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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Junge, dem es Freude machte, stundenlang Ameisenschwärme zu beobachten, die einen Baum emporkrochen, während Meggie für ihr Leben gern selbst auf Bäume kletterte, zumal auf diese australischen Eukalyptusbäume mit ihrer unerschöpflichen Vielfalt und ihren vielen Schwierigkeiten. Allerdings: Meggie und Stuart mußten beide hart arbeiten, und freie Zeit blieb ihnen kaum. Sie hackten und schleppten Holz, sie gruben Löcher für den Abfall, sie kümmerten sich um den Gemüsegarten und um das Geflügel und die Schweine. Außerdem lernten sie, Schlangen und Spinnen zu töten, verloren jedoch nie die Angst vor ihnen. Mit dem Regen, so hörten die Clearys, hatte man in den vergangenen Jahren leidlich zufrieden sein können. Im Creek floß das Wasser jetzt alles andere als reichlich, doch immerhin waren die Tanks noch halb voll. Das Gras befand sich noch in gutem Zustand, auch wenn von üppig nicht die Rede sein konnte.
    »Wird wahrscheinlich schlimmer werden«, sagte Mary Carson grimmig.
    Doch bevor sie eine der furchtbaren Dürreperioden kennenlernten, sollten sie eine Überschwemmung erleben. Mitte Januar fegten die südlichen Ausläufer des Nordwestmonsuns über das Land hinweg. Völlig unberechenbar waren sie, diese Großen Winde, wie man sie nannte: die Wirbelstürme. Manchmal gingen sie mit ihrem schier alles ersäufenden Regen nur über den ganz nördlichen Teil hinweg. Manchmal gelangten sie hinab bis in die Breitengrade des sogenannten Outback: des australischen Buschs. Dann erlebte man auch in Sydney und Umgebung einen nassen, einen sehr nassen Sommer. In diesem Januar fegten dunkle Wolken über den Himmel hinweg, sturmzerrissene Gebilde. Und dann begann es zu regnen - kein sanftes, gleichmäßiges Strömen und auch schon kein Wolkenbruch mehr: sondern eine herabstürzende Sintflut.
    Eine Warnung hatten sie bekommen: von Bluey Williams, der mit seinem hochbeladenen Fuhrwerk erschien, ein Dutzend Reservepferde im Gefolge, denn er wollte mit seinen Runden fertig werden, bevor der Regen eine weitere Belieferung der Stationen unmöglich machte.
    »Der Monsun ist im Anzug«, sagte er, während er sich eine Zigarette rollte und mit seiner Peitsche auf die Extrastapel von Lebensmittel wies. »Der Cooper Creek und der Barco River sind schon übergetreten und die Diamantina auch, und mit der Überschwemmung ist es da ganz schlimm. Das gesamte Queensland-Outback steht über einen halben Meter unter Wasser, und die armen Kerle dort suchen verzweifelt nach höher gelegenen, nicht überfluteten Stellen, auf die sie die Schafe treiben können.«
    Plötzlich entstand so etwas wie eine kontrollierte Panik. Paddy und die Jungen arbeiteten wie die Verrückten. Sie trieben die Schafe von den tief er gelegenen Koppeln fort, zudem möglichst weit fort aus dem Bereich des Creek und des Barwon. Pater Ralph tauchte auf und sattelte sein Pferd. Und dann machte er sich zusammen mit Frank und den besten Hunden zu zwei noch ungeräumten Koppeln am Barwon auf, während Paddy und die beiden Viehtreiber jeweils mit einem der Jungen ein Team bildeten und in andere Richtungen ritten.
    Was Pater Ralph betraf: Zweifellos war er ein ausgezeichneter Viehtreiber. Er ritt eine braune Vollblutstute, ein Geschenk Mary Carsons, und war mit sportlicher Eleganz gekleidet: lederne Reithose, braune Reitstiefel, fleckenlos weißes Hemd. Die Ärmel waren hochgekrempelt, so daß man seine sehnigen Arme sah, und am Hals stand das Hemd weit offen und zeigte des Paters glatte, gebräunte Brust. Frank, in beutligen grauen Twillhosen, die Hosenbeine mit Bowyangs umschnürt, und im grauen Flanellunterhemd - Frank kam sich vor wie der arme Verwandte. Was ich ja auch bin, dachte er verdrossen, während er der straffen Gestalt auf der Prachtstute den Creek entlang zwischen Bäumen folgte. Er selbst ritt eines von den Standardpferden fürs Viehtreiben, einen Schecken, der nicht nur störrisch, sondern bösartig war und andere Pferde wie die Pest haßte. Die Hunde knurrten, jelpten und winselten aufgeregt und fingen eine Beißerei an - bis Pater Ralphs Peitsche hart dazwischenfuhr: nicht die Reit-, sondern die Viehpeitsche. Es schien, daß es nichts gab, was dieser Mann nicht konnte. Die Pfiffe, mit denen man den Hunden die verschiedenen Befehle erteilte, waren ihm ebenso vertraut wie der Umgang mit der Viehpeitsche - sie richtig zu handhaben war eine exotische australische Kunst, die Frank noch immer zu erlernen versuchte. Das Leittier der Hundemeute, ein großer

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