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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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sofort losfahren und vor den Toren der Farm kampieren. Aber das werden Sie nicht tun. Stattdessen werden Sie mir eine Email schicken, und sie wird nur ein Wort enthalten: ›Ja.‹ Und dann werde ich Ihnen sagen, wie wir weitermachen. Klar?«
    Jude Modesto rang sichtlich mit dem starken Impuls, sich aus dem Stuhl zu hieven und aus dem Zimmer zu stürmen, aber Colins Selbstsicherheit beeindruckte ihn auch. »Ich muss sagen, Sie sind ein sehr ungehobelter junger Bursche.«
    »Nein, ich will nur keine Zeit verschwenden. Hier.« Colin griff in seine Aktentasche und holte eine Tablettenflasche heraus. Darin lag ein kleiner, heller Splitter auf einem zusammengefalteten dunklen Stück Tuch.
    »Das kleine weiße Ding da?« Modesto nahm die Flasche und beäugte es kritisch. »Was ist das?«
    »Das dürfen Sie selbst herausfinden. Denken Sie daran, nicht Sie stellen mich auf die Probe, sondern ich Sie. Ich weiß, was esist. Aber ich schlage vor, Sie geben es jemand Verschwiegenem, jemand, dem sie wirklich vertrauen. Denn Sie werden nicht wollen, dass die Öffentlichkeit davon Wind bekommt.«
    Zum ersten Mal wirkte Jude Modesto nicht mehr ganz so selbstgewiss, ja sogar ein wenig besorgt, als ob Humpty Dumpty soeben gehört hätte, dass alle Pferde und Männer des Königs vielleicht gar nicht die Absicht hatten, ihn wieder zusammenzustücken. »Das soll ich untersuchen lassen?«
    »Ja. Ach so, und ich würde Ihnen empfehlen, sich dafür jemanden mit einem abgeschlossenen Biologiestudium zu nehmen.«
    Modesto wollte gerade eine weitere Frage stellen, als sie beide von einem Geräusch draußen vor dem Fenster abgelenkt wurden: Unten auf dem Parkplatz schlug eine Autotür zu. Wenn es Gideon war, kam er zehn Minuten zu früh. Colin spürte, wie ihm übel wurde.
    »Er darf mich nicht sehen«, sagte er und blickte sich entsetzt um. Warum, verdammt, konnte Gideon nicht zum abgemachten Zeitpunkt kommen? »Wo kann ich mich verstecken?«
    »Was sehen Sie mich an?«, bäffte Modesto ihn an, obwohl auch er nervös zu werden schien. »Ich habe Sie nicht gebeten zu kommen.«
    Colin hätte dem dicken Mann am liebsten eine gescheuert. »Wenn er mich hier findet, können Sie Ihr Millionengeschäft vergessen.«
    Jetzt hörten sie deutlich Schritte auf der Betontreppe draußen. Colin überlegte schon, ob er das Fenster trotz der in den Rahmen eingebauten Klimaanlage mit Gewalt aufmachen sollte, als Modesto auf zwei Raumteiler aus stoffbespannten Metallrahmen deutete, die an der Wand standen. »Dahinter vielleicht«, meinte er und wischte sich abermals das schwitzende Gesicht. »Aber lieber ein bisschen plötzlich.«
    Colin stellte die beiden Paravents so dicht an der Wand nebeneinander, dass er ganz knapp dahinter passte, doch da ging ihm auf, dass man darunter seine Füße sehen würde. Er hatte gerade eine Kiste hinter eine der Trennwände gezerrt, als die Tür des Büros aufging. Colin stieg schnell auf die Kiste und hielt den Atem an.
    »Modesto? Ah, wie ich sehe, haben Sie es sich schon gemütlich gemacht.« Es war Gideons Stimme, wie erwartet.
    »Mr. Goldring. Ist mir ein Vergnügen, Sir.«
    »Ja, meinerseits.« Gideons Sessel quietschte, als er sich setzte. »Sie kennen Ragnar, glaube ich.«
    »Mr. Lodbrok, schön, Sie wiederzusehen«, sagte Modesto.
    Colin schob sich ganz langsam ein bisschen vor, aber ohne den Stoff auszubeulen, und legte ein Auge an den Spalt zwischen den beiden Paravents. Wenn er sich ein wenig bückte, hatte er genau den Bereich um den Schreibtisch im Blick. Gideon wirkte von der Hitze geschafft, seine sonst hahnenkammartig hochstehenden weißen Haare lagen platt am Schädel. Doch seine Augen funkelten. »So, Modesto, ich bin sicher, Sie wüssten gern, was wir in der Kiste haben.«
    »Selbstverständlich«, sagte der Händler. »Das ist für mich immer der Höhepunkt des Tages – ach was, des ganzen Monats. Was haben Sie mir diesmal mitgebracht?«
    Gideon nahm vorsichtig einen Gegenstand aus der Kiste. Colin konnte ihn nicht richtig erkennen, aber Jude Modesto konnte es offensichtlich. »Gütiger Himmel!« rief er aus. »Also … gütiger Himmel! Ist das wirklich eine rotfigurige Amphore? Wahnsinn, das ist eine der erstaunlichsten griechischen Vasen, die ich je gesehen habe – könnte sogar der Berliner Maler sein!«
    »In der Tat, könnte«, sagte Gideon im Ton tiefer Befriedigung. »Aber das überlasse ich Ihren Experten. Und ich habenoch zwei Stücke für Sie. Etwas aus phönizischem Glas und ein

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