Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
in die Scheide. »Sollen andere über dein Schicksal entscheiden, Elender«, sagte sie mit kaum vernehmbarer Stimme.
Dola sah sie aus schmalen Augen an. »Du machst einen großen Fehler, Halbelfe ...» Langsam erstarben seine Worte, während ihm die Augen zufielen.
22. Idos Geheimnis
Die Taktik, Dola abzulenken und so den eigenen Truppen die Gelegenheit zum Angriff zu geben, hatte sich als erfolgreich erwiesen. Es waren schwere Kämpfe, doch die Schlacht endete mit einem Sieg der freien Länder. Im Morgengrauen war das Lager im Erz-Wald zurückerobert. Während am Boden die Schlacht wütete, hatte Laio von der Anhöhe aus dem Zweikampf zwischen Nihal und Dola beigewohnt. Er hatte beobachtet, wie sich Oarf und der schwarze Drache am Himmel ineinander verbissen, hatte Nihals Schmerzensschreie gehört. Bei jeder Wunde, die seiner Freundin zugefügt wurde, schloss er die Augen, und er jubelte laut, wenn deren Schwert die Rüstung des Gnomen durchschlug. Als er dann miterlebte, wie Nihal mit Dola und den beiden Drachen vom Himmel stürzte, war er mir rasendem Herzen zum Kommandanten gerannt.
Als der Suchtrupp Nihal, bewusstlos und voller Blut, ins Lager zurückbrachte, machte sich betroffene Stille breit. Gleich hinter ihr schleiften vier Soldaten den in Ketten liegenden und verwundeten Dola hinter sich her.
Der Feldmagier, der Nihal pflegte, wich den ganzen Tag nicht von ihrer Seite, und erst am Abend des nächsten Tages wagte er die Prognose, dass das Schlimmste wohl überstanden sei. Nihal hatte später keinerlei Erinnerung mehr an die Zeit, die sie auf der Pritsche im Lazarettzelt verbracht hatte. Noch nicht einmal Träume, die ihr das Gefühl hätten vermitteln können, noch am Leben zu sein, suchten sie heim. Es war alles genau so, als wäre sie tot gewesen: Finsternis und Leere, überall. Als man ihm meldete, dass Nihal schwer verwundet sei, trieb Ido seinen Vesa an und flog schneller als der Wind zu ihr. Er und Laio wechselten sich an ihrem Krankenlager ab, wachten Tag und Nacht bei ihr, warteten unverzagt auf den Moment, da sie die Augen aufschlagen würde. »Er ruft immer noch nach dir, Ido.« »Ich weiß.«
»Aber stimmt das denn? Ich meine, stimmt das, dass er ...« »Sei still, Laio. Sei still.« Ganz langsam öffnete Nihal die Lider, und aus der Dunkelheit tauchten zwei undeutliche Gestalten auf.
Sie hörte, dass man sie ansprach. »Nihal! Nihal, bist du wach?« Laio .. . Sie zwinkerte ein paarmal, und die über sie gebeugten Gesichter waren nun besser zu erkennen. Laios Haar war zerzaust, und seine Miene wirkte erschöpft. Ido lächelte. Nihal versuchte, dieses Lächeln zu erwidern, aber sie hätte nicht sagen können, ob es ihr gelang.
»Ich bin stolz auf dich«, murmelte Ido.
Plötzlich erinnerte sich Nihal an jede Einzelheit.
Ja, das war sie selbst auch.
Solange sie im Lazarettzelt lag, empfing Nihal ständig Besuch. Als einer der Ersten suchte sie der Kommandant auf, der ihre eine offizielle Anerkennung für ihre Heldentat versprach. Dann begann die Prozession ihrer Kameraden, und Nihal kam nicht umhin, wieder und wieder zu erzählen, wie sie den gefürchtetsten Krieger des Tyrannen besiegt hatte. Auch wenn sie sich geschmeichelt fühlte durch all die Glückwünsche und Komplimente – die Rolle der Heldin des Tages brachte sie doch in Verlegenheit.
Ido hingegen ließ sich nur selten sehen, und wenn er sie aufsuchte, blieb er nie lange. In gewisser Weise war Nihal sogar erleichtert darüber. Sie hatte nicht vergessen, mit welcher Waffe sie Dola besiegt hatte, und auch nicht, welche Beweggründe sie geleitet hatten. Gewiss, sie hatte ihn nicht getötet und sich an den Megisto gegenüber geleisteten Schwur gehalten. Ihr Ziel war erreicht. Doch nun? Nach zehn Tagen Bettruhe konnte sie, mit Krücken, die ersten Schritte tun. Sie verließ das Zelt und legte eine Runde durch das Lager zurück.
Die Sommersonne war warm und streichelte ihre Haut. Nihal fühlte sich fast wie zu Hause. Es kam ihr so vor, als kenne sie diese Sonne: Es war eben jene, die ihre freie, ungebundene Kindheit in der Turmstadt Salazar beschienen hatte.
Als Erstes drängte es sie zu Oarf. Als sie ihn erblickte, wie er auf einer Wiese am Rand des Lagers kauerte, mit seiner noch nicht verheilten großen Wunde am Flügel, zog es ihr das Herz zusammen.
Sie humpelte auf ihn zu. »Wir haben es geschafft, mein Freund, wir haben es geschafft«, murmelte sie. Sie streichelte ihm über die Schnauze, und der Drache leckte ihr die Hand.
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