Die Drachenflotte (German Edition)
zwei Stunden nachdem sie Daniel im Meer zurückgelassen hatte, hatte die Erkenntnis sie getroffen. Gemeinsam hatten sie und Pierre Emilia ins Haus getragen. Pierre hatte nach Kräften versucht, sie zu trösten, ihr versichert, dass sie nichts Unrechtes getan habe, gesagt, sie müsse stark sein, wenn die Polizei komme und mit ihr reden wolle, sie fragen würde, ob sie etwas über den vermissten Engländer wisse. Sie dürfe sich um ihrer aller willen auf keinen Fall selbst belasten. Was würden Geständnisse denn jetzt noch helfen?
Sie hatte gewusst, dass er recht hatte, aber es war trotzdem unerträglich gewesen, so zu tun, als hätte Daniel nicht existiert, als wäre sein Leben ohne Bedeutung gewesen, als hätte sie keine Schuld auf sich geladen. Sie war aus dem Haus, aus Eden geflohen, hinunter an den Strand, wo sie bis zur Erschöpfung durch den schweren Sand gelaufen war, bis sie selbst zur Trauer zu müde war. Doch dann hatte sie weit draußen in der Lagune ganz undeutlich etwas gesehen, und, ja, es war ein Mensch gewesen, der mit weit ausholenden, regelmäßigen Armzügen der Küste entgegenschwamm, ein schwarz-gelbes Bündel auf dem Rücken. In ihr war etwas aufgebrochen, als sie begriffen hatte, dass Daniel sie nicht losgelassen hatte, um ihr das Leben zu schenken. Nein. Er hatte sie losgelassen, um den Rebreather und den kleinen Sauerstoffbehälter aus der Tauchertasche zu holen, die sie an seinem Fuß festgebunden hatte.
Aus den dornigen Bäumen trat sie auf den weichen weißen Sand hinaus. Die Yvette hatte die Lücke zwischen den Riffen passiert, in wenigen Minuten würde sie ihren Ankerplatz erreichen. Daniel war in Vorbereitung auf das Eintreffen von Miles und seiner anderen ehemaligen MGS-Kollegen hinausgefahren, um nach dem Wrack zu sehen. Jetzt, da sie sich neue Gelder der chinesischen Regierung und anderer Investoren gesichert und Ricky und seine Triaden-Freunde abgefunden hatten, hofften sie, noch mehrere Wochen am Wrack arbeiten zu können, bevor das Wetter umschlug. Er blickte zur Küste, entdeckte sie, stand auf und winkte. Sie winkte zurück. Er erreichte die Boje und sprang ins Wasser, um die Yvette zu vertäuen. Sie konnte nicht länger warten, sie rannte ihm durchs Wasser entgegen. Michel wurde unruhig, sobald er die Nähe seines Vaters spürte. Rebecca übergab ihn Daniel, und sofort wurde das Kind sanft.
«Ist dein Freund weg?», fragte Daniel.
«Ja.»
«Wurde aber auch Zeit.»
Er hatte Sandkörnchen auf den Wangen. Sie wischte sie mit dem Daumen ab. «Wie war’s?»
«Zu stürmisch. Ich muss heute Nachmittag noch mal raus.»
«Therese hat mir versprochen, auf Michel aufzupassen. Ich komme mit, wenn’s dir recht ist.»
Sein Lächeln machte sie froh. «Prima», sagte er, legte seinen freien Arm um sie und ließ die Hand etwas tiefer rutschen. «Aber vielleicht sollte ich vorher sicherheitshalber noch mal nach den Schwimmwesten sehen, hm?»
[Nachspann]
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Danksagung
Madagaskar fasziniert mich seit langem. Mit seiner einzigartigen Entwicklungsgeschichte und seiner außergewöhnlichen Geologie schien mir dieses weltabgeschiedene Inselparadies die ideale Kulisse für meine Geschichte über versunkene Schiffe und Unterwasserforschung zu sein. Es liegt ja genau auf der direkten Verbindungslinie zwischen dem Kap der Guten Hoffnung und Indien, und seine Riffe waren immer schon eine tödliche Bedrohung für die Schifffahrt, wie das Wrack der Winterton beweist, von dem in diesem Buch erzählt wird.
Alle Personen des Romans sind natürlich frei erfunden, ebenso wie der Eden-Naturschutzpark (für dessen Unterbringung ich die Küste zwischen Salary und Bekadoy ein wenig verlängern musste), wenn mir auch verschiedene Arten- und Meeresschutzprojekte, die ich auf Madagaskar besucht habe, als Vorbilder dienten. Im Besonderen möchte ich Al Harris und allen anderen danken, mit denen ich bei der Umweltschutzorganisation Blue Ventures zu tun hatte. Die Arbeit, die sie in Andavadoaka leisten, ist bewundernswert und das Dorf jederzeit einen Besuch wert. Ich danke auch Francesco in Salary, nicht nur für seine Gastfreundschaft, sondern auch dafür, dass er mit mir auf seinem Boot zum Wrack der Winterton hinausgesegelt ist.
Mein aufrichtiger Dank gilt, wie immer, meinem Agenten Luigi Bonomi und meiner Lektorin Julia Wisdom, deren Ermutigung und stets klugen Rat ich nicht genug würdigen kann. Ferner danke ich Anne O’Brien, die mein Manuskript gewissenhaft überprüft und
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