Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
eine dunkle Gestalt in der Ecke, von Flammen umgeben. » Es ist einer der Enkel, nehme ich an, Hieron oder Rean-Tar. In unseren Legenden überlebten sie beide. Bor-Chain ließ die Kinder am Leben.« Sie seufzte. » Aber müssen wir über die alten Geschichten sprechen? Linnia, was ist los? Was ist passiert, auf der Drachenjagd? Ich habe, ehrlich gesagt, nicht erwartet, dich überhaupt wiederzusehen, wenn du in Richtung Tijoa ziehst.«
» Nachdem Gunya mir die Kette abgerissen hatte, um zu beweisen, dass ich keine Zauberin bin, war auf einmal alles anders«, sagte sie vorsichtig. » Ich wollte nicht riskieren, wieder in Verdacht zu geraten.«
Chamija starrte sie an. » Gunya hat was? Wie konnte sie es wagen! Oh ihr Götter, warum war ich nicht da? Du hättest sie zerschmettern können für diese Frechheit!«
» Ja, natürlich«, sagte Linn, » eine gute Idee, alle meine Freunde und Kameraden zu zerschmettern. Beruhige dich, Chamija, ich habe die Kette ja wieder. Sie ist kaputt, aber ich könnte sie reparieren lassen. Was ich wohl eher nicht tun werde, sonst wird der Goldschmied, dem ich sie anvertraue, von einem Fluch heimgesucht, wie jeder, der sie anfasst. Gunya hat noch Glück gehabt mit ihren Verletzungen – sie sind schmerzhaft, aber nicht gefährlich.« Sie zögerte. » Wir hätten die Ritterin in einem Dorf lassen und weiterreiten können …«
Nach Tijoa. Schritt für Schritt, Kampf für Kampf, bis nach Tijoa.
» Ich hatte Angst, weißt du, dass diese Reise für sie ein böses Ende nimmt. Ich habe es ihr nicht gesagt, aber ich habe Menschen sterben sehen, nur wegen dieser Kette … Nein, jetzt, da die Ritterin hier ist, geht es mir besser. Ich kann bald wieder losziehen und meine Arbeit fortsetzen. Es ist unglaublich, was die Drachen in Yan anrichten.«
Chamija nickte. » Ich muss dir etwas mitteilen, was deine Pläne vielleicht ändern wird.« Sie lächelte voller Vorfreude. » Yaro ist in der Stadt.«
» Das ist ja wieder einmal typisch«, schnaubte Linn wütend. » Nicht einmal das kannst du mir sagen!«
Jikesch fläzte sich im Schoß der steinernen Göttin. Er spielte mit zwei Steinen, die er träge hochwarf und wieder auffing.
Andere Männer – Arian zum Beispiel – versprachen ihr alles, was sie wollte. Yaro war bereit gewesen, ihr ein Haus zu bauen, und hatte geschworen, er würde sie retten, wenn es nötig sein sollte. Das war der Unterschied zu jemandem wie diesem Narren. Selbst eine so geringe Bitte zu erfüllen kam für ihn nicht in Frage.
» Weißt du, wo Yaro ist? Hat er hier im Hof vorgesprochen?«
» Ich darf das Schloss nicht verlassen«, sagte Jikesch. » Was weiß ich von den Dingen, die in der Stadt vor sich gehen?«
» Hör auf, du Lügner!«, rief sie. Schnell sah sie sich um, ob jemand ihren Ausbruch mitbekommen hatte. Vorsichtshalber senkte sie die Stimme. » Bitte. Chamija hat mir verraten, dass er in Lanhannat ist.«
» Hast du dich nicht gefragt, woher sie das weiß?«, fragte Jikesch und starrte in den Himmel, über den ein paar weiße Wölkchen segelten.
» Sie hat die beiden durchs Fenster gesehen – einen Mann mit einem Holzbein und einen zweiten mit dunklen Locken, aber bis Chamija unten im Hof war, hatten die Wachen sie schon wieder vertrieben.«
» Vielleicht war’s gar nicht Yaro«, knurrte Jikesch. » Yaro mit Holzbein? Würdest du einen Einbeinigen heiraten, holde Linnia? Oder nimmst du den Holzkopf mit der Goldkrone? Du hast einen merkwürdigen Geschmack, Teuerste.«
Er setzte sich auf und sprang von der Säule. Sie fuhr zurück, so fremd kamen ihr seine Augen vor, voller Zorn und Hass.
» Wenn er wirklich hier wäre, dein Yaro Tausendschön, was tust du mit ihm? Wirst du ihm das Herz brechen? Wirst du ihm die Hand reichen und ihn küssen und einen kleinen Laden für ihn kaufen, wo man schöne Sachen aus Holz erwerben kann, Holzbeine oder Holzfüße oder Holzherzen? Oder schickst du ihn fort, in den Krieg, damit er ein Held werden kann?«
» Ich wüsste nicht, was dich das angeht«, fuhr sie ihn an, doch dann versuchte sie, ihren Ärger zu zügeln. » Ich finde ihn auch so, mit dir oder ohne dich, dessen kannst du sicher sein.«
Sie wandte sich ab und hörte Jikeschs gequälten Ruf hinterherschallen: » Linnia!«
Es war die Mühe nicht wert, sich zu ihm umzudrehen. » Was denn noch?«
Gebückt trottete er auf sie zu. Von der sonstigen Lässigkeit und Quirligkeit seiner Bewegungen war nichts mehr zu spüren, es war, als trüge er bleischwere
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