Die Donovans 4: Der verzauberte Fremde
es zu akzeptieren. Er hatte siebenundzwanzig Jahre ihres Lebens einfach weggewischt und ihr klargemacht, dass sie selbst eine Hexe war. Und sie hatte es nicht nur akzeptiert, sondern war begeistert davon.
Was konnte denn da noch kommen?
Sie wünschte, er würde endlich etwas sagen. Doch er schwieg beharrlich, während sie im Mondlicht von ihrer zu seiner Hütte gingen. Und sie kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er nicht eher den Mund aufmachen und dieses Schweigen brechen würde, bis er bereit dazu war.
Bis sie bei seinem Blockhaus angekommen waren, waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt.
Woran hatte sie nicht gedacht, was hatte sie übersehen? Hüllte er sich etwa in Schweigen, weil sie ihm ihre Liebe gestanden hatte?
„Ist es denn wirklich so ernst?“ Sie wollte unbeschwert klingen, doch ihre Worte hörten sich fast wie ein Flehen an.
„Für mich, ja. Du wirst dich entscheiden können, ob es das für dich ist.“
Er ging ins Schlafzimmer und fuhr mit den Fingern über die Wand neben dem Kamin. Eine Tür öffnete sich, die Rowan bisher nie gesehen hatte, gab den Weg frei in einen Raum, von dem sie geschworen hätte, dass er nicht existierte.
Licht fiel aus dem Zimmer, blass und kühl wie Mondschein.
„Ein Geheimzimmer?“
„Nicht geheim“, verbesserte er. „Privat. Komm herein, Rowan.“
Es war ein Beweis ihres Vertrauens in ihn, dass sie über die Schwelle in dieses Licht trat. Der Boden war aus Stein, glatt und eben wie ein Spiegel, Wände und Decke aus poliertem Holz. Das Licht und der Schatten, den Rowan warf, spiegelten sich in allen Oberflächen wie in schimmerndem Wasser.
Auf einem mit reichen Schnitzereien verzierten Tisch standen eine Schale aus dickem blauen Glas, ein Becher aus gehämmertem Zinn, und ein kleiner Silberspiegel mit einem schlanken Griff aus Amethyst lag dort. In einer anderen Schale befanden sich kleine bunte Kristalle. Eine Kugel aus Rauchquarz wurde von den Flügeln dreier aus Silber geschmiedeter Drachen gehalten.
Was mag er wohl sehen, wenn er da hineinblickt?, fragte Rowan sich.
Was würde sie sehen?
Doch sie drehte sich um und sah zu, wie Liam die Kerzen anzündete, beobachtete, wie die Flammen in die bereits von Düften geschwängerte Luft aufschössen. Dann fiel ihr ein anderer Tisch auf, mit einer kleinen runden Platte auf einem einfachen Ständer. Liam öffnete das Kästchen, das darauf stand, und nahm ein silbernes Amulett an einer langen Kette heraus.
Er hielt es für einen Moment hoch, dann legte er es mit einem leisen Klirren auf den Tisch.
„Ist das … eine Zeremonie?“
Er sah zu Rowan hinüber, sein Blick wirkte, als hätte er vergessen, dass sie da war. Aber er hatte sie nicht vergessen. Nichts hatte er vergessen.
„Nein. Du hast ziemlich viel hinter dir, nicht wahr, Rowan? Du hast mich gebeten, nicht in deine Gedanken zu schauen, daher weiß ich nicht, was jetzt in dir vorgeht, was du von all dem hältst.“ Er hatte nicht vorgehabt, sie zu berühren, doch seine Finger strichen wie von selbst über ihre Wange.
„Vieles jedoch kann ich in deinen Augen lesen.“
„Ich habe dir gesagt, was ich denke und fühle.“
„Das hast du.“
Aber du hast mir nichts erzählt, dachte sie, und weil es sie verletzte, wandte sie sich ab. „Wirst du mir erklären, wozu diese Dinge hier benutzt werden?“, fragte sie und glitt mit einer Fingerspitze über den silbernen Spiegel.
„Es sind Werkzeuge. Hübsche Werkzeuge. Du wirst bald deine eigenen brauchen.“
„Siehst du Dinge in der Kristallkugel?“ Ja.“
„Hast du nie Angst, nachzusehen?“ Sie lächelte schwach und sah zu ihm. „Ich glaube, ich hätte sie.“
„Was man darin sieht, sind nur … Möglichkeiten.“
Sie wanderte umher, suchte Abstand zu ihm. Veränderungen kündigten sich an. Ob es ihr weiblicher Instinkt war oder ihre neu entdeckte Gabe, die ihr das sagte, sie wusste es sicher. Sie widmete sich den Kristallen, die sie in einer Glasvitrine erblickte, außergewöhnliche Geoden, Kristalle, die wie Speere in die Luft staken, runde Türme, edelsteinfarbene Kugeln.
Liam ließ sie sich in Ruhe umschauen, nicht geduldig, sondern weil er nicht wusste, wie er ansetzen sollte. Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, die Hände nervös ineinander verschränkt, die Augen voller Zweifel, blieb ihm nichts anderes, als zu beginnen.
„Ich wusste genau, dass du eines Tages kommen würdest.“
Er bezog sich nicht auf dieses Zimmer, auf heute Abend. Und er sah, dass sie
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