Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
Schwall Regen, der das Feuer sofort löschte. Allerdings brannte das Feuer immer noch. Nod bekam leichte Panik. Offensichtlich passierte hier etwas, das sich seiner Kontrolle entzog. Wieder wollte er sprechen, doch aus seinem Mund stieg ein kleines, froschartiges Wesen, das an ihm hinabstieg und dabei eine schleimige Spur hinterließ. Am Boden angekommen grub es sich in die Erde und verschwand. Hektisch blickte Nod sich um. Gab es hier irgendetwas, an dem er sich festhalten konnte? Zumindest der Monolith, an den er gelehnt saß, wirkte stabil, doch als er ihn näher betrachtete, stellte er fest, dass sich darauf Zeichen befanden. Er studierte sie, es waren ihm unbekannte Runen, die der Druide benutzte. Er wollte sich schon umdrehen, als er feststellte, dass er sie lesen konnte. Ja, eindeutig, er konnte die Runen entziffern. Seltsam, dachte er sich, auf dem Stein stand überall „Mörder“ geschrieben.
Er drehte sich wieder dem Feuer zu. Ihm gegenüber saß nun nicht mehr Archa’itur, sondern Starkir, der Jarl aus dem Dreischafetal, den er in einem Zweikampf getötet hatte. Nod warf den Kopf zw ischen seine Beine und legte seine Arme darüber und fing an zu wimmern. Er hatte immer versucht diesen Zweikampf zu vergessen, den er angezettelt hatte, damit Steinn Jarl des Dreischafetals werden konnte und er sich an den Ankil rächen konnte, die dieses Dorf überfallen hatten. Erst später hatte er erkannt, dass er nicht für andere getötet hatte, sondern alleine für sich – um der erfahrenen Grausamkeit mit Grausamkeit zu begegnen. Obwohl er nun seinen Kopf gebeugt hielt, spürte er, dass Starkir aufstand und auf ihn zukam. Er öffnete die Augen und sah niemanden mehr am Feuer sitzen, aber auch als er sich umblickte, sah er niemanden mehr. Als er versuchsweise wieder die Augen schloss, spürte er den toten Jarl wieder auf sich zukommen. Ich muss die Augen offenhalten, dachte er.
Allerdings wurden seine Lider schwer. Er versuchte dagegen anzukämpfen, aber es war, als würden ganze Felsbrocken auf seinen Augen liegen und immer wieder hatte er Jarl Starkir vor sich. „Archa’itur, hilf mir“, dachte er. Er wagte es nicht zu sprechen, aus Angst vor dem, was seinem Mund entspringen könnte. Aber nichts passierte. Schließlich stand er auf, um hinunter ins Dorf zu gehen. Es war mühselig, da immer noch eine tonnenschwere Last auf ihm lag, doch er schaffte es, Schritt für Schritt. Als er den Hügel zur Hälfte hinabgeschritten war, sah er wie Reiter von Osten auf das Dorf zugeritten kamen. Sie trugen Rüstungen und hatten ihre Schwerter erhoben. Er erkannte, dass das Dorf wieder bevölkert war, doch niemand schien die sich nahende Bedrohung zu bemerken. Er öffnete seinen Mund, um die Leute zu warnen, doch wieder kamen aus seinem Mund nur schwarze Blasen. Die Reiter hatten nun das Dorf erreicht und sie fingen an, Fackeln auf die Dächer zu werfen, die schnell Feuer fingen. Wieder schlug Nod die Hände vor seine Augen, um nichts sehen zu müssen. Er wusste, dass er sich dies alles nur einbildete und nichts davon Wirklichkeit war. Dennoch hörte er die Schreie der flüchtenden Menschen, die er aus seiner Erinnerung schon vertrieben geglaubt hatte. Obwohl er vor sich hin wimmerte, drangen immer noch Töne der Verzweiflung an sein Ohr. Er blieb liegen, bis die Schreie der Menschen verstummt waren, was ihm wie eine Ewigkeit vorkam. Dann öffnete er die Augen wieder und er fand das Dorf so vor, wie er es noch am Morgen verlassen hatte. Auch die Last von seinen Augen schien verschwunden zu sein. Benommen stand er auf und blickte nach oben. Er fragte sich, ob der Druide noch am Feuer saß und wie viel Zeit vergangen war, aber er hatte ein zu starkes Bedürfnis danach, in sein Haus zu gehen und sich hinzulegen.
Er lief den einsamen Weg zurück, kam zum Haus und war froh, als er dort das alte Stroh fand, das er am Morgen noch hinausgelegt hatte. Er ging hinein und setzte sich an den Tisch. Als er wieder aufstehen wollte, um sich draußen Wasser zu holen, bemerkte er den Mann, der vor dem Herdfeuer lag. Für einen kurzen Moment hoffte Nod, dass es sich um Archa’itur handeln würde, aber als er genauer hinschaute, sah er, dass es sich bei dem Mann um einen Norr handelte – er erkannte es an dem Helm mit der Nasenplatte und dem reich verzierten Speer, den er in seiner Hand hielt. Die Kehle des Mannes war durchschnitten worden und eine große, rote Kruste überzog seinen ganzen Hals. Um die Leiche nicht sehen zu müssen,
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