Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Doppelgängerin

Die Doppelgängerin

Titel: Die Doppelgängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
mir niemand im Garten rumtrampelt.“
    „Wir werden am Zaun stehen und dich
beim Spurensuchen bewundern“, sagte Gaby.
    Tarzan grinste. Warum hackt sie denn so
auf mir rum? dachte er. Doch dann fing er einen blitzenden Blick von ihr auf,
den nicht mal der arg lange Pony verdecken konnte. Das Lächeln in ihren Kornblumenaugen
verriet, daß sie ihn wieder mal geneckt hatte. Wenn sie mit Karl oder Klößchen
schimpfte, waren solche Blicke nicht inbegriffen.
    Inge wandte sich an Tarzan. „Ich soll
dich unbekannterweise von meinen Eltern grüßen. Sie hat’s fast umgehauen, als
ich ihnen vorhin die Wahrheit erzählte — daß wir in der Pension waren und du
mir die Marken verschafft hast.“
    „Und was meint dein Vater?“
    „Er war richtig benommen, hat den
Kassiber immer wieder gelesen und die Marken betrachtet. Ich glaube, er kann
sein Glück noch nicht fassen. Von deiner Idee ist er begeistert. Seinem
habgierigen Bruder eins auf die Nase zu geben — das interessiert ihn mehr als
das Geld. Obschon — wir brauchten es sehr. Für sich selbst würde mein Vati das
Geld nicht wollen. Aber er denkt an Mutti und mich; und er weiß, wie schlecht
es ihm gesundheitlich geht. Er würde gern mit dir reden, Tarzan. Sobald wie
möglich. Weil du den Mittelsmann machen willst. Wann hättest du Zeit?“
    „Kommt darauf an, wie lange wir bei der
Dettl brauchen. Dann müssen Willi und ich zur Arbeitsstunde in die Penne. Aber
heute abend — ja, da komme ich zu euch.“
    „Wäre prima. Übrigens hat mein Vati
gesagt: Wenn es gelingt, die Marken zu verkaufen, und unsere Familie das Geld
behalten kann — dann werdet ihr alle beteiligt. Und das ist nur gerecht. Denn
irgendwie haben alle mitgemacht, jedenfalls etwas. Dir, Tarzan, stünde
natürlich eine beträchtliche Provision (Vermittlungsgebühr) zu und...“
    „Wenn ihr mir damit kommt“, unterbrach
er sie, „rühre ich keinen Finger mehr. Klar? Ich für meinen Teil nehme keinen
Pfennig an. Viel netter wäre es, wenn wir — falls es gelingen sollte — alle
zusammen toll feiern. Aber über ungelegte Eier reden wir später. Die
Reihenfolge — erst die Arbeit, dann das Vergnügen — hat sich meines Wissens
bewährt. Los, Freunde, auf die Pferde! Sonst verquasseln wir den ganzen
Nachmittag.“
    „Wenn du nicht immer so drängeln
würdest“, sagte Gaby, „wärst du direkt ein netter Kerl.“
    Alle lachten — ausgenommen Tarzan, der
mit starrem Blick zur Hofmauer äugte.
    „Pst! Ist das Malwine?“
    Wie in Zeitlupe drehten alle sich um.
    Die Haselmaus saß vor ihrem Mauseloch.
Sie saß auf den Hinterbeinen, hatte den Kopf gereckt und schien in die Sonne zu
blinzeln.
    Noch nie hatte Tarzan ein so
possierliches (drolliges) Tierchen gesehen. Ungewöhnlich große Ohren
standen steif vom Kopf ab, tellerförmig wie Radarspiegel. Sie hatte ein
niedliches Gesicht mit spitzer Nase und großen, traurigen Augen. Eigentlich war
das keine Maus — eher die Schöpfung eines Spielzeugherstellers. Aber sie lebte,
bewegte die kleinen Pfoten und putzte sich.
    Dann schlug Klößchen nach einer Mücke, die
sich auf seiner Nasenspitze niedergelassen hatte; und Malwine verschwand wie
der Blitz in ihrem Mauseloch.

    „Verdammt!“ Klößchen taumelte. Eine
Hand ruderte in der Luft, haltsuchend; die andere wurde an sein Gesicht
gepreßt. „Tut das weeehhh! Ich kriege Nasenbluten.“
    „Nicht zu glauben“, murmelte Tarzan. „Der
erste Heimschüler, dem es gelingt, sich selber k.o. zu schlagen. Versuch’s
nochmal, Willi! Dann wirst du in das Buch der Rekorde aufgenommen.“
    „Ich wußte es ja“, stöhnte Klößchen. „Wer
den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“
    Die Mädchen untersuchten seine Nase,
konnten aber nur eine leichte Schwellung feststellen.
    Gaby feuchtete ein Papiertaschentuch
mit kaltem Wasser an; und während der Fahrt zum Dettlschen Backsteinhäuschen
hielt Klößchen den Lenker nur linkshändig fest. Mit der anderen Hand drückte er
sich die Kompresse auf die Nase.
    Oskar mußte leider zu Hause bleiben.
Sein linkes Auge war noch immer entzündet.

11. Eine blitzblanke Fensterscheibe
     
    Siglinde Dettl wirkte auch bei Tage
sportlich.
    Und zäh, dachte Tarzan, wie ein
Büffellederknochen für Hunde. Sie scheint sich zu freuen, daß wir da sind.
    Begrüßung und Vorstellung fanden am
Gartentor statt, denn Tarzan bestand darauf, daß niemand herumtrampele.
    „Vorhin“, sagte Siglinde erfreut, „habe
ich im Krankenhaus angerufen. Meiner Schwester geht

Weitere Kostenlose Bücher