Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers
eine Freundin hatte. Von ihr aus hätte er einen ganzen Harem haben können.
Hier ging es nur ums Geschäft. Was Sebastian privat machte, war ihr vollkommen egal.
Die Tatsache, dass er an einem Tag eine Frau besinnungslos küssen konnte und am nächsten eine andere umarmte, zeigte Mel nur ganz deutlich, was für ein Mann Sebastian Donovan war.
Ein Mistkerl.
Trotzdem würde sie professionell bleiben. Die Hände in den Taschen, marschierte sie auf den verwitterten Zaun zu.
„He, Donovan.“
Die beiden Gestalten drehten sich gleichzeitig zu ihr um. Mel erkannte, dass die Blondine nicht nur zierlich und schlank war, sondern auch hübsch.
Sehr hübsch sogar, mit ruhigen grauen Augen und einem weichen, vollen Mund, der jetzt zu einem leichten Lächeln verzogen war.
Mel kam sich vor wie ein struppiger Straßenköter gegenüber einem reinrassigen Zuchthund. Ihr Magen zog sich leicht zusammen.
Stirnrunzelnd sah sie, wie Sebastian der Blondine etwas zuflüsterte, sie auf die Schläfe küsste und dann zum Zaun kam.
„Wie geht’s, Sutherland?“
„Ich habe deine Nachricht erhalten.“
„Das dachte ich mir. Ana, das ist Mel Sutherland, ihres Zeichens Privatdetektivin. Mel, Anastasia Donovan, meine Cousine.“
„Freut mich, Sie kennenzulernen.“ Ana streckte Mel die Hand entgegen.
„Sebastian hat mir von dem Fall erzählt, an dem Sie zusammen arbeiten.
Hoffentlich finden Sie den Kleinen bald.“
„Danke.“ Mel ergriff die dargebotene Hand. Etwas in der Stimme der Frau, in der Berührung war so beruhigend, dass ihr Ärger schon halb verflogen war.
„Die Eltern müssen außer sich vor Sorge sein.“
„Ja, aber sie halten durch.“
„Ich bin sicher, es hilft ihnen, dass jemand sich so für sie einsetzt.“
Anastasia trat zurück und wünschte, sie könnte helfen. Aber wie Sebastian hatte auch sie gelernt zu akzeptieren, dass sie nicht immer allen Menschen helfen konnte. „Sie haben sicher etwas Geschäftliches zu besprechen.“
„Ich werde nicht lange stören.“ Sie warf Sebastian einen Blick zu, sah dann an ihm vorbei zu den Pferden. Beim Anblick der edlen Tiere leuchtete kurz Begeisterung in ihrem Gesicht auf. „Es dauert nur eine Minute.“
„Nein, lassen Sie sich ruhig Zeit.“ Graziös wie eine Gazelle schwang Ana sich über den Zaun. „Ich wollte sowieso gehen. Kommst du morgen ins Kino, Sebastian?“
„Wer ist dran?“
„Morgana. Sie sagt, sie braucht etwas Brutales, also wird es wohl ein Thril er werden.“ Ana lächelte Sebastian vielsagend an.
„Wir sehen uns dort.“ Er beugte sich über den Zaun, um ihr noch einen Kuss zu geben. „Danke für das Wurmkraut.“
„Keine Ursache. Und willkommen zu Hause. War nett, Sie zu sehen, Mel.“
„Ganz meinerseits.“ Mel strich sich das Haar aus den Augen und sah Ana nach, wie sie über den Rasen davonging.
„Ja, sie ist hübsch, nicht wahr?“, sagte Sebastian neben ihr. „Ihr Inneres ist noch besser als ihr Äußeres.“
„Ihr scheint euch ziemlich nahezustehen, für Cousins, meine ich.“
Er grinste. „Allerdings. Ana, Morgana und ich haben unsere Kindheit zusammen verbracht. Hier und drüben in Irland. Wenn man etwas gemeinsam hat, etwas, das einen von dem so genannten Normalen unterscheidet, hält man nur noch mehr zusammen.“
Mel hob eine Augenbraue. „Ist sie etwa auch übersinnlich veranlagt?“
„Nicht unbedingt. Anas Gabe ist anders geartet.“ Jetzt strich er ihr das Haar aus der Stirn. „Aber du bist sicher nicht hier, um über meine Familie zu plaudern, oder?“
„Nein.“ Sie wich zurück, nur ein wenig, um aus seiner Reichweite zu kommen, und dachte über den am wenigsten erniedrigenden Weg nach, wie sie ihm danken könnte. „Ich habe das Kennzei chen überprüft. Ich hatte bereits selbst die Hälfte herausgefunden, als ich deine Nachricht bekam.“ „So?“
„Ich habe einen Zeugen aufgetrieben.“ Niemals würde sie zugeben, wie schwer es gewesen war, die vier kleinen Buchstaben zu erfahren. „Ich habe meinen Kontaktmann bei der Zulassungsstelle gebeten, das Nummernschild zu überprüfen.“
„Und?“
„Der Wagen ist registriert auf einen gewissen James T. Parkland, wohnhaft in Jamesburg.“ Mel stellte einen Fuß auf die unterste Zaunlatte und sog tief die Luft ein. Sie mochte den Geruch der Pferde, allein sie anzusehen beruhigte sie. „Ich bin hingefahren. Er hat sich abgesetzt. Die Vermieterin war sehr mitteilsam, vor allem, da er noch mit zwei Monatsmieten im Rückstand ist.“
Die Stute
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