Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
Was ist, begleitest du mich?«
Der Drache senkte den Kopf, um sie aufsitzen zu lassen.
»Was würde ich bloß ohne dich anfangen«, sagte Nihal mit einem Lächeln.
Draußen schwangen sie sich in die Lüfte und flogen in geringer Höhe Richtung Norden über den Wald, der im Licht des Sonnenuntergangs eine noch dunklere Tönung annahm, während am flammend roten Himmel nur die Rufe der Vögel und Oarfs rhythmisches Flügelschlagen zu hören war.
Nihal hielt den Blick fest auf den Boden gerichtet. Unter sich sah sie ein dichtes Netz von Wasserläufen, regelmäßige Baumreihen und wucherndes Gestrüpp dazwischen. Sie erkannte auch die Felswand wieder, in deren Höhle die Banditen Laio gefangen gehalten hatten. Hoch konzentriert schaute sie unablässig hinunter, bis sie endlich den Ort gefunden hatte, den sie suchte. Eine grasbewachsene Lichtung, umgeben von einem Rund aus Bäumen mit hohen Kronen, in deren Mitte ein mächtiger Felsblock stand.
Dicht bei diesem Felsen ließ sie Oarf landen und stieg ab, immer noch ein wenig mühsam wegen ihrer noch nicht ganz verheilten Wunden.
Sie blickte sich um. »Du wirst ihm begegnen, ohne ihn suchen zu müssen«, hatte die Nymphe gesagt. Bei dem Felsen setzte sie sichins Gras, während Oarf sie mit fragender Miene anblickte. Die Sonne verschwand am Horizont, und langsam brach die Dunkelheit herein, doch von Megisto keine Spur.
Nihal wäre wohl eingeschlafen, hätte nicht der Zorn an ihr zu nagen begonnen. Zwar hatte sie noch nie gehört, dass Nymphen gerne Streiche spielten, aber immer stärker wurde der Verdacht, dass dieses Geschöpf sie zum Narren gehalten hatte.
Dann, mit einem Male, als der erste Strahl des Mondes über das Gras huschte, schien der Fels, vor dem sie lag, kaum merklich zu vibrieren. Nihal blinzelte einige Male, weil sie glaubte, sie müsse sich getäuscht haben, doch genau in diesem Moment zeichneten sich ganz langsam und lautlos auf dem Fels ein Gesicht, ein Rumpf, die Gliedmaßen und schließlich die ganze Gestalt eines Mannes ab.
Im silbernen Mondlicht vollendete der Fels seine Verwandlung und verformte sich zu einem gebrechlichen Alten, mit einem von tiefen Runzeln zerfurchten Gesicht, einem außerordentlich langen schlohweißen Bart und schweren Ketten an Knöcheln und Handgelenken. Nihal hielt den Atem an. Sie kannte diesen Mann: Er hatte sie vor den Banditen gerettet und gesund gepflegt. Der Alte aus der Höhle war Megisto.
20. Abstieg zur Hölle
Der Alte lächelte Nihal an. »Kompliment für die Fallen -solch einen Einfallsreichtum hätte ich dir gar nicht zugetraut. Ich nehme an, du hast deinen Freund befreien können ...« Nihal hatte es den Atem verschlagen: Die Vorstellung, sich tagelang in den Händen eines Gefolgsmanns des Tyrannen befunden zu haben, ließ ihr die Haare zu Berge stehen. »Megisto ...«, murmelte sie.
Der Alte lächelte sie weiter an. »Tja, Megisto, der Abtrünnige, der Verdammte, der berüchtigte Nymphenmörder ...« Nihal starrte ihn nur stumm an, während sich Megisto seelenruhig zu ihr in das Gras setzte. »Ich weiß auch nicht, wieso, doch irgendwie habe ich gespürt, dass wir uns wiedersehen würden. Nun? Bist du vielleicht gekommen, um es mir zu vergelten, dass ich dir das Leben gerettet habe«, fragte er ironisch.
Nihal schüttelte den Kopf.
»Das hab ich mir gedacht. Nun sag, was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?« Nihal war immer noch verstört, zwang sich aber, eine selbstsichere Miene aufzusetzen. »Ich weiß, dass du dich in der Magie des Tyrannen auskennst«, erklärte sie, während sie dem Alten ins Gesicht blickte. »Ich brauche deine Hilfe, um einen seiner Zauber zu bekämpfen.« Bei diesen Worten änderte sich Megistos Miene, und sein wohlwollender Blick wurde ernst. »Wozu?«
Nihal zögerte. »Weil ... weil ich ein Drachenritter bin und gegen seine Heere kämpfe.« Der Alte warf einen raschen Blick auf Oarf. »Wenn du nur deswegen gekommen bist, kannst du gleich wieder gehen. Ich habe nicht die Absicht, irgendetwas von den Dingen weiterzugeben, die mir dieses Schicksal eingetragen haben.«
Nihal legte den Umhang ab und saß nun in ihrer Kampfmontur mit dem schwarzen Oberteil und den ledernen Beinkleidern vor ihm. Das Schwert an ihrer Seite funkelte im Mondlicht. »Lass mich wenigstens die ganze Geschichte erzählen.«
Der Alte musterte sie. Nihal hasste es, wenn jemand sie auf diese Weise anstarrte. Nach einigen nicht enden wollenden Augenblicken zuckte er mit den Achseln. »Meinetwegen,
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