Die Donovans 1: Die gefährliche Verlockung
nahm die Karten zurück. „Da die Sitzgelegenheiten hier alle anderweitig benutzt werden, lassen wir uns am besten auf dem Boden nieder.“ Sie kniete sich hin, warf das lange Haar zurück und bedeutete ihm, sich zu ihr zu gesellen. Dann legte sie ein Keltisches Kreuz.
„Irgendetwas beschäftigt dich“, sagte sie. „Aber deine Kreativität ist weder versiegt noch blockiert. Veränderungen kündigen sich an.“ Sie hob den Blick, ihre Augen waren von jenem verwirrenden irischen Blau, das jeden vernünftigen Mann dazu bringen konnte, alles bedingungslos zu glauben.
„Womöglich die größten in deinem Leben, und es wird nicht leicht sein, sie zu akzeptieren.“ Es waren nicht mehr die Karten, aus denen sie las, sondern das blasse Licht des Sehers, das so viel heller in Sebastian schien. „Du musst dir vergegenwärtigen, dass manche Dinge mit dem Blut weitergegeben werden, andere werden schwächer oder fallen ganz weg.
Wir sind nicht immer so wie die Menschen, die uns gemacht haben.“ Ihr Blick wurde sanft, als sie ihre Hand auf seine legte. „Und du bist nicht so allein, wie du denkst. Das warst du nie.“
Diesmal gelang es ihm nicht, einen Scherz darüber zu machen. Dafür war es zu nah an der Wahrheit. Um dem Thema auszuweichen, küsste er ihre Fingerspitzen. „Ich habe dich nicht hergebracht, damit du mir aus den Karten liest.“
„Ich weiß, warum du mich hergebeten hast, aber es wird nicht passieren.
Noch nicht.“ Traurig und enttäuscht zog sie ihre Hand zurück. „Ich wollte dir nicht die Zukunft weissagen, ich wollte dir ein Geschenk machen.“ Sie sammelte die Karten ein. „Wenn ich kann, werde ich dir helfen. Erzähl mir, wo das Problem mit deiner Story liegt.“
„Außer der Tatsache, dass ich ständig an nichts anderes als an dich denke, wenn ich mich doch auf meine Arbeit konzentrieren sollte?“
„Ja.“ Sie schlug die Beine lässig unter. „Außer dieser Tatsache.“
„Ich denke, es liegt am Motiv. An Cassandra. So habe ich sie genannt.
Ist sie eine Hexe, weil es ihr um Macht geht, weil sie die Dinge ändern will?
Sucht sie nach Rache oder nach Liebe? Oder einfach nur nach einem leichten Ausweg?“
„Wieso sollte es einer dieser Gründe sein? Warum kann es nicht darum gehen, ob sie die Gabe annimmt, die ihr mitgegeben wurde?“
„Das wäre zu einfach.“
Morgana schüttelte den Kopf. „Das ist es nie. Es ist viel einfacher, so zu sein wie die anderen. Als ich ein kleines Mädchen war, verboten viele Mütter ihren Kindern, mit mir zu spielen. Ich hätte einen schlechten Einfluss. Ich wäre zu seltsam. Anders. Es tat mir damals weh, nicht dazuzugehören.“
Er nickte verstehend. „Ich war immer ‚der Neue‘, nie lang genug an einem Ort, um akzeptiert zu werden. Irgendjemand hatte immer das Bedürfnis, dem Neuen eine blutige Nase zu verpassen, frag mich nicht, warum das so ist. Wenn man ständig umherzieht, wird man eigen. Man versagt in der Schule und wünscht sich nur noch wegzukommen …“
Verärgert über sich selbst, brach er ab. „Auf jeden Fall, Cassandra …“
„Wie bist du damit fertig geworden?“ Sie hatte Anastasia gehabt, Sebastian, ihre Familie – und die Gewissheit, dazuzugehören.
Mit einem Schulterzucken nahm er ihr Amulett und betrachtete es. „Man rennt davon. Auf die sichere Art. Man zieht sich zurück in Bücher, in Filme oder einfach nur in die eigene Fantasie. Sobald ich alt genug war, suchte ich mir einen Job als Filmvorführer. So konnte ich alle Filme sehen und wurde sogar noch dafür bezahlt.“ Als er die traurigen Erinnerungen beiseiteschob, klärte sich sein Blick. „Ich liebe Filme, ich kann einfach nicht anders.“
Sie lächelte. „Und jetzt wirst du dafür bezahlt, dass du sie dir ausdenkst.“
„Die ideale Art, einer Leidenschaft zu frönen. Falls ich denn diese eine Story je zu Ende bringen sollte.“ Er griff eine Strähne ihres Haars und wickelte sie sich um das Handgelenk. „Was ich brauche, ist Inspiration“, murmelte er und zog sie zu sich heran, um sie zu küssen.
„Was du viel dringender brauchst“, berichtigte sie ihn, „ist Konzentration.“
„Aber ich bin doch konzentriert. Du willst doch nicht dafür verantwortlich sein, dass ein kreatives Genie eingeht, oder?“
„Nein, das nicht.“ Es war an der Zeit, dass er erfuhr, auf was er sich einließ. Vielleicht würde das seinen Geist auch offener machen für seine Story. „Inspiration also“, sagte sie und schlang die Arme um seinen Nacken. „Kommt
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