Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
ihn auszulachen mit ihrem grimmigen Lächeln. Sennar verstand nicht viel von der Seefahrt, aber dieses Schiff fand er herrlich. Kam der Magier morgens an Deck, stand der Kapitän bereits am Bug, ließ sich den Wind um die Nase wehen und genoss den Anblick, wie sein Gefährt federleicht übers die Wogen glitt. Sennar war fasziniert von diesem Mann, ja, die ganze Schiffsbesatzung hatte etwas, das ihn anzog. Der Erste, mit dem sich Sennar anfreundete, war der blonde Junge. Er hieß Dodi und war der Schiffsjunge an Bord. Der Fünfzehnjährige fuhr seit seinem zehnten Lebensjahr zur See und war der uneheliche Sohn eines Mitglieds der Mannschaft. Sein Vater, der ebenfalls zur Mannschaft zählte, hatte früher nichts von ihm wissen wollen, sich aber nach dem Tod von Dodis Mutter dazu durchgerungen, ihn mit an Bord zu nehmen.
Da Sennar sich einfach nicht an das Rollen des Schiffes gewöhnen konnte, hatte Dodi es sich zur Aufgabe gemacht, den Magier von seiner ständigen Übelkeit zu kurieren. »Mir ging es am Anfang ganz genauso. Aber keine Sorge: Versuchs mal mit einem schönen Salzhering, und du wirst sehn, bald bist du den flauen Magen los.«
Der Magier aber schien gegen alle Mittel resistent zu sein. Schiffszwieback, altbackenes Brot, Sardinen, Trockenfleisch: Nichts schien die Übelkeit lindern zu können.
Eines Abends schließlich gab Dodi auf. »Bei allen Meeresgöttern! Was soll man da machen? Es hat einfach keinen Sinn! Aber, hör mal, du bist doch Zauberer - warum hilfst du dir eigentlich nicht selbst?«
Sennar bewegte den Kopf gerade so viel, dass er den Jungen schief anblicken konnte. Mehr schaffte er nicht, so schlecht, wie er sich fühlte.
»Wenn ich das könnte, hätte ich das wohl längst getan!«
Dodi starrte ihn mit großen Augen an. »Das ist doch nicht zu fassen! Ein Magier soll so ein lächerliches Problem nicht in den Griff bekommen?«
Obwohl ihm nicht danach war, setzte Sennar zu einer Erklärung an. »Das hat mit Können gar nichts zu tun. Die Sache ist doch ein wenig komplizierter. Zu zaubern kostet jede Menge Energie.« Sennar unterdrückte einen erneuten Brechreiz und verfluchte im Geiste alle Wellen des Ozeans. »Zaubert man in gesunder, ausgeruhter Verfassung, kann einem nicht mehr passieren, als dass man irgendwann einfach nicht mehr kann. Ähnlich wie bei einem Dauerlauf, verstehst du?« »Oder wie wenn man das ganze Deck vom Bug bis zum Heck geschrubbt hat«, kicherte der Schiffsjunge.
»Ganz genau.« Sennar lächelte und wartete wieder einen Moment, um das Rumoren in seinem Magen zu beruhigen. »Aber wenn es einem ohnehin schon nicht gut geht, bewirkt man mit Zaubern nur, dass es einem noch schlechter geht. Allerhöchstens kann man versuchen, den Heilprozess einer schon halb geschlossenen Wunde zu beschleunigen. Aber mehr ist nicht drin. Kurzum, im Augenblick bin ich als Magier außer Gefecht gesetzt.«
»Und ich dachte immer, Magier seien widerstandsfähiger.«
Sennar schüttelte den Kopf. »Warum eigentlich? Ermüden Krieger auf dem Schlachtfeld vielleicht nicht? Siehst du, und ebenso ergeht es uns Magiern. Und außerdem kommt es auch auf den Zauber an. Schweben zum Beispiel ist furchtbar anstrengend. Lasse ich hingegen eine ganze Nacht lang ein Feuerchen brennen, fühle mich am Morgen bloß ein wenig schwach. Klar: Je besser und mächtiger ein Zauberer ist, desto länger bleibt er bei Kräften. Aber irgendwo haben wir alle unsere Grenzen. Schwierige Zauber verlangen ein hohes Maß an Energie, auch von Magiern, die ...« Sennar brach plötzlich ab und schloss die Augen. Ein weiteres Wort, und er hätte noch das wenige erbrochen, das er zu sich genommen hatte.
»He, Magier ..., bist du noch bei dir?«, fragte Dodi.
»Ja. Es geht schon.«
»Aber sonst, abgesehen von der Erschöpfung«, ließ der Junge nicht locker, »könnt ihr doch alles tun, was euch in den Sinn kommt, oder?«
»Nein, eigentlich nicht. Kennst du den Unterschied zwischen den Zaubern des Rates der Magier und denen des Tyrannen?«
Dodi schüttelte den Kopf.
»Nun, die Zauber des Rates, die als einzige erlaubt sind, beruhen auf der Fähigkeit, mit den eigenen Kräften auf die Natur einzuwirken. Deswegen sind Magier Weise: Sie müssen die Naturgesetze kennen, um sie mit ihren Zaubern zu verstärken und in die gewünschte Richtung zu lenken. Das heißt, ein guter Magier verstößt nicht gegen die natürliche Ordnung, sondern nutzt die Natur, um sein Ziel zu erreichen. Und das ist eine schwierige Kunst.« »Was
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