Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Entscheidung noch nicht treffen musste. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er dieses Ja so dringend hören wollte, hören musste.
Arian lehnte an der Wand und kämmte das verschwitzte Haar unruhig mit den Fingern durch, ein Geist seiner selbst. » Ich weiß nicht, was mit mir geschieht«, murmelte er. » Ich erkenne mich selbst nicht mehr, ich tue Dinge, die ich nicht wollte. Wenn du nicht da bist, verliere ich mich, mein Verstand ist wie von Nebel umhüllt. Sag, dass du mich heiraten wirst. Versprich es mir, dann warte ich auch auf die nächsten zehn Drachen. Nur schwöre mir, dass du mich heiratest, bitte, oder ich bin verloren!«
Ich brauche mehr Zeit, dachte Linn verzweifelt. Hatte sie nicht Zeit genug gehabt? Trotzdem wusste sie nicht, ob sie dafür bereit war, ob sie wirklich alles für das Königreich tun würde.
Schenn ist nur ein Blatt, das der Sturm vom Baum reißen wird. Warum kämpfen, wenn man weiß, dass der Herbst kommt, wenn er sich schon ankündigt, wenn der Duft nach Fäulnis und Vergänglichkeit in der Luft liegt? Vor dem Weinmond kommen Drachenmond und Laranstag. Jahr für Jahr, vor der Ernte kommt der Sturm.
Warum, wollte sie Arian am liebsten fragen, interessierst du dich überhaupt für mich? Ist es, weil ich in Lanhannat beliebt bin? Willst du mich deshalb an deiner Seite, damit man dir zujubelt?
Aber ihn das zu fragen hätte bedeutet, seine Gefühle mit kaltem Wasser zu überschütten.
» Wenn du erst meine Frau bist«, sagte Arian, » dann kannst du dir wünschen, was immer du willst.«
Das auch noch. Genau das, worauf sie hoffte! Er machte es ihr wirklich nicht leicht.
» Nun ja … irgendwie … ja. Nein! Bei Arajas, ich meine, ich würde sagen …«
» Eher ja oder eher nein?«
Warum musste das ausgerechnet ihr passieren? Warum nicht jemand anders? So hübsch bin ich auch nicht, dass sich alle Welt um mich reißt. Ich bin nicht Prinzessin Wani, vor deren Tür die Königssöhne und Helden Schlange standen … und ich brauche niemanden, der mich aus der Drachengrube rettet.
» Ich bin … äh … schon verlobt«, stammelte sie.
» Also ein Ja.« Arian grinste triumphierend. » Wenn du nur wegen deiner Verlobung zögerst … die löst du einfach auf. Und dann kommst du zu mir.« Sein Glück ließ Linn fast daran glauben, dass er sie tatsächlich liebte. » Danach reiten wir nebeneinander durch die Stadt und zeigen uns dem Volk«, schwärmte er, und es war fast eine Erleichterung zu wissen, dass er immer noch derselbe selbstverliebte Streber war, den sie kannte.
» Meine Liebe, du bist wieder da!« Chamija war außer sich. Sie umschlang Linn, drückte ihr ein Küsschen auf die Wange und betrachtete sie dann eingehend. » Gut siehst du aus. Aber was ist das? Ein paar Fältchen um die Augenwinkel?«
Bis in die Nacht hinein erzählte Linn ihrer Freundin von Yan, von den Flüchtlingen und den Drachen. Sie führte der zukünftigen Königin von Tijoa das Elend der Leute ausgiebig vor Augen, dafür verschwieg sie die Raupen – schließlich war ihr nur zu gut bewusst, dass Chamija als Tijoanerin das vielleicht etwas anders sehen und kein Verständnis dafür aufbringen würde, dass die Ritter Kesim und seine Seidenzucht beschützt hatten. Dass sie den Händler nach Schenn mitgebracht hatten, durfte erst recht niemand wissen. Kesim hatte sich mitsamt seiner kostbaren Fracht in einem Dorf im Gerin-Yan-Gebirge niedergelassen und wartete auf den richtigen Zeitpunkt zur Ernte. Niemandem, nicht einmal ihrer besten Freundin, würde Linn verraten, wo er sich versteckte.
» Warum hast du Gunya nicht geheilt?«, erkundigte sich Chamija. » Dann hättet ihr weitermachen können, du hättest deine zehn Drachen zusammenbekommen … War es dir das nicht wert?«
Linn zögerte. Sie breitete ihr Seidentuch auf dem Bett aus und befühlte es. Jetzt, da sie wusste, worum es in diesem Krieg ging, bedeutete das Tuch ihr viel mehr als früher. So fließend leichter Stoff, dünn wie Schmetterlingsflügel. Sie hatte sich nie die Zeit genommen, die Muster ausgiebig zu betrachten.
» Diese Figur ist Brahan. Nicht wahr? Die Drachen sind nicht so gut getroffen, aber Prinzessin Wani mit dem schwarzen Haar und dem Verband um den Fuß gefällt mir. Und das ist das Kind, Laran. Nein, es hat braune Haare, dann ist es wohl eher Het-Kion? War er nicht löwenblond, wie es in der Legende heißt?«
Chamija beugte sich über das Tuch. » Das ist eins der Kinder. Laran steht dort drüben, siehst du?« Sie zeigte auf
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