Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
akzeptieren.«
Schmollend ließ sich Nihal auf einen Stuhl fallen. »Dann gibt mir wenigstens ein Schwert ...«
»Ein Schwert? Ist es denn meine Schuld, dass du den Dolch verloren hast, den ich dir gab? Das nächste Mal wirst du besser auf deine Geschenke achten.«
»Aber es war doch schon so mühsam, ihn überhaupt zu bekommen! Außerdem besitzt du so viele Schwerter, dass ...«
Mit einer Handbewegung gebot ihr Livon zu schweigen. Seine Miene war ernst. »Jetzt ist Schluss. Von dieser Geschichte will ich nichts mehr hören, verstanden?« Und Nihal verfiel in ein abweisendes Schweigen, während ihr erneut Tränen der Wut über die Wangen rannen.
Die ganze Nacht lag sie grübelnd wach. Auch wenn die Niederlage noch so schmerzte, konnte sie sich vor allem nicht verzeihen, dass sie in Tränen ausgebrochen war. Unruhig warf sie sich in ihrem Bett hin und her. Das Verlangen, diese Schmach zu tilgen, ließ ihr keine Ruhe. Am liebsten wäre sie aus dem Bett gesprungen, um sich auf die Fersen dieses Burschen zu heften. Sie hätte ihn aufgespürt, wo auch immer er sich verkriechen mochte, und wenn sie dazu bis ans Ende der Welt hätte gehen müssen. Während sie noch im Geiste die verschiedensten Rachepläne durchspielte, kam ihr ein Gedanke: Letztendlich zeigte diese ganze unselige Geschichte doch nur, dass sich ein Krieger, zumindest ein wenig, auch in den magischen Künsten auskennen sollte. Daher wäre es wohl ratsam, so überlegte sie, sich auch einmal mit Zauberei zu beschäftigen. Eigentlich hatte die Magie noch nie Nihals Interesse wecken können. Die Faszination, die von einem Schwert ausging, war für sie immer weitaus fesselnder als jene schwer fassbare eines gelungenen Zaubers. Nun aber hatte sie erleben müssen, dass solche Fähigkeiten durchaus von Nutzen sein konnten. Zudem wäre es ihr eine ganz besondere Genugtuung gewesen, diesen Schuft mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Nihal hatte die Szene bereits vor Augen: Sennar, wie er sich in den Fesseln irgendeines von ihr herbeigeführten Zaubers wand, wie er sie um Gnade anflehte und ihr reumütig den ergaunerten Dolch reichte ...
Ja, so würde sie es machen. Mochte es vielleicht auch Jahre dauern, bis sie zaubern konnte, darauf kam es ja nicht an. Selbst nach einem Jahrhundert würde es sich noch lohnen, diesen Burschen aufzuspüren und ihm alles heimzuzahlen.
Jetzt galt es nur, einen Magier zu finden, der bereit wäre, sie als Schülerin aufzunehmen. Sie selbst kannte keinen, aber bei all den Leuten, die in der Werkstatt ein und aus gingen, musste Livon doch jemanden kennen, der es übernehmen würde, sie in diese Künste einzuweihen.
Am folgenden Morgen teilte Nihal diesen Entschluss ihrem Vater mit. Der zeigte sich keineswegs begeistert.
»Warum entfachst du solch einen Wirbel wegen dieser Lausbubengeschichte? Ich habe dir doch gesagt, man muss auch mal verlieren können, und je eher du das lernst, desto besser für dich.« »Hier geht es um keine Lausbubengeschichte«, erwiderte Nihal gekränkt. »Ich möchte doch wirklich ein Krieger werden, ein großer Krieger, und dazu muss man offenbar auch zaubern können. Was kostet es dich, mir jemanden zu nennen, der mich darin unterrichten könnte?«
»Ich kenne eben niemanden«, versetzte Livon ungeduldig und hoffte, dass die Sache damit aus der Welt sei.
Aber so leicht gab sich Nihal nicht geschlagen. »Das glaube ich nicht. Ich weiß doch, dass du hin und wieder auch Waffen mit magischen Eigenschaften verkaufst. Von irgendjemandem müssen diese Zauber ja kommen.«
Auf diese Weise mit unleugbaren Tatsachen konfrontiert, wurde Livon noch zorniger,- er schlug mit der Faust auf die Tischplatte und schrie:
»Verdammt, mir passt es eben nicht, dass du dich mit Zauberei befasst!« »Aber warum denn?«
»Darüber bin ich dir keine Erklärung schuldig«, versetzte er knapp und verfiel in ein mürrisches Schweigen.
»Wenn du mir nicht helfen willst, so suche ich mir eben selbst jemanden.« »Da wirst du in Salazar kein Glück haben.«
»Dann suche ich eben in einer anderen Turmstadt. Es schreckt mich nicht, auf Reisen zu gehen.«
»Ach, mach doch, was du willst. Geh nur!«, schrie Livon wieder.
Nihal spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten. Nicht nur, weil sie nach jahrelangem friedlichem, ja glücklichem Zusammenleben nun zum ersten Mal wirklich in Streit geraten waren. Nein, es war ebenso die Enttäuschung, nicht verstanden zu werden, und das ausgerechnet von Livon, von dem sie immer
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