ist?« Das Mädchen begann zu stottern und wurde rot. Sicher hatte es keine genaue Vorstellung davon, was im Innern dieses Hauses vor sich ging, doch dass hier die unkeuschen Dinge geschahen, die die Prediger immer wieder anprangerten und als Sünde verdammten, wusste selbst die unschuldige Tochter aus einer Ratsherrenfamilie.
    »Ich will sehen, was ich machen kann«, sagte die Meisterin und war froh, dass Otilia nicht den Wunsch äußerte, mit hineinzukommen. Und Else war natürlich nicht so dumm, sie hereinzubitten! Damit würde sie sich die Sympathie des Ratsherrn und vermutlich einiger Kollegen gründlich verscherzen - wenn sie je von diesem Besuch erführen.
    Else rief Elisabeth, die gerade keinen Kunden bediente, zu sich und schickte sie zu dem Mädchen hinaus. Verwundert ging Elisabeth auf sie zu.
    »Otilia? Euer Vater ist nicht hier. Ich habe ihn schon ein paar Tage nicht mehr gesehen.«
    Das Mädchen nickte. »Ich weiß, dass er nicht hier sein kann. Er ist am Morgen mit der Delegation zum Bischof geritten.«
    Nun war Elisabeth noch verwirrter. »Ja aber, was möchtest du dann hier?«
    »Ich bin gekommen, um deine Hilfe zu

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