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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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einen Keiler oder einen Dingo zu erlegen.
    Ja, fanden die Jungen: Dies war Leben! Keiner von ihnen sehnte sich nach Neuseeland zurück. Gegen die Fliegen - eine wahre Pest: in Schwärmen krochen sie und klumpten sich in und an Nase, Ohren und Augen - wehrten sie sich bald mit einem erprobten australischen Trick. Rings an der Hutkrempe wurden Schnüre befestigt, an denen Korken hingen, und diese Korken hüpften bei jeder Bewegung und vor allem beim Reiten wie wild. Damit nicht alles mögliche kriechende Getier durch die Beine ihrer beutligen Hosen hochkriechen konnte, banden sie sich um die Waden Streifen von Känguruhfell, Bowyangs genannt, ein Wort, das ihnen so komisch vorkam, daß sie sich vor Lachen schüttelten. Ja, dies war Leben! Mit Australien verglichen, wirkte Neuseeland zahm und lahm. Fee und Meggie allerdings, beide ans Haus und seine unmittelbare Umgebung gefesselt, fanden nicht gerade, daß dies für sie ein ersehnenswertes Leben war. Die Routine, das ewige Einerlei; es fehlte an Abwechslung, an neuen Reizen, wie Paddy und die Jungen sie wahrhaftig im Überfluß genossen. Was Mutter und Tochter tun mußten, war das, was Frauen immer zu tun blieb, nur daß die Arbeit unter diesen Umständen noch schwerer war als sonst: kochen, saubermachen, waschen, bügeln, sich ums Baby kümmern. Sie kämpften mit der Hitze, mit dem Staub, mit den Fliegen; und mit den vielen Stufen der Holztreppe und mit dem schlammigen Wasser. Da die Männer fast ständig abwesend waren, mußten die Frauen auch Holz hacken und schleppen, mußten Wasser pumpen, mußten Geflügel schlachten. Am schwersten ließ sich die Hitze ertragen, dabei war dies jetzt erst Frühlingsanfang. Dennoch zeigte das Thermometer auf der schattigen Veranda bereits 38 Grad, und wenn in der Küche der Herd in Betrieb war, herrschte dort die Höllentemperatur von fast genau 50 Grad.
    Zum Glück war es in den meisten Räumen im Haus natürlich nicht so schlimm. Doch die Kleidung, die sie in Neuseeland getragen hatten, lag - noch dazu in vielen Schichten übereinander - viel zu eng am Körper an und schien für das Klima hier nicht sehr geeignet. Eines Tages kam Mary Carson bei einem kleinen Spaziergang überraschend zu ihrer Schwägerin auf Besuch. Hochmütig betrachtete sie Fee, die ein hochgeschlossenes Kleid trug, das bis auf den Fußboden reichte, ein einfaches Baumwollkleid. Sie selbst trug ein Kleid nach der neuesten Mode, ein cremefarbenes Seidenkleid, das ihr bis zu den Waden reichte, mit kurzen Ärmeln, ziemlich tiefem Ausschnitt, zudem untailliert. »Also wirklich, Fiona, du bist hoffnungslos altmodisch«, sagte sie, während sie sich im Wohnzimmer umblickte. Es war frisch renoviert und wirkte recht hell. Mary betrachtete aufmerksam die Perser auf dem Fußboden und das kostbare Mobiliar.
    »Ich habe keine Zeit, etwas anderes zu sein«, erwiderte Fee in einem kurzangebundenen Ton, der für sie - zumal als Gastgeberin ungewöhnlich war.
    »Du wirst jetzt mehr Zeit haben, wo die Männer meist nicht zu Hause sind und du entsprechend weniger zu kochen brauchst. Kürze deine Kleider und höre auf, Unterröcke und Korsett zu tragen, oder du kommst um, wenn erst der Sommer da ist. Das Thermometer kann nämlich noch um gut zehn Grad klettern, weißt du.« Ihr Blick ruhte auf dem Porträt der schönen blonden Frau in der Kaiserin-Eugenie-Krinoline. »Wer ist das?« fragte sie und streckte die Hand aus.
    »Meine Großmutter.«
    »Oh, wirklich? Und die Möbel, die Teppiche?« »Habe ich von meiner Großmutter.«
    »Oh, wirklich? Meine liebe Fiona, mit dir ist es im Leben ziemlich bergab gegangen, nicht wahr?«
    Fee verlor nie die Beherrschung, und sie verlor sie auch jetzt nicht. Doch ihre schmalen Lippen wurden noch schmaler. »Das finde ich nicht, Mary. Ich habe einen guten Mann; das müßtest du eigentlich wissen.«
    »Aber einen armen Mann. Wie lautet dein Mädchenname?« »Armstrong.«
    »Oh, wirklich? Doch nicht die Roderick-Armstrong- Armstrongs?« »Er ist mein ältester Bruder. Sein Namensvetter war mein Urgroßvater.«
    Mary Carson erhob sich. Mit ihrem breitkrempigen Hut wedelte sie gegen die Fliegen an, die auch vor einer Respektsperson keine Achtung zeigten. »Nun, dann bist du allerdings von besserer Herkunft als die Clearys. Hast du Paddy so sehr geliebt, daß du seinetwegen all das aufgegeben hast?«
    »Die Gründe für das, was ich tue«, sagte Fee sehr direkt, »sind meine Angelegenheit und nicht deine. Über meinen Mann spreche ich nicht, nicht

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