Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers
denen, die am Hungertuch nagen.“
Mel hätte am liebsten breit gegrinst, aber sie hielt ein bescheidenes Lächeln für angebrachter. „Oh, er ist ziemlich erfolgreich, ja. Auf seinem Gebiet ist er ein richtiger Zauberer.“
Die Kurpackung wurde ausgespült, die Kopfhaut massiert – etwas, das Mel ausnahmsweise als angenehm empfand –, und schon war es Zeit für die letzten Handgriffe. Wenn Linda nicht bald auf das Thema zu sprechen kam, würde Mel sich einen entsprechenden Ansatzpunkt suchen müssen …
„Wissen Sie, Mary Ellen, das, was Sie mir neulich erzählt haben, hat mich die ganze Zeit beschäftigt.“
„Oh.“ Mel spielte die peinlich Berührte. „Dafür muss ich mich entschuldigen, Linda. Dass ich Sie damit belästigt habe, obwohl wir uns doch erst so kurz kennen. Wahrscheinlich habe ich mich einfach verloren gefühlt und ein wenig Heimweh gehabt.“
„Aber nein, Sie haben mich doch gar nicht belästigt.“ Linda winkte großmütig ab. „Ich denke, wir hatten einfach auf Anhieb einen Draht zueinander. Sie konnten sich mir gegenüber frei äußern.“
„Ja, das stimmt. Trotzdem ist es mir peinlich, dass ich Sie mit all diesen Offenbarungen aus meinem persönlichen Leben gelangweilt habe.“
„Sie haben mich nicht gelangweilt, im Gegenteil. Es ist mir nahe-gegangen.“ Lindas Stimme war so weich, so gekonnt mitfühlend, dass sich Mel die Nackenhaare sträubten. „Es hat mich zum Nachdenken gebracht.
Verzeihen Sie mir, wenn ich zu persönlich werde … aber haben Sie je an eine private Adoption gedacht?“
„Sie meinen, über einen Anwalt, der unverheiratete Mütter vertritt?“ Mel seufzte lange und tief. „Um ehrlich zu sein, wir haben es versucht. Ein Mal, vor ungefähr einem Jahr. Wir waren uns eigentlich nicht ganz sicher, ob wir das Richtige taten. Um das Geld ging es nicht, aber wir machten uns Gedanken um die moralische Seite. Aber alles schien perfekt. Wir hatten ein Gespräch mit der Mutter, und wir hatten solch große Hoffnungen. Viel zu große Hoffnungen. Wir haben Namen ausgesucht und sind Babysachen einkaufen gegangen. Es schien wirklich alles so zu laufen, wie wir es uns wünschten. Und in der letzten Minute hat sie dann einen Rückzieher gemacht.“ Mel kaute an ihrer Unterlippe, als müsse sie gegen die Tränen ankämpfen.
„Das muss schrecklich für Sie gewesen sein.“
„Für uns beide. Wir waren so nahe dran, und dann … Seitdem ist diese Möglichkeit zwischen uns nie wieder erwähnt worden.“
„Verständlich. Aber ich kenne da zufällig jemanden, der schon mehrere solcher Adoptionen in die Wege geleitet und Babys bei Adoptiveltern untergebracht hat.“
Mel schloss die Augen, weil sie fürchtete, Linda könnte die Verachtung darin sehen. „Einen Anwalt?“
„Ja. Ich meine, ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich habe von ihm gehört. Wie ich schon sagte, man trifft eine Menge Leute im Hotelgeschäft.
Ich kann Ihnen natürlich nichts versprechen und will Ihnen auch keine Hoffnung machen, aber wenn Sie möchten, kann ich mich ja bald mal genauer umhören.“
„Ich wäre Ihnen unendlich dankbar dafür.“ Mel öffnete die Augen wieder und begegnete Lindas Blick im Spiegel. „Sie ahnen gar nicht, wie.“
Eine Stunde später verließ Mel das Hotel und lief in Sebastians ausgebreitete Arme. Lachend bog sie den Kopf zurück, als er sie mit einem überschwänglichen Kuss begrüßte.
„Was machst du denn hier?“
„Ich spiele den pflichtbewussten, liebeskranken Ehemann, der seine Frau abholt.“ Er hielt sie auf Armeslänge von sich ab und lächelte. „In Finns Namen, Sutherland, was haben sie denn mit dir gemacht?“
„Mach dich nicht über mich lustig.“
„Nein, nein. Du siehst großartig aus. Umwerfend. Nur eben nicht wie meine Mel.“ Er hob ihr Kinn an und küsste sie erneut. „Wer ist diese elegante, wunderschöne Frau in meinen Armen?“
Lange nicht so verärgert, wie sie eigentlich hatte sein wollen, zog sie eine Grimasse. „Halte dich mit deinen Kommentaren zurück. Nach allem, was ich durchgemacht habe! Ich musste sogar eine Wachsenthaarung der Bikini-Zone über mich ergehen lassen. Es war barbarisch!“ Sie schlang ihm die Hände um den Hals. „Und meine Zehennägel sind pink.“
„Ich kann’s gar nicht erwarten, das alles zu bewundern.“ Noch ein Kuss.
„Ich habe Neuigkeiten. Es gibt einiges, was ich dir erzählen muss.“
„Ich auch.“
„Warum gehe ich dann nicht mit meiner grandiosen Ehefrau ein wenig spazieren und
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