Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
eine andere Sache ihn zu töten.
Sie schüttelte sich und trieb ihrem Pferd die Sporen etwas zu hart in die Flanken, so dass es leicht zusammenzuckte bevor es stehenblieb. Sie hatte wieder einmal gewonnen und dieses Mal war sie entschlossen de Montplaissiere so sehr zu necken, dass er seine festen Hände würde benützen müssen, um ihr Einhalt zu gebieten. Es war ein wilder, aufregender Gedanke, doch immer wieder legte sich der Schatten ihrer Tat auf sie.
Hugues kam angeprescht und schwang sich , noch bevor sein Schimmel zum Stehen gekommen war, vom Sattel.
„Ihr habt schon wieder gewonnen, Mylady.“
„Natürlich, Teuerster, was glaubt Ihr denn?“
„Ich habe bisher geglaubt, dass es nicht ziemlich für eine Dame ist, so zu reiten wie ein Ritter.“
„Nun wisst Ihr auch weshalb. Sonst würde das ganze Königreich merken, dass Frauen besser reiten als Männer.“
Beim Lachen entblößte er seine weißen Zähne.
„Ihr schuldet mir einen Preis, Monsieur.“
Seine blauen Augen fixierten sie, als wollte er sie damit an Ort und Stelle festnageln.
„Nennt mir Euren Preis, ich bin bereit alles zu tun, Madame.“
Wie oft hatte sie sich genau diese Szene schon vorgestellt und erträumt. Alleine mit dem Mann i hres Herzens zu sein, fort von höfischen Intrigen, ihm ausgeliefert und doch eigentlich in Kontrolle. Sie wickelte mit dem Zeigefinger ihrer linken Hand eine Locke in ihr Haar.
„Breitet Euren Umhang aus, Monsieur, damit ich mich setzen kann.“
Ohne ein Wort zu verlieren tat er wie befohlen und eilte zu den Satteltaschen seines Hengstes. Dann zauberte er aus ihnen eine Trinkflasche und zwei Silberbecher. Er schenkte einen Becher ein und reichte ihn ihr.
„Mylady, eine kleine Erfrischung.“
Sie lachte auf. „Was habt Ihr vor, Monsieur?“
In dem Moment als sie es sagte, zogen die dunklen Wolken in ihrem Geist wieder auf. Was, wenn de Montplaissiere eigentlich gar nichts von ihr hielt? Wenn er sich die ganze Zeit nur lustig über sie gemacht hätte? Und nun im Auftrag eines oder einer anderen etwas anderes reichte als Wein? Was, wenn dieser Wein mit Gift angereichert worden wäre?
„Wollt Ihr nicht mit mir trinken?“, fragte sie ihn schüchtern. Er lachte ihr ein „Selbstverständlich“ entgegen, schenkte sich ein und stieß mit ihr an. Sie achtete darauf, dass er zuerst trank, dann setzte sie ebenfalls an. Nun war er es, der sie etwas verwirrt anschaute.
Er könnte das Gift auch schon im Becher gehabt haben, dachte sie.
„Mundet es Euch nicht?“
Sie lächelte ihn an, wollte nicht misstrauen, wollte, dass dieser Moment perfekt sein würde und so zwang sie sich zu lächeln.
„Ihr seid ein perfekter Gastgeber, der offenbar genau weiß, was eine Dame sich wünscht.“ Dann senkte sie den Blick.
„Meint ihr?“, hauchte er und beugte sich zu ihr herab.
Aber noch während er sie küsste, hatte sie wieder das kleine Fläschchen mit dem Gift vor ihren Augen, das sie auf dem Markt erstanden hatte.
21. Über den Berg
o mühsam und strapaziös der Aufstieg auch gewesen war, der Empfang im Skjelltal war so beeindruckend gewesen, dass die Erschöpfung in Windeseile von Ketill gewichen war. Nachdem sie in zwei Tagen die Bergkette überquert hatten, waren sie bei strahlendem Sonnenschein mit ihren Skiern die andere Seite der Berge hinabgerauscht und kamen bald an den ersten Behausungen vorbei, wo im Schnee spielende Kinder und holzhackende Männer aufblickten und Hausfrauen sie mit großen Augen hinter geöffneten Türspalten anschauten.
Ketill wollte Linja fragen, ob man nicht an einem der Höfe anhalten sollte, aber diese war mit den Skiern schneller und er wollte sich nicht die Blöße geben, sie nach etwas fragen zu müssen. Sie schien allerdings genau zu wissen, wo sie hin gehen mussten und so fuhr die Gruppe noch weiter eine Talsenke hinab, bis man auf eine weite Ebene kam, welche bergseits von Fichten geschützt wurde und talwärts einen wunderbaren Blick hinunter bis zum Fluss Gönkje [xviii] erlaubte. Ohne Zeit zu verlieren hatte sich Linja die Skier abgeschnallt und war auf das mächtigste Haus auf der Lichtung zugetreten, dessen Dachgiebel mit einem drohend aussehenden Wolfskopf verziert war. Bevor sie klopfen konnte, schwang die Tür nach innen auf und ein imposant großer Mann, nur in einem Unterhemd gekleidet, war hinausgetreten, hatte die kichernde Linja hochgehoben und als wöge sie nichts durch die Luft gewirbelt.
„Linje, mein kleiner Engel, wie schön dich zu sehen.
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