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Die Doppelgängerin

Die Doppelgängerin

Titel: Die Doppelgängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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nützen. Denn Sie könnten meinen Anruf bestellt haben — daß
ich gleichsam in Ihrem Aufrag handele. Also Zonker, besorgen Sie das Geld! In
Hundertern! Sie hören wieder von mir. Aber lassen Sie die Polizei aus dem
Spiel!“
    Es klickte in der Leitung. Der Anrufer
hatte aufgelegt.
    Zonker fuhr sich mit dem Handrücken
über die schweißnasse Stirn. Sein Gesicht war bleich.
    „Jetzt ist die Katze aus dem Sack“,
sagte er. „Das Ganze geschah nur, um uns zu erpressen. Der Beweis deiner
Unschuld, Bärbel, soll 10 000 Mark kosten. O Gott! Kind — und wir haben dir
mißtraut!“

10. Malwine, die Haselmaus
     
    Beim Frühstück im Speisesaal der
Internatsschule döste Tarzan über seiner Teetasse. Mitschüler, die ihn nur
energiegeladen kannten, fragten verwundert, ob er krank wäre.
    Daß er die halbe Nacht außerhalb der
Schule verbracht hatte, ahnte niemand.
    Klößchen, den man morgens nur mit
Gewalt aus dem Bett bringt, war genauso müde, obwohl sein Schlafpensum für ein
Murmeltier gereicht hätte.
    „Anstrengendes Leben — dieses Dasein
als Heimschüler“, grunzte er in seinen Kakao, von dem er schon den dritten
Becher trank.
    „Du hast gut reden. Du hast gepennt wie
ein Siebenschläfer.“
    „Aber meine Träume! Du ahnst ja nicht,
wie die schlauchen. Da wimmelt es von nervenzerfetzenden Themen wie
Gewaltmärschen bis die Füße wund sind; schlechten Zensuren; daß ich von der
Penne verwiesen werde und — was das Schlimmste ist — weltweite Verknappung
nahrungsnotwendiger Rohstoffe, vornehmlich Kakao. Das würde bedeuten: keine
Schokolade mehr. Es wäre mein Ende.“
    Gustav Laube, ein rechthaberischer Typ
mit hellblauen Augen, setzte sich neben Tarzan.
    „Hast du schon gehört? Toni Ehrlich hat
den zweiten Verweis gekriegt. Noch einen — und er kann sein Bündel schnüren.“
    „Ich würde in Tränen ausbrechen“, sagte
Tarzan.
    „Na ja!“ meinte Gustav, „auf so einen
Affenarsch können wir verzichten. Aber er schuldet mir noch zehn Mark. Wenn der
fliegen sollte, kratzt er die Kurve, ohne seine Schulden zu bezahlen. Da wette
ich.“
    „Uns schuldet er auch noch was, wenn
ich mich richtig entsinne“, sagte Tarzan. „Wir werden ihn rechtzeitig zur Kasse
bitten. Weshalb denn der zweite Verweis?“
    „Er hat gestern die Arbeitsstunde
geschwänzt.“
    Tarzan nickte. Klößchen hatte
interessiert zugehört. Gustav erhob sich wichtigtuerisch wie ein General, der
mit seinen Offizieren die Lage besprochen hat. Mit seinen Büchern unterm Arm
begab er sich in die 9 c, wo er Klassensprecher war, weil es einen höheren
Posten für Schüler leider noch nicht gab.
    „Der wird doch nicht etwa fliegen,
bevor er uns die Strickleiter zurückbringt“, meinte Klößchen besorgt — im
Hinblick auf Ehrlich.
    „Falls wir die überhaupt jemals wiedersehen“,
meinte Tarzan, „allmählich bezweifle ich das.“
    „Aber“, Empörung überzog Klößchens
Gesicht, „der kann doch nicht 100 Mark kassieren und sich dann nicht an unsere
Abmachung halten.“
    „Der kann, Willi! Es sind seine Spielregeln.
Wir mußten mitmachen, ohne gefragt zu werden. Aber noch ist das Spiel nicht zu
Ende.“
    Sie gingen in ihre Klasse, die 9 b, wo
Toni Ehrlich und Ottmar Paulsen ganz hinten in der Ecke saßen. Flüsternd hatten
sie die Köpfe zusammengesteckt.
    Kurz darauf trafen Gaby und Karl ein,
die mit ihren Rädern aus der Stadt kamen.
    Gaby trug ein neues rotblau gemustertes
Sommerkleid, das von ihren Mitschülerinnen bewundert, befühlt und kritisch
gewürdigt wurde.
    Auch Karl fand es sehr kleidsam.
Tarzan, nach seiner Meinung gefragt, sagte: „Steht dir sehr gut. Aber dir steht
ja alles.“ Klößchen merkte an: „Und beim Radfahren ist es sicherlich sehr
luftig um die Knie. Ein Kleid für große Hitze. Du hast es sicherlich deshalb
ausgesucht.“
    „Ich habe es ausgesucht, um meinen Typ
zu unterstreichen“, erwiderte Gaby spitz. „Aber du suchst deine Hosen
sicherlich nach dem Fassungsvermögen der Taschen aus — damit du in jeder ein
Kilo Schokolade mitschleppen kannst.“
    „Gute Idee!“ freute sich Klößchen. „Daran
werde ich in Zukunft denken.“
    Vom Verlauf des gestrigen Abends wußten
Karl und Gaby noch nichts. Natürlich brannten sie darauf, es endlich zu hören.
Aber das nicht vor den Ohren der Mitschüler.
    Bis zum Unterrichtsbeginn war noch
Zeit. Der TKKG zog sich in eine Ecke zurück, und Tarzan berichtete.
    „Nicht zu fassen!“ Gaby schwankte
zwischen Freude und Entrüstung.
    Die Freude galt dem

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