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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Queensland Blue Brute, zeigte dem Geistlichen gegenüber eine sklavische Ergebenheit und Folgsamkeit: ein untrügliches
    Zeichen, daß er in ihm den wahren Herrn sah, während Frank gewissermaßen nur die zweite Geige spielte.
    Der junge Mann registrierte das mit gemischten Gefühlen, denn zumindest zum Teil machte es ihm nicht allzuviel aus. Als einziger von Paddys Söhnen fand er dieses Leben keineswegs überwältigend, so gern er Neuseeland auch verlassen hatte. Er haßte das endlose Patrouillieren in den Paddocks, er haßte den harten Boden beim nächtlichen Kampieren, und er haßte die Hunde, die so wild waren, alles andere als brave Haus- oder Hofhunde, und die erschossen wurden, wenn sie ihre Arbeit nicht richtig taten. An diesem Tag allerdings war es doch anders als sonst. Dem Ritt unter sich ballendem Gewölk haftete etwas Abenteuerliches an. Selbst die Bäume, vom Wind gebeutelt und gebeugt, schienen eher zu tanzen, wie in irrer, ununterdrückbarer Freude. Und Pater Ralph glich bei der Arbeit geradezu einem Besessenen. Bald schickte er die Hunde zu dieser, bald zu jener Gruppe von Schafen, und vor Furcht blökend rannten die Wollknäuel, bis die flach durchs Gras hetzenden Schatten sie zur großen, kompakten Herde zusammengetrieben hatten. Einzig mit Hilfe von Hunden konnte eine kleine Handvoll Männer einen Besitz wie Drogheda unter Kontrolle halten, und es waren nicht irgendwelche Hunde: Diese hier hatte man eigens dafür gezüchtet und dazu abgerichtet, Schafe und anderes Vieh zu »arbeiten« - sie waren erstaunlich intelligent und brauchten nur wenige Anweisungen.
    Bis zum Einbruch der Dunkelheit hatte Pater Ralph mit Hilfe der Hunde - und natürlich auch mit Franks Hilfe, nur daß es mit dieser nicht allzu weit her war - aus einer Koppel alle Schafe hinausgetrieben, normalerweise die Arbeit von mehreren Tagen. Nahe einer Baumgruppe beim Tor zur zweiten Koppel nahm er seiner Stute den Sattel ab und meinte optimistisch, sie hätten alle Chancen, auch von dieser zweiten Koppel das Vieh herunterzubekommen, bevor der Regen losbrach. Mit heraushängender Zunge lagen die Hunde im Gras, der mächtige Queensland Blue unmittelbar zu Pater Ralphs Füßen, in buchstäblicher hündischer Ergebenheit. Frank holte aus seiner Satteltasche Känguruhfleisch, nicht gerade in appetitlichem Zustand, eher schon eine widerliche Masse. Er schleuderte es den Hunden hin, und sie stürzten darauf los und balgten sich darum jeder biß nach jedem.
    »Abscheuliche Bestien«, sagte er. »Kommen mir gar nicht wie Hunde vor, eher wie Schakale.«
    »Ich glaube, diese hier kommen der Vorstellung, die Gott sich von Hunden gemacht haben mag, viel näher, als man das sonst bei Hunden findet«, meinte Pater Ralph. »Hellwach, klug, aggressiv und fast ungezähmt. Sie sind mir bei weitem lieber als die Haus- und Schoßhündchen.« Er lächelte. »Bei den Katzen ist es das gleiche. Haben Sie die mal beobachtet, wenn sie so um einen Schuppen streichen? Wild wie Panther, lassen keinen Menschen in ihre Nähe. Aber sie sind großartige Jäger. Sie erkennen keinen Herrn an, und sie brauchen keinen Ernährer.«
    Aus seiner Satteltasche holte er kaltes Hammelfleisch sowie Brot und Butter. Vom Fleischbatzen schnitt er sich ein Stück ab, das Brot und die Butter legte er auf einen umgestürzten Baumstamm, der zwischen ihm und Frank lag. Dann senkte er mit unverkennbarem Vergnügen seine weißen Zähne in sein Stück Fleisch. Die Männer kauten, tranken aus dem Wasserbeutel, rollten sich später Zigaretten. In der Nähe stand ein einzelner Wilgabaum. Pater Ralph wies mit der gerade gerollten Zigarette darauf.
    »Das ist die richtige Stelle zum Schlafen«, sagte er und nahm seinen Sattel und seine Schlafdecke.
    Frank folgte ihm zu dem Baum, der zu der Art gehörte, die in diesem Teil Australiens allgemein als die schönste galt: sehr dichtes Laub, die einzelnen Blätter hellgrün und fast kreisrund.
    Die unteren Äste und Zweige hingen so tief, daß die Schafe bequem an sie herangelangen konnten. Folglich sah die Baumkrone in der Regel so aus, als wäre sie unten in präziser waagrechter Linie mit einer Heckenschere gestutzt worden. Falls es Regen gab, waren die beiden Männer dort zweifellos besser geschützt als unter jedem anderen Baum, denn australische Bäume waren im allgemeinen weniger dicht belaubt als solche in Ländern mit feuchterem Klima.
    »Sie sind nicht glücklich, Frank, nicht wahr?« fragte Pater Ralph, während er sich mit einem Seufzer

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