Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
verletzt, weil er nicht mit zurückkommen konnte?«
Vielleicht hatte sie nie darauf geachtet, wie viel Schmerz auch in Arian war. Wie er erschrak, als Okanion ihm in knappen Worten vom Tod des Ritters berichtete. Wie ein harter Zug um seine Mundwinkel trat, wie er kurz das Gesicht wegdrehte, damit niemand zu viel von seinen Gefühlen mitbekam.
Vielleicht könnte ich ihn lieben, dachte sie. Nicht jetzt, aber eines Tages möglicherweise. Vielleicht wäre es das Opfer wert, für ihn alles andere aufzugeben, meine eigenen Träume und Hoffnungen. Nicht weil er der Mann ist, der er ist, sondern weil sein Ehrgeiz über Wohl und Wehe dieses Königreichs entscheidet … und weil Liebe vielleicht die Kraft hätte, diesen Ehrgeiz zu mildern, ihm zu zeigen, dass es noch andere Möglichkeiten gibt, sich einen Namen zu machen, außer Drachen zu töten und Krieg zu führen.
Welche? Ihr fiel keine ein, aber bestimmt gab es Aufgaben, lohnende Ziele, die das, was in diesem jungen Mann brannte, irgendwie lindern konnten. Den Schmerz, nicht so zu sein wie seine Vorfahren, kein zweiter Brahan, kein zweiter Laran, nur ein passabler Fechter mit einer halben Krone.
Arian führte das Mädchen rasch von den anderen fort. Er ging so schnell, dass sie kaum mitkam, hinter ihm herstolperte, in irgendeinem verlassenen Flur gegen ihn prallte, und da war es, als wäre sie nie fort gewesen, als hätte sie schon immer hier mit ihm gestanden, seit damals, als sie an Nivals Tod geglaubt hatte, während Jikesch im Hof herumturnte.
» Linnia«, flüsterte er.
Bestimmt hatte er sie hierhergebracht, um sie zu küssen. Linn zuckte unwillkürlich zurück, aber Arian streckte nur die Hand aus und strich ihr behutsam eine Strähne aus dem Gesicht. Zärtlich, nein, ängstlich.
» Geht es Euch gut?«, fragte sie vorsichtig.
» Bekomme ich dein Ja?«, fragte er drängend. » Hast du die Antwort mitgebracht? Lass uns heiraten, rasch, bevor mein Vater es sich anders überlegt. Er hat es versprochen, er muss sich daran halten. Bitte, Linnia! Ich weiß nicht, was ich sonst tue.«
Sie ließ es zu, dass er ihre Hände in seine nahm und festhielt, und auf einmal dachte sie: Jetzt endlich verstehe ich es. Warum Nival sein ganzes Leben auf dieses eine Ziel ausgerichtet hat, Ratgeber des Königs zu werden. Wenn ich es doch nur könnte, Arian auf einen anderen Weg zu führen! Wenn ich ihn dazu bringen würde, Yan beizustehen gegen Tijoa, die Garde gegen die Drachen auszuschicken, die Soldaten aus der Ebene zurückzurufen! Wenn er auf mich hören würde, könnte ich die Welt ändern.
» Du sagst ja gar nichts.« Seine Stimme bebte, Schweiß stand ihm auf der Stirn, die Augen wirkten fiebrig. Am liebsten hätte sie ihn noch einmal gefragt, ob es ihm gut ging, aber bestimmt wollte er jetzt nicht über seine Gesundheit sprechen.
» Es waren keine zehn«, sagte sie. » Arian, ich habe es nicht geschafft. Die Bedingung deines Vaters … Wir mussten umkehren. Hörst du mir überhaupt zu?«
» Das zweite Mal nennst du meinen Namen«, sagte er entzückt. » Ich höre so gerne das Du aus deinem Mund. Hast du mich vermisst, so wie ich mich nach dir gesehnt habe?«
» Arian, ich habe keine zehn Drachen getötet. Außerdem war ich nicht ganz allein, Okanion, Gunya und Dorwit haben mich unterstützt, ich weiß nicht, ob das gilt, ob dein Vater das anerkennt.«
» Das ist mir gleich, wir werden das regeln. Wenn du nur ja sagst.«
Es heißt, Pivellius habe auf Irana gehört. Würde Arian auf mich hören? Würde er tun, was ich ihm vorschlage? Könnte ich damit leben, eine Gefangene im goldenen Käfig zu sein, ohne eigene Macht, umgeben von schnatternden Gräfinnen? Ihr grauste bei dem Gedanken. Aber durfte sie zimperlich sein, wenn sie als Königin vielleicht den Krieg beenden konnte?
» Nur neun«, sagte sie. » Das ist dem König ganz gewiss nicht gleich.«
» Für neun Drachen hätte man dich früher auf Händen durch die Stadt getragen«, meinte er. » Warum müssen es zehn sein? Welcher grausame Mensch hat das vorgeschlagen?« Dann schien er sich daran zu erinnern, dass es um seinen eigenen Vater ging, und er schüttelte den Kopf und fasste sich aufstöhnend an die Stirn. » Was tun wir jetzt? Was, liebste Linnia? Könnten wir denn nicht jetzt heiraten, und du erledigst das fehlende Ungeheuer danach?«
Sie lachte gequält auf. » Arian, bitte. Das geht nicht, wir beide wissen das.«
Er seufzte.
Linn schämte sich dafür, wie erleichtert sie war, dass sie diese
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