Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
Daei’i zu haben. Daaria ließ einen Schrei los, als das übergroße, verzerrte Gesicht nur noch wenige Meter von den Turmzinnen entfernt auftauchte. Der Dämon hob seinen linken Arm und mit ihm den gewaltigen Morgenstern. Staer’cui stand wie betäubt da, unfähig sich zu rühren und Daaria schien es ebenso zu gehen. Jeden Moment würde der erbarmungslose Stahl der tödlichen Waffe auf sie herabsausen.
Im nächsten Moment spürte Staer’cui wie er nach hinten gerissen wurde. Als er nach dem Fall die Augen öffnete, sah er, dass Daaria neben ihm lag. Hal’feira hatte sich an ihnen vorbeigedrängt und stand nun Auge in Auge mit dem Arshak. Sie schrie das Ungeheuer mit einigen Worten an, die Staer’cui noch nie gehört hatte, dann holte sie aus und warf ihren Speer genau in den geöffneten Rachen des Wesens. Der Morgenstern des Ungeheuers sauste herab.
66. Hochzeitspläne
ie jammernde Stimme fing wieder an, den so oft wiederholten Satz zu sagen: „Ich will meinen Brei.“ Ketill bewunderte die Geduld der Bewohner des Hauses Gunnars. Gestern hatte er den Impuls verspürt, den Greis, der in der Milchkammer saß und den Kopf auf seine Hände stützte, während er seinen Klageruf ertönen ließ, von Eirik nach draußen tragen zu lassen. Die anderen aber schienen die nervigen Töne gar nicht mehr zu hören. Gunnar saß, wenn er abends nach Hause kam, einfach vor dem Kaminfeuer und rauchte Pfeife, seine zweite Frau Innhild knetete schweigsam an einem Brotteig, Bjarhi führte laute Selbstgespräche, während Sveia stickend in einem der Korbstühle saß und entweder aus dem mit Eisblumen verzierten Fenster blickte oder Ketill anschaute. Am vergangenen Abend war auch Svein gekommen, der ein Gespräch mit seinem Vater geführt hatte. Und der alte Mann saß die ganze Zeit über in der Milchkammer und wiederholte diesen einen Satz. Der alte Goste war wohl der Vater einer der Frauen von Gunnar. Ketill fand es bewundernswert, wie groß die Familie von Gunnar war und wie problemlos sämtliche Angehörige in den Haushalt mit eingebunden wurden.
Anfangs hatten Ketill, Sti kle und Eirik sich unwohl gefühlt, da sie so unmittelbar an dem Leben des größten Königs des Nordostens teilhaben durften, aber das Leben im Ormshof war so unspektakulär, dass Ketill sich zwingen musste, sich daran zu erinnern, dass er eigentlich ein Gefangener war.
Stikle hatte allerdings immer noch nicht aufgehört über alles und jeden zu schimpfen, d as oder der ihm über den Weg lief. Das Brot, die Bauweise der Häuser, das Bier war schlechter, die Frauen waren hässlicher, das Wetter war kühler und die Schwerter waren stumpfer in Drauhala – so sah es jedenfalls Ketills Vater und er war gewillt es jedem, der ihm über den Weg lief, wissen zu lassen. Am Nachmittag hatte Ketill eindringlich auf seinen Vater eingeredet, dass er doch die Regeln der Gastfreundschaft beachten möge, doch da Stikles Schimpftiraden sowieso von niemandem ernst genommen wurden, sah Ketill nun keine Veranlassung mehr, ihn vom Motzen abzuhalten. Er war auch keineswegs einer Meinung mit seinem Vater. Oftmals bewunderte er die architektonischen, kulinarischen und militärischen Leistungen der Drakinger und was die Frauen anging, da hatte Ketill einige Mühe seine „Bewunderung“ zu kaschieren. Es half ihm, wenn er an Eyvind dachte, der aufgrund seiner, Ketills, Dummheit gestorben war, damit er den Schönheiten aus Birkesund nicht hinterher starrte. Schwieriger gestaltete sich das Unterfangen allerdings im Umgang mit Gunnars Tochter, die offensichtlich einen Spaß daran fand, ihn aufreizend anzublicken oder ihn im Vorbeigehen zufällig zu berühren.
Des Öfteren hatte Ketill sich selb st dabei erwischt, wie er Sveia mit offenem Munde anstarrte. Jetzt lauschte er fasziniert ihrem Gesang, als sie bei der Arbeit eine Weise anstimmte. Er wünschte sich, an Bjarhis Stelle zu sein, der auf ihrem Schoß saß und von ihr umarmt und geküsst wurde. Stikle saß am Tisch und grummelte vor sich hin, Eirik war draußen und half dem Knecht beim Holzhacken. Nachdem Sveia ihren Halbbruder auf den Boden gesetzt hatte, sagte sie zu Gunnar, den Blick dabei nicht von Ketill abwendend: „Vater, wenn nun in naher Zukunft ein bestimmtes Ereignis stattfände, das meine Familienverhältnisse beträfe, dann bräuchte ich doch auch ein passendes Kleid, oder?“
Gunnar nahm die Pfeife aus seinem Munde und schaute seine Tochter lange an. Selbst Stikle, der die veränderte Atmosphäre im Hause
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