Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
zuhören kostet mich ja nichts«, seufzte er, während er die Beine übereinanderschlug und sie nun nachdenklich und erwartungsvoll anblickte.
Nihal erzählte ihm ausführlich die ganze Geschichte, von Dola, dessen Rüstung, die sich offenbar selbst reparierte, von der Lanze, die ihren eigenen Harnisch aus schwarzem Kristall durchschlagen hatte. »Er hätte mich umbringen können, Megisto«, schloss sie. Sie erwartete, dass der Alte etwas sagen würde, doch dieser schaute sie nur mit undurchdringlicher Miene an. »Kurz und gut, ich möchte wissen, wie ich ihn besiegen kann.«
Der Alte atmete tief durch. »Es tut mir leid. Da kann ich dir nicht helfen.«
»Kannst du nicht, oder willst du nicht?«
»Warum möchtest du diesen Mann besiegen?«, fragte Megisto zurück.
»Was für eine Frage! Weil er ein Feind ist. Der Anführer des Heeres, gegen das ich kämpfe.« »Warum möchtest du diesen Mann besiegen?«, fragte Megisto, ungeachtet ihrer Antwort, noch einmal.
Nihal verlor die Geduld. »Das hab ich doch gerade gesagt! Weil ich ein Drachenritter bin!«.
»Nein, was dich treibt, ist etwas ganz anderes«, erwiderte Megisto und schüttelte den Kopf »Du willst dich rächen, Nihal.«
»Für mich ist er ein Feind wie alle anderen! Ich ...« »Du willst ihn um Gnade flehen hören«, unterbrach er sie. »Das ist nicht wahr.«
»Und wenn er verwundet zu deinen Füßen liegt ...« »Nein!«
»... willst du ihm die Kehle durchschneiden und zusehen, wie sein Blut den Boden tränkt. Und wenn er dann tot ist, wirst du lachen und dich aalen in dem Gefühl, dass deine Rache nun vollendet ist.«
»Nein, so ist es nicht!«, schrie Nihal.
»Lüg mich nicht an!«, wies der Alte sie mit tönender Stimme zurecht.
Nihal erwiderte nichts, sah ihn nur aus großen Augen und mit verlorenem Blick an. Als der Alte wieder zu sprechen anhob, klang seine Stimme ernst und feierlich. »Ich weiß, du handelst in gutem Glauben, Nihal. Ja, das weiß ich. Doch in deinem Herzen schlummert eine Bestie. Auch wenn sie jetzt ruht, ihr Schlaf ist leicht, glaub mir. Läge dieser Mann vor dir im Staub, würde diese Bestie erwachen und dein Herz zerfressen.«
»Ich hab mich geändert ...«, murmelte Nihal, fast so, als spreche sie zu sich selbst. »Ich weiß, was dich umtreibt«, fuhr der Alte fort, »ich kenne deine Qual. Dieser Bestie, die auch in dir schlummert, habe ich es zu verdanken, dass ich in diesem Wald in Ketten leben muss.« Er hob die Arme und ließ die schweren Eisenketten klirren. »Vor vielen Jahren war ich ein Zauberer, ein mittelmäßiger Zauberer, der sich in erster Linie mit Geschichtsschreibung beschäftigte. Eines Tages fügte mir ein Mann schweres Leid zu. Und damit wurde Rache zu meinem einzigen Daseinsgrund, Rache für die Menschen, die dieser Mann mir genommen hatte. Ich wagte mich an verbotene Zauber und schloss mich dem Tyrannen an, der mich mit großer Macht ausstattete. Mit dem gleichen Eifer, mit dem ich zuvor die Geschichte unserer Welt studiert hatte, lernte ich nun all die verbotenen Formeln, bis mir keine mehr fremd war. Dann kam die Zeit des Wartens. Ich wartete auf den Tag, da ich mich rächen würde, und genoss bereits den Vorgeschmack auf den Augenblick, da ich diesen Mann von meiner Hand würde sterben sehen. Oh, was habe ich diesen Moment herbeigesehnt! Und der Tag kam. Als ich ihn tötete, sang mein Herz vor Freude. Doch nur kurz, dann war die Melodie verklungen. Mein Zorn jedoch legte sich nicht und ließ sich nicht mehr besänftigen. Blut ist wie Ambrosia, Nihal, das weißt du: Hast du einmal davon gekostet, willst du immer mehr. So tötete ich weiter, und jedes Mal, wenn ich die Magie dazu nutzte, um Leben zu vernichten, wurde diese zerstörerische Kraft noch stärker. Denn dies ist ihre Natur. Ich tötete für den Tyrannen, und ich tötete für mich. Erst den Nymphen gelang es, meinem Tun Einhalt zu gebieten.« Der Alte hob die Augen zum Himmel, die sich für einen kurzen Augenblick durch den Widerschein des Mondes aufhellten. »Ich wurde gefangen genommen, und ein Magier des Rates belegte mich mit diesem Siegel. Mein Schicksal ist es nun, ein Fels zu sein und nur nachts ein Leben als Mensch führen zu dürfen.«
»Warum hast du denn nicht die Nacht genutzt, um zu fliehen?«, wollte Nihal wissen. »Das habe ich versucht. Über Jahre hinweg. Aber so weit ich diesen Wald auch hinter mir ließ, mit den ersten Sonnenstrahlen fand ich mich jedes Mal versteinert auf dieser Lichtung wieder.« Der Alte ließ ein
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