Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Garde der Drachenjäger.
Ihr Gesicht im Spiegel sah mittlerweile wie das einer Städterin aus, seit sie auf die bunten Bänder verzichtete, die jede unverheiratete Frau aus der Provinz Nelcken normalerweise im Haar trug, und sich auch das komplizierte Flechtmuster schenkte.
» Soll ich dir beim Kämmen helfen?«
» Danke – wenn ich es selbst mache, geht es schneller.«
» Du verstehst eben nichts von Frisuren«, schmollte Chamija. » Auch eine Drachenjägerin darf schön sein, oder nicht?«
» Für wen?«, fragte Linn zurück. » Für den Drachen? Damit er von meinem Anblick so gebannt ist, dass ich ihm in aller Ruhe das Herz aus der Brust schneiden kann?«
» Um Männer geht es dir ja nicht«, meinte Chamija missmutig. » Solange Yaro in Brina auf dich wartet.«
» Ganz recht«, meinte Linn. » Yaro wartet. Und die Ritter im Moment wohl auch, fürchte ich.«
Sie wusch sich noch rasch das Gesicht und riss die Bürste durch ihr dichtes braunes Haar. Der schlichte Zopf war in Windeseile geflochten. Als sie in den Speisesaal mit der hohen, gewölbten Decke trat, saßen die anderen Ritter schon an der langen Holztafel und stärkten sich an einer eiligen Mahlzeit aus Getreidebrei.
» Frauen«, brummte Hekam, ein Hüne von einem Soldaten, der schon am Boden seines Tellers angekommen war, » brauchen immer am längsten.«
» So?« Gunya, Mitte dreißig, mit einem schmalen Gesicht und kurz geschnittenen braunen Haaren, war nie um eine passende Antwort verlegen. Grinsend schnippte sie eine Haselnuss vom Tisch und traf ihn damit an der Stirn.
» Au!«
» Danke, mir war auch gerade danach«, sagte Linn und verstummte sofort wieder, denn der Prinz hob die Brauen.
Schwarz wie Rabenflügel schnitten sie durch seine Stirn und verliehen ihm ein grimmiges Aussehen. » Wie schön, dass Ihr Euch auch herbequemt, Fräulein Linnia«, sagte er kühl.
Sie wusste ja, dass die anderen Soldaten schneller waren. Sobald der Weckruf ertönte, standen sie schon fertig gerüstet auf der Matte. Wie sie das hinbekamen, war Linn nach wie vor ein Rätsel – schliefen sie vielleicht in ihrer Rüstung? Vermutlich verzichteten sie einfach darauf, sich zu waschen, und erachteten Haare kämmen oder gar eine Rasur für unwichtig, sobald es in die Schlacht ging.
» Ein Drache?«, fragte sie, ohne eine Miene zu verziehen, setzte sich neben Gunya an den Tisch und häufte sich einen Löffel Getreidebrei auf den Teller. » Wo?«
» Das wüsstet Ihr, wenn Ihr nicht so getrödelt hättet«, murmelte Gunya.
» Ritterin Gunya? Würdet Ihr unsere überaus berühmte Drachentöterin informieren, worüber wir gesprochen haben?«, meinte der Prinz.
Gunya seufzte und verdrehte die Augen, gehorchte aber ohne Widerspruch.
» Ein Drache«, erklärte sie knapp. » In Quintan, das ist ein Nachbardorf von Werrin. Wo das ist, muss ich Euch ja nicht erzählen.«
» Nein, das finde ich gerade noch.« In Werrin hatte sie der Garde geholfen, einen eisengrauen Drachen zu töten. Völlig unbefugt, weshalb man es ihr auch nicht gedankt hatte. Zusammen mit Jikesch … Nein, das war keine gute Erinnerung.
» Ein besonders schöner Drache«, sagte Hekam. » Der Beschreibung des Boten nach ist er gelblich, fast weiß, wie ein Stück vom Mond.«
» Was?« Linn verschluckte sich fast. Konnte es wahr sein, dass einer ihrer Feinde ganz in der Nähe war? » Den muss ich sehen!«
» Was bringt Euch auf die Idee, Ihr wärt bei diesem Einsatz dabei?«, fragte Gunya. » Prinz Arian hat die Truppe bereits eingeteilt. Es wäre mir aufgefallen, wenn Euer Name genannt worden wäre.«
Über den Tisch hinweg begegnete Linn dem Blick des jungen Hauptmanns, der sie geradezu trotzig anstarrte, als erwartete er Widerspruch.
Neben dem Prinzen saß Okanion, der ihretwegen seine Hauptmannsstelle an den Sohn des Königs verloren hatte. Die vernarbte Hälfte seines Gesichts verriet keine Regung, doch in seinen Augen las Linn die Warnung, nur ja keinen Fehler zu machen. Der erfahrene Drachenjäger hielt treu zu ihr, seit sie und der Narr ihm damals in Werrin das Leben gerettet hatten.
Hastig beugte sie sich über ihr Frühstück und schaufelte den lauwarmen Brei in sich hinein. Der Prinz hatte das Recht, mitzunehmen, wen er wollte. Niemals zog die gesamte Garde aus und ließ Lanhannat schutzlos zurück. Sie hatte nur gedacht … hatte gehofft … nun ja. Bestimmt würde sie sich nicht die Blöße geben, darum zu betteln, dass sie mitdurfte. Das Schloss und die Stadt zu bewachen war
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