Die Drachenflotte (German Edition)
angeboten wurden, waren nicht für Menschen von Davits Größe gemacht; er passte nur diagonal hinein. Sie nahmen jeder eins, legten sie auf den wachsenden Haufen am Tresen und sahen sich dann Schlafsäcke an. «Diese blöden Dinger», schimpfte Davit, als er in einen hineinstieg und ihn bis zur Taille hochzog. «Das ist Diskriminierung. Echte Großenfeindlichkeit ist das.»
Seine gute Laune ärgerte Boris. Den ganzen Morgen war er schon so. «Und, wie geht’s der Freundin?», fragte er.
«Ich mag die wirklich», erklärte Davit grinsend. «Ich überleg, ob ich nicht noch ein paar Tage bleibe, wenn wir mit Knox fertig sind.»
«Ich würde lieber nichts versprechen», riet Boris. Er wusste selbst nicht recht, warum, aber diese Claudia machte ihn wirklich scharf. Am Abend zuvor hatte er ihr fünfzig Euro für eine schnelle Nummer geboten. Die kleine Schlampe hatte einfach nein gesagt. «Man kann nie wissen, vielleicht müssen wir schnell verschwinden.»
«Ich würde nur gern was für sie tun, verstehst du? Ihr zur Abwechslung mal ein bisschen Spaß bieten, ein paar hübsche Klamotten kaufen. Sie hat echt ein hartes Leben, und in diesem Hotel behandeln sie sie wie den letzten Dreck.»
Claudias Zurückweisung hatte Boris’ Begierde nur noch angeheizt. In der Nacht hatte er wach gelegen und zugehört, wie die beiden es nebenan trieben, dass die Wände wackelten. Wenn einen eine Frau so scharfmachte, gab’s nur eins – sie vögeln, bis man die Nase von ihr voll hatte. «Frag sie doch, ob sie mitkommen will», schlug er vor. «Sie kann für uns kochen, dolmetschen, und sie könnte dieses Eden für uns ausspähen.» Das war ein echtes Problem, das ihn schon eine Weile beschäftigte. Er und Davit stachen hier heraus wie Pinguine in der Wüste. Auf sie würde man aufmerksam werden, sobald sie sich Eden näherten. Aber an Claudia würde niemand einen zweiten Blick verschwenden, wenn sie mit Zahnschmerzen dort in der Ambulanz aufkreuzte.
«Ich weiß nicht», sagte Davit. «Ich möchte sie da eigentlich nicht reinziehen.»
«Wir würden ja nichts Riskantes von ihr verlangen. Und wir würden gut zahlen. Sagen wir fünfhundert Euro. Das ist hier ein Haufen Geld. Könnte ihr ganzes Leben verändern.»
«Ja, aber sie würde ihren Job im Hotel aufgeben müssen.»
«Dann eben tausend. Ist mir egal.» Es war Sandros Geld, und dem würde es nicht fehlen. Und es wäre doch gelacht, wenn er es nicht schaffte, Davit lang genug kaltzustellen, um sich die Kleine selbst vorzunehmen.
«Klasse», sagte Davit erfreut. «Ich frag sie gleich, wenn wir zurückkommen.»
III
Rebecca erkannte die Küste, die sie elf Jahre lang nicht mehr gesehen hatte, kaum wieder. Neue Dörfer waren entstanden, alte hatten sich weiter ausgebreitet, und die dichten Mangrovenwälder ihrer Kindheit waren fast verschwunden, sodass die Küste wie ein einziger langer Strand dalag. Ihr Blick fiel im selben Moment auf Daniel, als er sie ansah. Das geschah immer wieder, und es brachte sie aus der Ruhe. Diese Fahrt hatte einen bitterernsten Anlass, sie war keine lustige Spritztour zum Vergnügen. Sie verschränkte die Arme und blickte starr nach Norden. Sehr bald passierten sie Ifaty, obwohl es gar nicht den Eindruck machte, als führen sie besonders schnell. Daniel wusste offensichtlich, was er tat. Wenn er aufstand, um irgendetwas auf dem Boot zu tun, bewegte er sich in selbstverständlicher Übereinstimmung mit den Schwankungen des Boots, während sie umhertaumelte wie betrunken.
«Möchten Sie was essen?», fragte sie.
«Gern.»
Sie öffnete zwei der in Alufolie eingewickelten Päckchen, die das Hotel auf Daniels Bitte am Abend zuvor für sie vorbereitet hatte. Kalter Reis, Oktopus und Gemüse. Sie kostete. Fad, selbst mit der Würze von Meersalz auf ihren Lippen. Sie ging nach unten, um nach einer Flasche mit der selbstgemachten Chilisoße ihres Vaters zu suchen, und öffnete wahllos Schränke, darunter auch einen Kasten mit Medikamenten. Für Patienten, denen es für den Transport in die Ambulanz zu schlecht ging, bis zur Betäubung und Behandlung von Tieren in freier Wildbahn war alles da. Endlich fand sie die Soße, nahm sie mit hinauf und gab, vorsichtig wie ein Chemiker mit der Pipette, drei Tropfen davon auf ihren Reis, den sie dann mit der Gabel gründlich durchmischte. Sie hielt Daniel die Flasche hin. «Möchten Sie?»
«Mit Vergnügen», sagte er.
«Aber vorsichtig», warnte sie. «Sie ist sehr scharf.»
Er warf ihr einen gönnerhaften Blick
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