Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
Kleid lag und neben dem Bett ein kleiner Nachttisch. Was will ich hier, dachte Cathyll, aber irgendetwas zwang sie, das Zimmer zu betreten. Ein kleines Fenster zur Ostseite ließ einen Strahl gleißendes Sonnenlicht hinein. Cathyll setzte sich auf das Bett, zog die Decke zu sich heran und roch an dieser. Ein entfernter Duft ihrer Cousine erinnerte sie an bessere Zeiten. Dann fiel ihr Blick fast zufällig auf den Nachttisch, wo eine Glasphiole stand, daneben lag ein Brief. Unsicher, ob sie den Brief lesen sollte, zog sie die Schublade des Nachttisches auf und fand eine ganze Sammlung von Briefen, die, wie sie sah, von der Schwester der Toten stammten, von Cyril.
Cathylls Blick fiel zurück auf den Brief, der neben der Phiole lag. Sie nahm ihn zögernd und begann zu lesen. Cyril schrieb, dass sie ihre Schwester vermisse und sie beschrieb das Leben am Hof des Herzogs im fernen Aquist. Weiter schrieb sie, dass es ihr leid tue, wie die ganze Angelegenheit mir ihrer Cousine Cathyll verlaufen sei und dass sie ihr daher ein Fläschchen Rosenwasser schenken wolle. Cyril schrieb: „…liebe Schwester, daher möchte ich, dass Du meiner teuren Cousine dieses kleine Fläschchen mit Rosenwasser übergibst, das sich wunderbar zu Wasser mischen lässt aber auch so getrunken werden kann. Bitte sage ihr aber nicht, dass es von mir stammt, da sie sonst bestimmt misstrauisch werden würde. Ich weiß ja, wie sehr Du selbst Duftwasser liebst, Sybil, aber bitte probiere nichts von dieser speziellen Sorte, sie ist allein für Cathyll bestimmt. Daher ist es auch besser, wenn Du diesen Brief nicht aufbewahrst, sondern…“
Cathyll konnte nicht weiterlesen. Nun war ihr klar, was passiert war. Cyril hatte sie vergiften wollen und Sybil hatte sich wahrscheinlich nicht zurückhalten können und hatte einen Schluck aus der Ph iole genommen. Sie hatte Rosenwasser geliebt. „Rose“, das war auch ihr letztes Wort gewesen, wie Cathyll jetzt verstand. Nun war Sybil tot. Dann erinnerte sich noch daran, was Sybil gesagt hatte, als sie aus dem Kamin Stimmen gehört hatte. Sie hatte geträumt es käme ein Mann aus der Mauer und sie wollte helfen, doch sei sie in den Abgrund gestürzt.
Cathyll stand auf, nahm die Phiole und den Brief in ihre Hand und trat auf den Gang. Dann lief sie die Treppe hinu nter und rief nach Meister Rench.
32. Ein Abend im Eber
urückzukehren war etwas Gutes. Eine Rückkehr war wie ein Versprechen, ein warmes Bett in das man sich legen würde, freundliche Gesichter, die einen erwarten würden. An’luin liebte es zurückzukehren. Morgen würden sie wieder in Mal Kallin sein, endlich. Er saß im „Grünen Eber“ und wärmte seine Hände am heißen Bier. Ab morgen würde er wieder in seinem eigenen Bett schlafen können und er würde bei seiner Frau sein und er würde Cathyll darum bitten, ihn aus ihren Diensten zu entlassen, damit er ein einfacher Bauer sein und ein einfaches Leben führen könnte. Allein schon das Tragen des grünen Umhangs mit dem Ebenholzbogen darauf bereitete ihm Unbehagen. Die Menschen im Westen schienen ihm dadurch auch nicht besonders zugeneigt zu sein, sie bedachten ihn eher mit misstrauischen Blicken.
Aber das machte ihm nichts aus. Bald war er ein freier Mann, der ein einfaches Leben führen würde.
Er fühlte eine Hand auf seiner Schulter. „Na, träumst du von besseren Zeiten?“ Balain hatte seine Sachen in dem Zimmer, in dem sie schliefen, gerichtet und war zurückgekehrt.
An’luin lächelte. „Zu viel Aufregung in den letzten zwei Jahren.“
Balain nickte. „Ja, das ist wohl wahr. Ich hätte auch mit etwas weniger Aufregung leben können.“ An’luins Zunge war vom warmen Bier etwas lockerer als sonst, daher redete er munter weiter. „Schon auf dem Hinweg hatten wir hier Ärger im ‚Eber‘.“
„Ärger?“
„Naja, nicht richtig. Dieser Pater Ersen war hier und hat Hetzreden gegen die Königin geführt. Nod und ich haben ihn dann freundlich hinausgebeten.“
Balain zog die Stirn in Falten. „Ärger.“
„Was?“, fragte An’luin nach.
„Was genau hat denn Pater Ersen gesagt?“, wollte der Priester wissen.
„Er hat gesagt, dass sie nur einmal wöchentlich zum Sonnendienst gehe und dass sie ein Zeichen der Sünde trägt – ihre Tätowierung.“
Balain verzog den Mund, er schien nicht sonderlich erfreut angesichts dieser Nachricht. An’luin blickte zunächst auf den Boden, dann hielt er die Stille nicht mehr aus und fragte: „Was ist? Das war doch nur der alte,
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