Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
Vom Netzwerk:
um das Haus, und hier zeigte sich gleichfalls, daß viel Neues zu lernen war. Es bestand eine stillschweigende Übereinkunft, sich auf gar keinen Fall mit irgendwelchen Fragen oder Bitten an Mary Carson zu wenden, doch ihre Haushälterin und ihre Dienstmädchen erwiesen sich als genauso hilfsbereit gegenüber den Clearys wie die beiden Arbeiter. Nach und nach begriffen die Neuankömmlinge, daß Drogheda eine Welt für sich war: so sehr von aller Zivilisation getrennt, daß nach einer Weile selbst Gillanbone zum bloßen Namen wurde, mit dem sich nur noch ferne Erinnerungen verbanden.
    Innerhalb des Bereichs der großen Home Paddock befanden sich Stallungen, eine Schmiede, Werkstätten, viele Lagerschuppen, Hundezwinger, ein wahres Labyrinth von Viehhöfen, eine riesige Schurhütte mit nicht weniger als sechsundzwanzig sogenannten Ständen. Hinter dieser Hütte oder Halle kam wieder ein Gewirr von Verschlagen, von Pferchen, von Koben für Hühner und Kühe und Schweine.
    Auch eine Molkerei gab es; und natürlich Quartiere für die Menschen, die hier beschäftigt waren, darunter allein sechsundzwanzig Schafscherer. Katenähnliche Häuschen dienten den Hilfsarbeitern als Unterkunft, für Viehtreiber gab es kleine Häuser, die dem glichen, in dem die Clearys jetzt wohnten, und für Anlernlinge hatte man eine Baracke errichtet. Aber das war noch immer nicht alles. Es gab auch einen Schlachthof und eine ganze Anzahl von »Holzhaufen«.
    All dies befand sich mehr oder minder genau in der Mitte eines kreisförmigen, baumlosen Geländes mit einem Durchmesser von rund fünf Kilometern: die Home Paddock. Nur dort, wo das Haus des Oberviehtreibers stand, sah man in unmittelbarer Nähe Wald. Immerhin gab es bei den Schuppen und den anderen Gebäuden und auch bei den Verschlagen, Pferchen usw. viele Bäume als hochwillkommene Schattenspender: Pfefferbäume zumeist, hochaufragend, riesig, doch irgendwie traulich wirkend, gleichsam verschlafen. Nicht allzu weit davon entfernt weideten im hohen Gras der Home Paddock Pferde und Milchkühe.
    Unten auf dem Grund des tiefen, schluchtartigen Einschnitts beim Haus der Clearys konnte man träge dahinfließendes, schlammiges Wasser sehen. Keiner glaubte Pater Ralph, daß es mitunter über Nacht um zwanzig Meter steige. Wollte man aus diesem Creek Wasser haben, so mußte es mit einer Handpumpe heraufbefördert werden, und man brauchte es: für das Bad, für die Wäsche, für den Abwasch in der Küche. Fee und Meggie brauchten lange, bis sie sich daran gewöhnt hatten, die Wäsche, das Geschirr und nicht zuletzt sich selbst in der grünlichbraunen Brühe zu säubern. Sechs stabile Tanks aus Wellblech, an turmartigen Holzstützen angebracht, fingen den vom Dach herunterfließenden Regen auf - das Trinkwasser. Doch die Familie lernte bald, daß sie damit sehr sparsam umgehen mußte. Unter gar keinen Umständen durfte man es zum Waschen gebrauchen: Man konnte nicht wissen, wann wieder Regen fiel und die Tanks auffüllte.
    Die Schafe und das übrige Vieh tranken Wasser, das mit Hilfe von artesischen Brunnen aus dem Erdboden heraufbefördert wurde. Artesisch nannte man Wasser, das im Untergrund unter so gewaltigem Druck stand, daß es von selbst zur Erdoberfläche drängte, manchmal aus Quellen sprudelnd oder schießend - oder aber aus einem Bohrloch. Nur: Hier auf Drogheda kam es keineswegs aus einer leicht erreichbaren Schicht, es stammte aus einer Tiefe von rund tausend Metern. Über ein Rohr kochte es geradezu herauf und wurde dann mit Hilfe eines Verteilersystems aus Röhren zu jeder Koppel auf dem Besitz geleitet. Da das Wasser in starkem Maße Schwefel
    und noch viele Mineralien enthielt, war es für Menschen nicht trinkbar.
    Die Entfernungen hier, das war etwas, woran sie sich erst gewöhnen mußten. Drogheda umfaßte nicht weniger als 100000 Hektar. Seine längste Grenze maß 130 Kilometer. Von Gillanbone lag es rund 100 Kilometer entfernt, was immer noch so etwas wie nächste Nachbarschaft war, denn die Entfernung zu anderen Städten oder Siedlungen betrug mindestens 170 Kilometer. Die relativ kurze östliche Begrenzung wurde durch den Barwon River gebildet: So nannte man hier den nördlichen Lauf des Darling River, jenes mächtigen 2500 Kilometer langen Stroms, der schließlich in den Murray River mündete. Der Gillian Creek, an dem das Haus der Clearys lag, strebte dem drei oder vier Kilometer entfernten Barwon entgegen. Paddy und die Jungen liebten ihr neues Leben. Manchmal verbrachten

Weitere Kostenlose Bücher