Die Donovans 4: Der verzauberte Fremde
lag in seiner Stimme. „Öffne dich, Rowan. Glaube an dich selbst, nimm die Gabe an, die auf dich gewartet hat.“
Ein Spiel, dachte sie wieder. Nur ein Spiel. Und darin stammte sie aus einem alten Hexengeschlecht, mit Kräften, die in ihr schliefen. Um die Kräfte zu erwecken, musste man nur daran glauben, es wollen, es akzeptieren.
Sie streckte die Hände aus, starrte sie an, als gehörten sie einer anderen Person, nahm das leichte Zittern wahr. Schmale Hände, mit langen schlanken Fingern. Ohne Ringe, außergewöhnlich elegant. Diese Hände warfen ihren Schatten auf den Boden.
Sie hörte ihren Herzschlag, so, wie er ihr es gesagt hatte. Und ihren eigenen langsamen Atem, so als würde sie sich zuhören, wenn sie schlief.
Feuer, dachte sie. Für Licht, für Wärme. Für Behaglichkeit. Sie konnte es vor ihrem geistigen Auge sehen. Helle, goldene Flammen mit einem tiefroten Rand. Flackernd, erst niedrig, dann aufschießend, wie Strahlen gen Himmel, rauchlos und schön. Feuer, dachte sie erneut. Flammen, erwacht. Für Wärme und Licht, bei Tag und bei Nacht.
Ihr wurde schwindlig, sie schwankte leicht. Liam kämpfte mit aller Kraft gegen den Drang, ihr zu Hilfe zu kommen. Aber er wusste, dass sie es allein versuchen musste.
Dann ließ sie den Kopf in den Nacken fallen, ihre Augen wurden tiefblau.
Die Luft schien still zustehen, wartete. Und Liam sah zu, wie Rowan eine Art Unschuld verlor.
Die Macht durchströmte sie, wie der Wind, der plötzlich aufkam und an ihrem Haar zog. Die Hitze, die sie durchschoss, ließ sie nach Luft schnappen, erschauern. Mit unglaublicher Geschwindigkeit floss sie durch sie hindurch, durch ihre Arme, bis in ihre Fingerspitzen, ergoss sich in einem Lichtbündel.
Ungläubig sah Rowan auf das Feuer, das sie entfacht hatte. Auf dem Boden vor ihr tanzten kleine goldene Flammen mit rotem Rand. Es wärmte ihre Knie, dann ihre Hände, als sie diese zögernd darüber hielt. Als sie die Hände zurückzog, schössen die Flammen hoch auf.
„Oh! Oh nein!“
„Geh zurück, Rowan. Du musst noch lernen, wie man es kontrolliert.“
Liam ließ die Flammensäule ersterben, während Rowan nur stottern konnte.
„Wie … wie habe ich … wie konnte ich …“ Sie sah zu ihm hin. „Du.“
„Du weißt, dass ich es nicht war. Es ist dein Erbe, Rowan. Und deine Wahl, ob du es annehmen willst oder nicht.“
„Ich habe das gemacht.“ Sie schloss die Augen, atmete ein und langsam wieder aus, bis sie sich so weit unter Kontrolle hatte, dass sie nicht mehr keuchte. „Das kam von mir“, wiederholte sie und sah ihn hilflos an. Sie konnte es nicht mehr verleugnen, ein Teil von ihr wusste es jetzt mit Gewissheit. Hatte es vielleicht immer gewusst. „Ich habe es gefühlt, gesehen. Da haben sich Worte in meinem Kopf geformt, wie eine Beschwörungsformel. Ich weiß nicht, was ich denken oder tun soll.“
„Wie fühlst du dich jetzt?“
„Überwältigt.“ Sie lachte zittrig auf und starrte auf ihre Hände.
„Unheimlich aufgeregt. Begeistert und verwirrt und verängstigt und wundervoll. Ich kann zaubern.“ Die Magie in ihr schimmerte in ihren Augen, strahlte auf ihrem Antlitz. Und dieses Mal war ihr Lachen offen und fröhlich, als sie aufsprang und in dem Steinkreis um ihre eigene Achse wirbelte, ausgelassen und sehr zufrieden mit sich selbst.
Mit einem breiten Lächeln saß Liam im Schneidersitz da und beobachtete sie, wie sie sich selbst entdeckte. Es macht sie noch schöner, fiel ihm auf. Diese ungetrübte Freude verlieh ihr eine tiefe, strahlende Schönheit.
„Mein ganzes Leben lang war ich durchschnittlich, ja geradezu bedauernswert alltäglich, so entsetzlich normal.“
Sie rannte einmal im Kreis herum, ließ sich dann atemlos neben ihm auf die Knie fallen und schlang die Arme um seinen Hals. „Und jetzt trage ich Magie in mir.“
„Sie war immer in dir.“
Sie kam sich vor wie ein Kind, dem man gerade Hunderte von bunt verpackten Geschenken überreicht hatte und das es gar nicht mehr abwarten konnte, sie alle zu öffnen. „Du kannst mir noch mehr beibringen.“
„Gern.“ Er konnte sich vorstellen, wie es jetzt in ihr aussah, und strich ihr sanft mit einem Finger über die Wange. „Das kann ich und das werde ich.
Aber nicht jetzt. Wir sind schon über eine Stunde hier, und jetzt hätte ich doch gern erst mein Frühstück.“
„Eine Stunde.“ Sie blinzelte, während er aufstand und sie auf die Füße zog. „Es kommt mir vor wie ein paar Minuten.“
„Es hat etwas
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