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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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die Suche nach Rais gehen zu lassen. Nur sie allein wird das Rätsel, das Nihals Leben umgibt, lösen können.«
    Dagon dachte über die Worte der Zauberin lange nach. »Nun gut«, sagte er dann, »ich werde deinen Schüler von allen Ratsmitgliedern, mich eingeschlossen, prüfen lassen. Und nur wenn ihn alle einstimmig für geeignet halten, soll er uns willkommen sein. Was dich betrifft, so bleibt mir nichts anderes übrig, als, wenn auch schweren Herzens, deiner Bitte zu entsprechen: Betrachte dich hiermit als von allen Pflichten entbunden.« Noch am selben Nachmittag begannen für Sennar die Prüfungsgespräche. Erst zwei der Ratsmitglieder hatten ihn examiniert, und dennoch war er am Abend völlig erschöpft. Sie hatten ihn zu seiner Herkunft befragt, zu seinen Erwartungen und Zielsetzungen. Vor allem aber waren seine in monatelangen einsamen Studien erworbenen Kenntnisse durchleuchtet worden. Mit Zaubern aller Art hatte er seine magische Begabung unter Beweis zu stellen. So war er also todmüde nach Hause gekommen, doch auch in dieser Verfassung dachte er an seine Freundin und hatte ihr mit letzten Kräften, bevor er erschöpft auf sein Lager sank, diesen Brief geschrieben und mit einem Zauber den jungen Falken zu ihr ausgesandt.
    Auch die nächsten drei Tage waren für die beiden sehr hart.
    Sennar wurde weiter pausenlos befragt und geprüft, während Nihal auf dem Kopf der Statue hockte und sich dabei hin und wieder sogar gegen Pfeile wehren musste, die die Wachen auf sie abschössen. Mittlerweile tat ihr jeder einzelne Knochen im Leibe weh, aber sie hielt durch: Sie war entschlossen, ihr Ziel zu erreichen, und der Preis, den sie dafür zu bezahlen hatte, interessierte sie nicht.
    In Makrat hatte sich die Neuigkeit schnell herumgesprochen: Ein junges Mädchen mit blauen Haaren und seltsam spitzen Ohren habe sich aus Protest gegen Raven hoch oben auf einer Statue niedergelassen, und niemandem gelinge es, sie von dort herunterzuholen. Und ebenso rasch hatte sich auf dem Platz vor der Akademie eine Schar Neugieriger eingefunden, die dieses bizarre Schauspiel mit eigenen Augen miterleben wollten.
    Am vierten Tage schien Bewegung in die festgefahrene Situation zu kommen. Gegen Mittag bahnte sich Raven persönlich, in vollem Pomp und sein unvermeidliches Hündchen im Arm, einen Weg durch die Menge und hielt Einzug in den Saal.
    »In Anerkennung deiner Beharrlichkeit habe ich beschlossen, dir deinen Willen zu erfüllen. Morgen früh sollst du in der Kampfbahn der Akademie auf die Probe gestellt werden. Und nun komm herunter. Das ist ein Befehl.«
    Nihal verzog keine Miene: »Wie lauten die Bedingungen?«
    »Du musst zehn unserer besten Schüler im Zweikampf besiegen. Alle zehn. Keinen weniger.«
    Ein Raunen ging durch die Menge: Das war ein unmögliches Unterfangen. Doch die Halbelfe reagierte anders als erwartet: Behände kletterte sie von der Statue hinunter, baute sich vor Raven auf und blickte ihm fest in die Augen. »Einverstanden. Doch schwört mir zuvor im Angesicht all dieser Leute, dass ich, sollte ich sie wirklich alle besiegen, als Schüler aufgenommen werde.«
    Raven lachte höhnisch. »Darauf gebe ich dir mein Wort.«
    Den Nachmittag verbrachte Nihal allein in der Kammer ihrer Herberge. Sie lag auf dem Bett, das Schwert neben sich, und starrte an die Decke. Es war ihr nicht danach, sich vielleicht Makrat anzusehen, gern aber hätte sie sich ein wenig mit Sennar unterhalten. Doch der Magier steckte immer noch in seinen Prüfungen.
    Lange dachte sie an den nächsten Tag. Auch Fen würde bei den Zweikämpfen anwesend sein und danach endlich aufhören, in ihr ein kleines Mädchen zu sehen. Dann holte sie wieder einmal die Pergamentrolle mit der Zeichnung hervor und betrachtete sie so eingehend, bis sie das Gefühl hatte, Teil der dargestellten Szene zu sein. Wie sehr wünschte sie sich, einen anderen Halbelf zu treffen, um gemeinsam das von ihrem Volk hinterlassene Erbe zu tragen. Wie gern hätte sie gewusst, wie ihre Vorfahren gelebt hatten, ob sie so liebten und litten wie sie selbst.
    Noch nie im Leben hatte sie sich so einsam gefühlt. Es war entsetzlich zu wissen, dass von ihrem Volk nicht mehr erhalten war als dieses zerschlissene Pergament, sowie sie selbst, ein ganz auf sich allein gestelltes Mädchen in einem fremden Land.
    Ihre Träume riefen sie zur Rache auf, zum Krieg, vor allem aber zum Hass. Und Nihal hasste: Sie hasste den Tyrannen, der ihren Stamm ausgelöscht hatte, sie hasste die Fammin,

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