Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
Mund, um An’luin zu signalisieren, dass er leise sein solle. Dann drückte der Rothaarige An’luin die Zügel seines Pferdes in die Hand und schlich sich leise vorwärts. Erst jetzt konnte An’luin ein kleines Feuer erkennen, dass versteckt hinter den bindfadenartigen Regengüssen und einigen Bäumen zu sehen war. Nod war nur noch als ein huschender Schatten zu erkennen, der sich schnell in Richtung des Feuers, das offensichtlich in einer der verlassenen Hütten vor sich hin flackerte, bewegte. Dann nahm er keine Bewegung mehr wahr.
Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, bis etwas passierte. An’luin hatte inzwischen die klamme Kälte, die sich seines Körpers bemächtigt hatte, völlig vergessen, so angespannt war er, als eine Figur sich auf ihn zubewegte. Es war nicht Nod, soviel stand fest. Die Person ging langsamer und war größer als der Ca’el. Er kannte diese Art zu gehen. An’luin entspannte sich und rief laut aus: „Balain.“ Und schon stand der alte Mann vor ihm, der zur Begrüßung die Arme ausbreitete. Beide waren klitschnass, als sie in die Erdhütte gingen in der das Feuer brannte, an dem nun Nod saß – neben einem Mann, den An’luin noch nie gesehen hatte, der aber nun mit traurigen und leeren Augen zu ihm aufblickte.
„Dies ist Archa’itur, Druide, Mistelmeister und neben Staer’cui der einzige Überlebende von Sin’dha“, erläuterte Balain. Erst jetzt erinnerte sich An’luin daran, dass er den Namen Staer’cui schon einmal gehört hatte – als Nod sich den Straßenräubern vorgestellt hatte. Dann war dies also tatsächlich der echte Name des Ca’el und nicht, wie er damals vermutet hatte, irgendeine Erfindung. Als Balain An’luin vorstellte, blickte der Druide schon wieder ins Feuer. Er hatte einen langen Umhang an, der ehemals weiß gewesen sein konnte, jetzt allerdings schmutzig und voller Risse war. Die dünnen Beine des Mannes lugten durch einen der größeren Risse hervor und An’luin vermutete, dass der Mann schon lange keinen guten Braten mehr verspeist hatte. Er setzte sich an das wärmende Feuer und ließ sich von Balain aus einem Kessel, der in der Glut stand, einen heißen Trank in einen Holzbecher füllen. Der Trank war etwas bitter, wärmte ihn aber neben dem Feuer zusätzlich. An’luin war äußerst froh, nun neben den wortkargen Nod nun weitere Gesellschaft zu haben, nicht zuletzt um zu erfahren, was die beiden jungen Ca’el hier überhaupt zu tun hatten. Er hatte sich zugegebenermaßen an seinen Begleiter nicht nur gewöhnt, sondern auch fast Zutrauen zu ihm gefasst, besonders, nachdem dieser sich nach der Begegnung mit den Straßenräubern zurück ins Lager begeben hatte. An’luin hatte damals halb befürchtet, dass sich Nod – oder Staer’cui – ohne auf ihn Rücksicht zu nehmen, einfach davonmachen würde. Dass er dies nicht getan hatte, hatte in An’luin eine Art Zutrauen erschaffen, auch wenn dies ein zartes Pflänzchen war, das noch gehegt werden musste, denn den Verrat an Starkir konnte er trotz Nods Läuterung danach nicht aus seinen Gedanken vertreiben.
Die Männer saßen schweigend vor dem Feuer und An’luin musste sich zurückhalten, um nicht vor Neugier mit Fragen herauszuplatzen – „Warum sind wir hier?“ „Wo warst du, Balain?“ „Wer ist dieser Druide?“ Erst mit der Zeit beruhigte sich An’luins Geist. Wie immer hatte die Anwesenheit des alten Sonnenpriesters eine ungewöhnliche Wirkung auf ihn: Auf der einen Seite wurden seine Sinne schärfer und er hatte das Gefühl, mehr in der Gegenwart zu sein, auf der anderen Seite wurden die Fragen und Sätze, die sich in seinem Kopf in immer neuen Kreisen drehten, zu einem entfernten Echo. Er schaute Balain an, der in das Feuer blickte, allerdings auch in eine Ferne, die nur er zu sehen schien. Dann sah er Nod, dem eine Träne die Wange hinunterlief und er sah auf den Druiden, der mit ausdruckslosen Augen ins Feuer starrte.
Als Balain ankündigte, dass es Zeit zu schlafen sei, war An’luin schon so weit, dass er keineswegs enttäuscht war, so ndern sich auf die Wärme seiner Decke freute.
Am nächsten Morgen, es war noch dunkel, spürte An’luin wie eine Hand ihn an der Schulter rüttelte, um ihn zu wecken. Balain deutete ihm zu folgen und die beiden gingen aus der Erdhütte. Draußen hatte es aufgehört zu regnen, doch der Morgentau hatte alles mit einem unwirklichen Schimmer bedeckt. Sie gingen in den Wald, um die Fallen, die der Sonnenpriester aufgestellt hatte, zu
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