Die Dirne und der Bischof
sind doch noch hier auf der Festung?«
Ein paar Wächter in der Runde tauschten Blicke und begannen zu lachen. Und auch der Hauptmann schmunzelte. »Ja, das kann man getrost so sagen. Die Herren aus der Stadt drunten sind noch hier.«
»Und sie werden sich auch nicht in der Festung verlaufen«, gluckste ein langer dünner Kerl, neben dem eine Hellebarde auf dem Boden lag.
»Ja, aber Beratung kann man das nicht direkt nennen, was es heute hier gab«, wandte ein kleiner Dicker mit einer Armbrust auf dem Schoß ein.
»Und ein Festessen gab es wohl auch nicht - außer für unseren verehrten Herrn Bischof.«
Die beiden Frauen blickten sich beunruhigt an. Das klang ganz so, als sollten sich Otilias schlimmste Befürchtungen bewahrheiten.
»So, so«, sagte Elisabeth und zwang sich zu einem leichten Tonfall. »Wenn ich euch so zuhöre, dann kommt mir der Verdacht, dass die Herren heute Nacht auch keine Freude an ihren Gemächern haben werden!«
Wieder lachten die Männer. »Ja, das kann man so sagen!«, rief einer.
Der Posten, der an der Brücke Wache halten sollte, wurde von seinem Hauptmann wieder an seinen Platz zurückgeschickt, die beiden Frauen dagegen lud er ein, sich zu ihnen zu setzen. Einer seiner Männer drückte ihnen zwei volle Becher in die Hände.
»Erzählt!«, rief Elisabeth. »Wir sind neugierig und wollen diese ungewöhnliche Geschichte hören.«
Weder der Hauptmann noch seine Männer schienen etwas dagegen einzuwenden zu haben, mit den beiden Dirnen ein Plauderstündchen zu halten und ihnen von den Vorgängen auf der Festung zu berichten.
»Sie kamen so selbstbewusst hier oben an, diese feisten Herrn des Rates und des Domkapitels, und wurden so kleinlaut, als der Bischof ihnen verriet, wie er sich die Beratung vorstellte!«
Ein anderer nahm den Faden auf. »Ja, sie hatten die Freitreppe zum Saal noch nicht erreicht, da erschien der Bischof oben auf den Stufen und eröffnete den Gesandten, dass er nicht mit ihnen zu beraten gedenke. Er habe ihnen eine andere wichtige Aufgabe zugedacht. Die Männer waren sichtlich verwirrt. Der dicke Günther von Schwarzenburg trat schnaufend wie ein altes Ross vor und wollte wissen, was das zu bedeuten habe und warum sie alle den beschwerlichen Weg auf den Marienberg auf sich genommen hätten.«
Der Hauptmann mischte sich wieder ein und platzierte sich zwischen den beiden Frauen. Offensichtlich wollte er seinen höheren Rang demonstrieren - und seine Vorrechte!
»Ich glaube, unser Herr Bischof hat die Vorstellung genossen. Er rief nach mir. Ich wusste ja bereits von seinem Plan und stand mit meinen Männern bereit. Mit erhobenen Waffen schlossen sie einen Kreis um die erschrockenen Abgesandten. ›Ihr werdet mein Faustpfand sein, damit eure Brüder in der Stadt nicht zaudern und zögern, wenn man etwas Schmerzliches von ihnen verlangt. Und ich sage euch - es wird schmerzlich für die Stadt werden!‹ Er befahl uns, die Männer gefangen zu nehmen und in das Turmverlies zu werfen.«
»Welches Turmverlies?«, fragte Elisabeth rasch.
»Na, in der hohen Warte.«
Elisabeth sah zu dem alten, runden Turm hinüber, der aus der Mitte des Festungshofes aufragte. Der einzige Zugang zu dem wie ein Bergfried gebauten Turm lag in mehr als zehn Schritten Höhe und wurde über eine außen angebaute Treppe erreicht. Von diesem Boden führte innen eine Wendeltreppe bis ganz hinauf. Es gab jedoch auch noch ein rundes Loch im Boden, durch das man Gefangene ins Verlies darunter hinablassen konnte. Einen feuchten, finsteren Raum mit nichts als fauligem Stroh und den stinkenden Hinterlassenschaften anderer. Dort unten saßen nun - sollten die Worte des Hauptmanns der Wahrheit entsprechen - die Herren Gesandten der Stadt Würzburg aus Rat und Kapitel!
»Das war vielleicht ein Spaß!«, rief ein Kleiner mit mausgrauem Haar. »Die Gesichter dieser Gecken hättet ihr sehen sollen! Da standen sie in ihren feinen Gewändern und wurden einer nach dem anderen ins Loch gelassen. Oh ja, sie haben protestiert und gedroht. Manch einer verlor sein gutes Benehmen und verfluchte uns ganz unfein.«
»Doch am besten gefallen hat mir der dicke Domherr«, mischte sich ein Jüngling mit unglaublich vielen Pickeln im Gesicht ein. Die anderen prusteten vor Vergnügen.
»Was war mit ihm?«, begehrte Gret zu wissen.
»Habt ihr ihn schon einmal gesehen?« Die Frauen schüttelten die Köpfe. »Nun ja, viele der feisten Herren sind gar wohl genährt und tragen ihren Wohlstand in einem prächtigen Bauch
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