Die Donovans 1: Die gefährliche Verlockung
widerlegen, was er gesehen hatte?
Er ging ins Wohnzimmer zurück und starrte an die Decke. Er konnte nicht leugnen, dass er es gesehen hatte, dass er etwas gefühlt hatte. Aber vielleicht konnte er ja eine logische Erklärung finden.
Als Erstes nahm er seine bevorzugte Denkstellung ein – er legte sich aufs Sofa. Hypnose. Der Gedanke, dass er so leicht in Hypnose zu versetzen sein könnte, gefiel ihm nicht, aber es war eine Möglichkeit. Eine Möglichkeit, die sehr viel einfacher zu akzeptieren war.
Falls er aber keine andere logische Begründung finden sollte, musste er die einzige Erklärung in Betracht ziehen, die übrig blieb: dass Morgana genau das war, was sie immer behauptet hatte.
Eine Hexe von Geburt an, in deren Adern Elfenblut floss.
Nash streifte sich die Schuhe von den Füßen und versuchte nachzudenken. Seine Gedanken drehten sich nur um Morgana – wie sie aussah, wie sie schmeckte, wie sie roch, wie sie dagestanden und die Arme emporgehoben hatte, das Licht in ihren Augen …
Das gleiche Licht, wie er sich jetzt erinnerte, das auch in ihre Augen getreten war, als sie den Trick mit der Karaffe gemacht hatte.
Trick, das war das wesentliche Wort. Es war vernünftiger anzunehmen, dass es sich um Tricks handelte. Er müsste nur einen Weg finden, um sie logisch zu erklären. Aber wie schaffte es eine Frau, einen achtzig Kilo schweren Mann in der Luft schweben zu lassen?
Telekinese? Nash war schon immer der Ansicht gewesen, dass das eine durchaus denkbare Möglichkeit war. Durch seine Nachforschungen für „The Dark Gift“ war er zu der Meinung gelangt, dass es tatsächlich Menschen gab, die mit Hilfe ihres Willens Gegenstände bewegen konnten.
Wissenschaftler hatten ausführliche Studien zu dem Thema betrieben, von Büchern oder Bildern, die durch den Raum flogen. Anscheinend hatten besonders junge Mädchen diese Gabe.
Und aus Mädchen wurden Frauen. Morgana war mit Sicherheit eine Frau.
Vielleicht konnte er ja … Er unterbrach seinen Gedankengang, als er feststellte, dass er genauso wie der fiktive Jonathan McGil is in seinem Drehbuch reagierte. War es das, was Morgana wollte?
Hör dir die Bänder an, hatte sie gesagt. Also schön, dann würde er das eben tun.
Morganas rauchige Stimme ertönte aus dem Lautsprecher des kleinen Aufnahmegeräts.
„Es ist nicht unbedingt nötig, einem Bund anzugehören, um eine Hexe zu sein, nicht mehr, als es nötig ist, Mitglied in einem Männerclub zu sein, um ein Mann zu sein. Manche finden die Zugehörigkeit zu einer Gruppe befriedigend, beruhigend, andere wünschen sich einfach den sozialen Aspekt.“ Seide raschelte, als sie sich bewegte. „Was ist mit dir, Nash? Bist du ein Vereinsmensch?“
„Himmel bewahre. Vereine haben normalerweise Regeln, die irgendein anderer gemacht hat. Und sie lieben es, Aufgaben zu verteilen.“
Ihr Lachen klang durch den Raum. „Auch bei uns gibt es jene, die es vorziehen, allein und auf ihre eigene Weise zu arbeiten. Aber die Geschichte der Bünde reicht weit zurück. Meine Urgroßmutter zum Beispiel war die Hohe Priesterin ihres Bundes in Irland, und ihre Tochter nach ihr.
Ein Sabbat-Kelch, ein Zeremonienzepter und noch einige andere Dinge wurden mir weitervererbt. Vielleicht ist dir der Zeremonienteller an der Wand in der Diele aufgefallen. Der stammt noch aus der Zeit vor den großen Verbrennungen.“
„Verbrennungen?“
„Ja, die Zeit der Hexenverfolgungen. Es begann im vierzehnten Jahrhundert und dauerte dreihundert Jahre. Die Geschichte zeigt, dass die Menschen eigentlich immer ein Feindbild brauchen. Wahrscheinlich war die Reihe damals an uns.“
Sie sprach, er stellte Fragen, aber Nash hatte Schwierigkeiten, sich auf die Worte zu konzentrieren. Ihre Stimme allein war zu verführerisch. Es war eine Stimme, gemacht für das Mondlicht, für Geheimnisse, für heiße Versprechen um Mitternacht. Wenn er die Augen schloss, konnte er fast glauben, sie säße neben ihm auf der Couch, die Beine untergeschlagen, ihr Atem warm an seiner Wange.
Und mit einem Lächeln auf den Lippen schlief er ein.
Als er wieder erwachte, waren fast zwei Stunden vergangen. Erschlagen rieb er sich über das Gesicht und die müden Augen. Und fluchte leise, weil sein Hals steif war, als er sich aufsetzte.
Kein Wunder, dass er so fest geschlafen hatte. Seit Tagen hatte er immer wieder nur ein wenig gedöst. Automatisch griff er nach der Flasche mit warmem Mineralwasser, um einen Schluck zu trinken.
Vielleicht war alles ja nur
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