Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
alle ihre Vorzüge freigab.
» Ich bin Schreiberin«, erklärte sie, » und ich will schreiben. In diese Kammer eingesperrt zu sein bringt mich noch um! Tagaus, tagein spreche ich mit einer Affendrossel, die im Käfig hockt und › Faules Gör‹ zu mir sagt! Gebt mir eine Arbeit, ich flehe Euch an, Majestät!«
Der König gewann rasch seine Fassung zurück. » Ihr seid die Schreiberin des Botschafters von Tijoa. Nicht meine.«
» Oh bitte!« Sie wandte sich an Findun, der vor Entsetzen sein Buch fallen ließ, als sie seinen Arm umklammerte. » Habt Ihr keine Wünsche, nichts, wobei ich Euch helfen könnte? Ich habe eine gute Handschrift, soll ich es Euch zeigen?«
» Äh – das wird nicht nötig sein«, stammelte der königliche Beamte.
» Bringt die junge Dame wieder hinaus«, befahl der König dem Wächter, der furchtsam danebenstand und nicht wagte, Chamija anzufassen.
» Sicherlich könntet Ihr eine weitere Helferin gebrauchen, Herr Schreiber.« Resolut schüttelte das Mädchen den zaghaften Wachposten ab. » Ich weiß, es ist ein Nachteil, dass ich Tijoanerin bin, und mir ist auch bewusst, dass das neue Bündnis mir nicht von selbst Euer vollstes Vertrauen einbringt, Majestät. Doch sicherlich gibt es auch Abschriften, die nichts mit Geheimnissen zu tun haben. Ich könnte Stammbäume abmalen oder Familienchroniken oder Lobschriften über Heerführer und verstorbene Fürsten verfassen. Was immer Ihr wollt. Nur gebt mir endlich etwas zu tun!«
Der König sah zu Findun hinüber.
» Ich habe genug Mitarbeiter«, stammelte dieser.
» Geht«, befahl Pivellius und klang nahezu verzweifelt. » Ich finde eine Lösung für dieses Problem, dessen seid gewiss.«
» Na schön.« Chamija starrte auf Jikesch hinunter, in dessen Kopf sich partout kein lustiger Gedanke formen wollte. » Vielleicht könnte ich Euch ja als Närrin dienen, wenn kein Bedarf an Schreibern besteht?«
Der König nickte dem Wächter zu, der Chamija vorsichtig am Ärmel zupfte.
» Vergesst es nicht!«, rief sie noch, » Ihr habt es versprochen!«
Alle drei Männer atmeten auf, als die Tür hinter der Tijoanerin zufiel. Findun wischte sich den Schweiß von der Stirn.
» Wenn Tijoa Yan so schnell erobert wie dieses Mädchen mein Schloss, dürfte der Krieg bald vorüber sein«, sagte der König.
Das hätte meine Rede sein sollen, dachte der Narr frustriert. Was ist bloß mit meinem Kopf passiert? Er war viel zu beunruhigt, um sich auf seine eigentliche Aufgabe zu konzentrieren. Diesem Mädchen war nicht zu trauen – nichts würde Jikesch vom Gegenteil überzeugen. Am meisten bereitete ihm Sorgen, dass Linn in Chamija neuerdings ihre beste Freundin sah.
Er überließ den König und seine neuen Steuerpläne dem Schreiber und machte sich unbemerkt aus dem Staub.
» Wo ist sie hin?«
Er musste den Posten an der Tür nicht erklären, wen er meinte. Die Männer wiesen quer durch die Halle. » Da hast du dir aber etwas vorgenommen!«, rief einer ihm noch nach, als der Narr durch die Gänge eilte.
Jikesch wünschte sich, er hätte sie früher gefunden, bevor sie an diese Tür geklopft hätte.
» Aufmachen! Na los, macht endlich auf! Ihr seid doch da drin?«
Fassungslos kam er dazu, als Chamija eine unscheinbare Tür in einem abgelegenen Trakt des Schlosses mit den Fäusten bearbeitete.
» Das ist doch sein Zimmer?«, fragte sie und drehte sich zu ihm um.
» Wessen?«, fragte der Narr und kam vorsichtig näher.
» Die Stube des Schreibergehilfen.« Chamija stemmte die Hände in die Hüften. » Nival heißt er. Findun hat fünf von ihnen, bei den anderen war ich schon. Keiner will meine Hilfe annehmen. Das ist ungerecht – habe ich etwa verlangt, geheime Protokolle sehen zu dürfen? Ich will nur eine Feder zwischen den Fingern spüren, glatte Buchseiten unter der Haut … Was ist?«
» Bei Barradas«, murmelte Jikesch und betrachtete sie feindselig. » Eure zierlichen Fingerchen sind zu zart, um die starren Buchstaben von Gesetzen zu meißeln. Wozu eignen sie sich besser – um einem Huhn den Hals umzudrehen?«
Chamija starrte zurück. » Du bist der Narr des Königs.«
» Närrischer und königlicher als ich ist wahrlich niemand.« Jikesch verbeugte sich.
» Hm.« Sie musterte ihn unverhohlen, während sie beim Nachdenken ihre Stirn in Falten legte und ihr niedliches Näschen rümpfte. » Ich nehme an, du bist recht schlau, anders könntest du mit dieser Aufgabe nicht lange überleben. Du siehst Dinge, die anderen nicht auffallen, hab
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