Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers
sie sich danach noch, für eine Zeit. Bis seine und ihre Arbeit sie in verschiedene Richtungen davonziehen ließen.
In Mels Leben blieben die Menschen nicht. Sie hatte es längst akzeptiert. Oder hatte es, bis jetzt. Wenn sie jetzt daran dachte, allein, ohne Sebastian, in eine bestimmte Richtung davonzugehen, spürte sie eine schier unerträgliche Leere in sich.
„Was ist los?“ Sebastian hatte instinktiv gespürt, dass sie sich verspannte, und rieb ihr mit einer Hand den Nacken.
„Nichts. Gar nichts.“ Auch mit der Regel, dass er nicht in ihren Gedanken las, war er viel zu einfühlsam. „Wahrscheinlich bin ich einfach nur ungeduldig. Lass uns mal diesen Tisch versuchen.“
Er hakte nicht weiter nach, obwohl er ziemlich sicher war, dass etwas anderes als der Fall sie beschäftigte. Als sie sich an einem Tisch mit fünf Dollar Einsatz niederließen, legte er den Arm um ihre Schultern, sodass sie die Karten zusammen spielten.
Sie spielte gut, wie ihm auffiel. Ihre pragmatische Natur und ihre Intelligenz hielten sie die erste Stunde im Gleichstand mit dem Haus. Er bemerkte die Art, wie sie unauffällig den Raum überblickte, alles in sich aufnahm, jedes Detail registrierte. Die Sicherheitsleute, die Kameras, das Spiegelglas auf der Empore.
Sebastian bestellte mehr Champagner und machte sich an seine eigene Überprüfung.
Der Mann neben ihm schwitzte über der Entscheidung, ob er eine Karte anfordern sollte oder nicht. Außerdem beunruhigte es ihn, dass seine Frau etwas über seine Affäre herausgefunden haben könnte. Seine Gattin zu seiner Seite rauchte Kette und versuchte sich vorzustellen, wie der junge Croupier wohl nackt aussehen mochte.
Hastig zog Sebastian sich zurück und überließ sie allein dieser Fantasie.
Neben Mel saß ein Cowboy-Typ, der den Bourbon wie Wasser herunterkippte und beständig kleine Summen gewann. Sein Geist war ein einziges Wirrwarr von Aktien, Wertpapieren, Viehbestand und der Kalkulation von Karten auf dem Tisch. Außerdem wünschte er sich, das hübsche junge Fohlen neben ihm wäre ohne männliche Begleitung an den Tisch gekommen.
Sebastian grinste in sich hinein und fragte sich, wie Mel wohl darauf reagieren würde, als „junges Fohlen“ bezeichnet zu werden.
Während er die Leute am Tisch überprüfte, sammelte er Eindrücke von Langeweile, Aufregung, Verzweiflung und Gier. In dem jungen Paar, das ihm direkt gegenübersaß, fand er, was er gesucht hatte.
Die beiden waren aus Columbus, verbrachten hier den dritten Abend ihrer Hochzeitsreise und waren gerade alt genug, um überhaupt am Tisch sitzen zu dürfen. Sie waren bis über beide Ohren ineinander verliebt und hatten beschlossen, nach vielem Nachrechnen, dass sie sich hundert Dollar leisten konnten, um ein einziges Mal die Aufregung beim Glücksspiel zu erfahren.
Mittlerweile waren sie runter bis auf fünfzig, und sie amüsierten sich königlich.
Sebastian sah, dass Jerry, der junge Mann, zögerte, die nächste Karte zu nehmen. Also gab er ihm einen kleinen Schubs. Jerry hob die Hand, verlangte eine weitere Karte und riss die Augen auf, als er genau die bekam, die er brauchte.
Mit ein wenig Magie hatte Sebastian Jerry bald geholfen, seinen Einsatz zu verdoppeln, dann zu verdreifachen, während das junge Paar aufgeregt über seine Glückssträhne jubelte.
„Die sahnen ja richtig ab“, bemerkte Mel leise.
„Mhm“, war alles, was Sebastian erwiderte.
Nichts ahnend von der sanften Manipulation, setzte Jerry immer größere Summen. Schon bald machte die Neuigkeit die Runde, dass an Tisch drei ein Gewinner saß. Menschen sammelten sich um den Tisch, applaudierten und klopften dem überraschten Jerry auf die Schulter, als sein Gewinn die Dreitausend-Dollar-Marke überschritt.
„Oh, Jerry!“ Karen, seine junge Frau, warf sich ihm an den Hals.
„Vielleicht sollten wir aufhören. Das würde fast schon als Anzahlung für ein Haus reichen. Wirklich, vielleicht sollten wir aufhören.“
Tut mir leid, dachte Sebastian und versetzte ihr einen kleinen geistigen Stupser.
Karen kaute an ihrer Lippe. „Nein“, sagte sie dann entschieden. „Mach weiter.“ Sie legte den Kopf an Jerrys Schultern und lachte. „Das ist fast wie Zauberei.“
Es war dieses Wort, das Mel aufblicken und die Augen zusammenkneifen ließ. „Donovan.“
„Pst.“ Er tätschelte ihre Hand. „Ich habe meine Gründe.“
Mel begann diese Gründe zu verstehen, als Jerrys Gewinn sich auf fast zehntausend Dollar belief und ein eleganter Mann
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