Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
unterirdische Reich?«
Sie war kurz davor, ja zu sagen.
Aber sie war eine Drachenjägerin. Wie konnte sie mit ihrer Beute gemeinsame Sache machen? Sie brauchte keine Geheimnisse, mit denen sie die Welt aus den Angeln heben konnte. Das, was sie sich immer gewünscht hatte, waren ein Platz in der Mühle, der Wald und der Bach und dass Yaro auf sie wartete.
» Ein Freund hat mir gesagt, dass man nicht kämpfen kann mit Zweifeln im Herzen, und das ist wahr«, sagte sie schließlich. » Mein Herz ist voller Fragen und Zweifel, voller Sorgen und Bedenken. Ich will nicht mit dir gehen, Gah Ran, und mich einer Sache verschreiben, die ich nicht durchschaue. Das war vielleicht das Ziel meines Vaters, aber es ist gewiss nicht meins. Vielleicht habe ich lange genug für ihn gelebt und dabei meine eigenen Wünsche vergessen.«
» Deine eigenen Wünsche«, knurrte er, und so, wie seine Macht größer war als alles, war auch seine Bitterkeit größer als jede andere, die ihr jemals begegnet war.
» Wirst du mich aufhalten, wenn ich nach Hause gehe? Es ist Zeit für mich heimzukehren. Allerdings …« Sie zögerte. » Werde ich dort jemals willkommen sein, wenn man herausfindet, dass ich nicht nur eine Drachenjägerin bin, sondern auch magisches Blut habe? Vielleicht sollte ich …«
» Nach Tijoa gehen?«, fragte Gah Ran.
» In der Tat«, sagte Linn steif. » Daran habe ich durchaus gedacht. Hast du das auch mit angehört? Natürlich. Du warst ja immer dabei, bei den persönlichsten Gesprächen mit meinen Freunden.«
Gah Ran schwieg lange. » Weißt du, was du da im Gesicht trägst?«, fragte er schließlich. » Du musst es doch wissen!«
» Verzauberte Schlangenhaut«, antwortete Linn. » Na und? Scharech-Par hat mir den Wunsch eingegeben, nach Tijoa zu gehen, auch das weiß ich. Vielleicht ist das gar nicht mal das Dümmste für jemanden wie mich. Was hält mich denn jetzt noch in Schenn? Ich bin gerade verbannt worden, wie du weißt.«
» Schlangenhaut?« Gah Ran lachte bitter. » Seit wann trägt Schlangenhaut Magie in sich?«
» Das stammt nicht von einem Drachen. Es ist weich und schön und hat nichts, aber auch gar nichts mit Hörnern und Schuppen zu tun.«
» Deine Kette schützt dich vor Angriffen, aber nicht vor Zauber«, sagte er. » Du hast die Maske freiwillig angenommen und liebst sie auch noch, obwohl du weißt, was sie in dir bewirkt! Auch das ist ein Zauber, ob du es wahrhaben willst oder nicht. Was du da trägst, ist Drachenhaut, Linn.«
» Aber …«
» Die Haut eines Drachen«, sagte er leise. » Wie kann sie weich und jung sein? Sie stammt von dem seltensten Drachen überhaupt, einem Drachen, wie du ihn nie kennengelernt hast und auch nie kennenlernen wirst. Sie waren immer so selten, dass sie das Kostbarste waren, was unser Volk besaß. Kinder.«
» Was?«, fragte Linn erschrocken.
» Die Trophäe eines Drachenjägers, der keinerlei Skrupel kannte. So weich auf deinem Gesicht … es muss ein sehr kleiner Drache gewesen sein. Einer der letzten unserer Art. Wir können uns nicht mehr vermehren, seit dem Fluch. So endete das letzte Drachenkind … um dir den Ruf eines Zauberers zu übermitteln.«
Ihr Herz schmolz, während sie ihr Gesicht befühlte.
Lass den Sturm hinter dir. Die Fragen. Den Kummer. Ich warte auf dich.
» Du willst der Entscheidung also ausweichen«, sagte der Drache schließlich. » Gut, tu das. Aber glaub mir, irgendwann wirst du sie treffen müssen.«
Er bewegte die Flügel, um sich in die Luft zu schwingen, und sie wusste nicht, ob sie traurig war oder erleichtert, als er verschwand. Als sie zu Apfelblüte zurückkehren wollte, fand sie nur noch den zerrissenen Strick vor.
Es war deprimierend, dass sogar Pferde besser wussten, wovor sie sich fürchten mussten, als sie.
28
Jikesch hockte auf dem kalten Marmorboden und malte mit einem Stück Kreide das Muster nach. Es war wichtig, beschäftigt zu wirken, auch wenn er angestrengt zuhörte.
» Wir können unser Bündnis mit Wellrah nicht erweitern«, sagte Arian gerade. » Ich will die Verlobung mit Prinzessin Daressia auflösen, Vater.«
Er marschierte mit finsterem Gesicht durch den Saal, nahm hier eine Vase von einem Podest, zupfte dort an einem Vorhang herum, hob Äpfel und Orangen aus einer silbernen Schale und legte sie wieder hinein, unruhig, ungeduldig; seine Schritte versetzten den Boden in Schwingungen. Währenddessen stand der König ruhig da, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und blickte aus dem
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