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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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für alle sichtbar vor sich her, aber der Domherr von Schwarzenburg ist richtig fett!«
    »Zu fett«, übernahm sein Kamerad. »Denn als sie ihn durch das Angstloch hinablassen wollten, blieb er stecken! Da war nichts mehr zu machen. Wir haben zu dritt versucht, ihn durch das Loch zu pressen. Es ging nicht! Dann wollten wir ihn wieder herausholen, aber auch das war nicht mehr möglich. Da hing er, schrie und bettelte und beschimpfte uns im Wechsel. Er zappelte wie ein Fisch auf dem Trockenen, doch nichts half. Es ging kein Zoll vor oder zurück.«
    Der Pickelige übernahm wieder. »Also beschlossen wir, ihn eine Weile hängen zu lassen. Irgendwann würde er schon so weit abmagern, dass wir ihn herausbekommen könnten.«
    »Steckt der Domherr immer noch in dem Loch fest?«, fragte Elisabeth leise. Die Vorstellung jagte ihr einen Schauder über den Rücken. Wie schrecklich musste der Mann sich fühlen! Was hatte er in den vergangenen Stunden erlitten!
    »Nein«, sagte der Hauptmann. »Erstaunlicherweise konnten wir ihn bereits nach dem Abendläuten herausziehen. Ich habe ihn in einem anderen Verlies unterbringen lassen, das man über ein paar Stufen und eine richtige Tür erreichen kann.«
    Die Männer johlten und schenkten sich wieder die Becher voll. Neue Gespräche flackerten auf. Der Hauptmann beugte sich zu Gret und küsste ihren Hals.
    »Was ich nicht begreife, ist, warum der Bischof so etwas tut.« Der Hauptmann ließ Gret los und sah Elisabeth an. »Es sei denn...« Sie stutzte. »Hauptmann, Ihr sagtet, gestern wären wichtige Männer zum Spätmahl geladen gewesen. Wer waren sie?«
    »Ich wüsste nicht, was das eine Dirne aus der Stadt angehen würde«, wehrte der Hauptmann ab und wandte sich wieder Gret zu. Elisabeth überlegte fieberhaft. Wer waren die Angreifer? Von welchen Fahnen hatte der Henker gesprochen?
    »Waren es vielleicht der Bischof von Speyer? Der Weinsberger und der Henneberger? Markgraf Hans von Brandenburg? Die Herren von Hanau und Solms?«
    Der Hauptmann sah sie erstaunt an. »Warum fragst du, wenn du es bereits weißt? Ja, diese und ein paar andere Herren waren an die Tafel geladen.«
    Elisabeth nickte. Sie gab Gret ein Zeichen, und sobald sich eine günstige Gelegenheit ergab, machten sich die Frauen davon.
    »Es ist doch nicht zu fassen!«, schimpfte Elisabeth, als die beiden Frauen durch die nächtliche Stadt zum Frauenhaus zurückgingen. Sie hatten Otilia aufgesucht und ihr jede Einzelheit berichtet, an die sie sich erinnern konnten. Blass, aber gefasst dankte das Mädchen den beiden Frauen und gab ihnen noch einen Laib Brot und ein Stück Speck mit auf den Weg.
    »Ich kann es einfach nicht glauben!« Elisabeth war rasend vor Wut. »Er hat die Feinde zu sich geladen und sich auf ihre Seite geschlagen - gegen seine eigene Stadt!«
    Auch Gret schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich kann mir das auch kaum vorstellen. Dann wird er uns nicht mit seinen Kanonen zur Seite stehen, wenn es zu einem Angriff kommt?«
    Elisabeth schnaubte unfein durch die Nase. »Wir können froh sein, wenn er sie nicht auch noch auf die Stadt richtet!«
    Grets Augen funkelten. »Das soll er wagen! Dann werden wir unsere Pleiden einsetzen. Wozu haben wir die großen Wurfmaschinen direkt am Mainufer? Es wäre nicht das erste Mal, dass die Stadt sich gegen einen undankbaren Bischof zu wehren weiß!«
    »Ja, nicht umsonst sind die Fenster im Saal zur Stadtseite hin so klein«, murmelte Elisabeth.
    Gret starrte sie an, sagte aber nichts mehr, bis sie das Frauenhaus erreichten. Still und dunkel ragte es vor den verfalle nen Mauern des alten Judenfriedhofs auf. Die anderen waren schon in ihren Betten, die letzten Gäste - nach Aufforderung des Henkers - längst nach Hause gewankt. Doch auf der Bank vor dem Haus konnten sie eine Gestalt ausmachen. Die Meisterin erhob sich und kam auf sie zu.
    »Gut, dass ihr zurück seid. Was habt ihr erfahren?«
    Und so mussten Elisabeth und Gret die Geschichte noch einmal berichten, ehe sie erschöpft auf ihre Matratzen fielen.
     

Kapitel 14
    Am Vormittag traf ein Schreiben beim Rat und ein weiteres beim Kapitel ein. Zu Mittag wusste es die ganze Stadt: Bischof Johann von Brunn, ihr Landesfürst und geistlicher Vater, hatte sie verraten! Unter dem Vorwand, sich mit ihnen zu beraten, hatte er eine Delegation von Chorherren und Ratsmitgliedern auf den Frauenberg gelockt und dort in den Kerker geworfen! Und was die Sache noch schlimmer machte, war, dass die Belagerer nun begannen, den

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