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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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eher wütend auf sie und ihre Blödheit. Schließlich stieg ich einfach aus und spazierte davon, was deutlich beweist, wie albern Träume sind, weil ich nie im Leben meinen Mercedes im Stich gelassen hätte.
    Als ich aufwachte, fühlte ich mich ratlos, was ein merkwürdiges Aufwachgefühl ist. Ich lag immer noch im Bett – offensichtlich –, es war also nichts geschehen, was meine Ratlosigkeit begründet hätte.
    Es war so kalt im Zimmer, dass ich mir Frostbeulen am Hintern holen würde, falls ich aufstehen sollte. Mir wollte kein Grund einfallen, warum Wyatt die Klimaanlage nachts bis zum Anschlag aufdrehte, außer dass er vielleicht irgendwelche Vorfahren am Nordpol hatte. Ich hob den Kopf an, bis ich auf die Uhr sehen konnte: fünf Uhr fünf. Der Wecker würde erst in fünfundzwanzig Minuten läuten, aber eigentlich sah ich nicht ein, warum er nicht auch wach sein sollte, wenn ich schon wach war. Ich piekte ihn in die Seite.
    »Hm. Autsch«, sagte er verschlafen und drehte sich mir zu. Seine große Hand massierte meinen Bauch. »Ist alles okay? Hast du wieder schlecht geträumt?«
    »Nein, ich habe zwar geträumt, aber es war kein Albtraum. Ich bin hellwach, und in diesem Zimmer ist es kalt wie in einem Kühlhaus. Ich fürchte mich vor dem Aufstehen.«
    Er gab einen Laut von sich, der irgendwo zwischen einem Grunzen und einem Gähnen lag, und sah ebenfalls auf die Uhr. »Es ist noch nicht Zeit zum Aufstehen«, stellte er fest und sackte zurück ins Kissen.
    Ich piekte ihn noch mal. »Doch, ist es. Ich muss nachdenken.«
    »Kannst du nicht nachdenken, während ich schlafe?«
    »Das könnte ich, wenn du nicht darauf bestehen würdest, Nacht für Nacht dein Zimmer zu vereisen, und ich mir eine Tasse Kaffee machen könnte. Ich finde, du solltest den Thermostat auf knapp über Null stellen, damit ich wieder auftauen kann. Und wenn du schon aufstehen musst, dann könntest du mir auch eines deiner Flanellhemden zum Anziehen geben.«
    Er stöhnte erneut und wälzte sich auf den Rücken. »Okay, okay.« Leise brummelnd stand er auf und verschwand nach draußen in den Flur, wo der Thermostat für das Obergeschoss hing. Sekunden später verstummte das Gebläse. Die Luft war zwar immer noch kalt, aber wenigstens war der Eiswind abgeflaut. Im nächsten Moment war er wieder im Zimmer, verschwand halb im Kleiderschrank und tauchte mit etwas Langem, Dunklem wieder auf. Er warf es quer übers Bett und krabbelte wieder unter die Decke. »Bis in zwanzig Minuten«, brummte er und war im nächsten Moment eingeschlafen.
    Ich griff nach dem langen, dunklen Ding und schlüpfte hinein. Es war ein warmer, weicher Morgenmantel. Als ich aus dem Bett kroch und aufstand, fielen die schweren Stofffalten bis auf meine Füße. Auf Zehenspitzen schlich ich aus dem Zimmer – ich wollte ihn schließlich nicht aufwecken –, schnürte dabei den Gürtel zu und schaltete im Flur das Treppenlicht an, damit ich mir auf dem Weg nach unten nicht den Hals brach.
    Die Kaffeemaschine war so eingestellt, dass sie sich automatisch um fünf Uhr fünfundzwanzig einschaltete, aber so lange wollte ich nicht warten. Ich legte den Schalter um, das kleine rote Licht ging an, und das Ding gab das vertraute Zischen und Gurgeln von sich, das baldige Rettung signalisierte.
    Ich holte mir eine Tasse aus dem Schrank und stellte mich wartend neben die Maschine. Der Boden unter meinen nackten Füßen fühlte sich so kalt an, dass sich meine Zehen aufstellten. Wenn wir Kinder haben, dachte ich, wird sich Wyatt abgewöhnen müssen, die Aircondition nachts so kalt zu stellen.
    Plötzlich sackte mein Magen ins Bodenlose, wie bei der ersten Schussfahrt in der Achterbahn, und ein Gefühl der Unwirklichkeit packte mich. Ich fühlte mich, als würde ich gleichzeitig auf zwei Existenzebenen leben: in der wirklichen Welt und in meiner Traumwelt. Mein Traum war Wyatt gewesen, und zwar vom ersten Moment an, aber irgendwann hatte ich mich damit abgefunden, dass ich mir vergebliche Hoffnungen gemacht hatte. Und jetzt war die Traumwelt unerwartet mit der wirklichen Welt verschmolzen, und ich musste mich verdammt anstrengen, das alles zu verdauen.
    Innerhalb einer guten Woche hatten sich die Verhältnisse umgekehrt. Er hatte mir erklärt, dass er mich liebte. Und er hatte versprochen, dass wir heiraten würden. Ich glaube ihm beides, weil er es auch meinen Eltern und seiner Mutter und der gesamten Polizeitruppe verkündet hatte. Und damit nicht genug: Inzwischen konnte ich sogar

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