Die Drachenperle (German Edition)
seinen Ohren nicht. Doch er gehorchte und ging, die Küchenabfälle nach verdorbenem Fleisch zu durchsuchen.
Schließlich war die Arbeit getan. Der Patient gewaschen, frisch verbunden und auf einen neuen, sauberen Strohsack gebettet. Tarpan, der Leibwächter, sah die Heiler misstrauisch an. Der Ältere hatte seinem Gebieter Maden in die Wunde gesetzt. Sollten die ihn von innen her auffressen? War das möglich? Andererseits musste dem Heiler klar sein, dass er getötet würde, sollte Hantok durch seine Behandlung Schaden erleiden.
„Wir brauchen jetzt noch mehr saubere Tücher, etwa so groß“ Aidan zeigte mit den Händen das Maß. „Und kaltes Wasser, am besten aus einem tiefen Brunnen. Habt ihr so einen?“
Fast hätte Taiki genickt, aber er konnte sich im letzten Moment beherrschen. Als die Tür zu Hantoks Schlafkammer sich nach einiger Zeit öffnete, ging er hin, um das Wasser zu übernehmen. Doch es war nicht die Magd, die plötzlich im Zimmer stand. Es war Waffenmeister Tock. Sie starrten sich in einem langen Moment des Erkennens erschrocken an. Dann drängte sich die Magd hinterher.
Tock fand als erster die Fassung wieder. „Sag nichts , “ flüsterte er, die Unruhe nutzend, die entstand, als die Magd unge schickt mit dem Wasser plörrte.
„Ihr seid also die Heiler. Ich bin Waffenmeister Tock, vorübergehend führe ich den Clan. Ich muss mich entschuldigen, aber wir hatten keine andere Wahl, als auf diese Art Hilfe für unseren Gebieter Hantok zu holen. Ich gehe davon aus, dass meine Männer Euch gut behandelt haben?“
Aidan gab ein leises Knurren zur Antwort und widmete sich wieder den kalten Wadenwickeln, die er dem Fiebernden anlegte. „Sobald er wieder halbwegs bei Bewusstsein ist, muss er dieses trinken. Den Kräutertee und diese spezielle Tinktur, 20 Tropfen in etwas Wasser, alle drei Stunden. Wie ist das mit der Wunde geschehen?“
„Ein fehlgeschlagenes Attentat. Tarpan, wenn die Heiler hier fertig sind, sollen sie in mein Zelt gebracht werden.“
Ein Bewaffneter führte die Heiler zum Waffenmeister, es dämmerte schon, der Abend kam früh. Aidan und Taiki hatten ihre Kapuzen aufgesetzt und sahen keinem, der ihnen auf dem Weg begegnete, ins Gesicht. Dennoch, Taiki erkannte ihn sofort. Es war Arik, der dort drüben auf die Sklavenunterkünfte zuging. Nein, ging war nicht das richtige Wort. Der Alte humpelte, er schleppte sich mühsam voran. Taiki traten heiße Tränen in die Augen. Er hatte solche Sehnsucht nach seinem Ziehvater, nach Mali, Nona und nach seinen Freunden. Er war so nah, und doch so fern. Sie waren für ihn unerreichbar, wenn er sein Leben behalten wollte.
„Die Heiler, Waffenmeister!“
„Danke. Du kannst gehen. Na los, geh schon. Mit den beiden werde ich ganz alleine fertig, das sind doch Schwächlinge, Gelehrte!“
Der einfache Beutereiter grinste schäbig und verschwand. Als der Zelteingang verschlossen war, nahmen Aidan und Taiki ihre Kapuzen ab.
„Ausgerechnet du! DU! Unser beider Leben ist keinen Pfifferling mehr wert, wenn dich jemand erkennt. Was machen wir nur, Taiki?“
Der Waffenmeister deutete mit einer Handgeste auf mehrere bunte Sitzkissen und fing an, einen Korb auszupacken. Auf einen flachen Tisch legte er das Abendessen: Malis Teigtaschen, gefüllt mit Schafskäse und Kräutern. Und gegrilltes Gemüse, vergorene Stutenmilch, etwas gebratenes Fleisch und kleine, säuerliche Äpfel. Tock lud mit einer weiteren Geste zum Essen ein. Die Stimmung im Zelt war gedrückt.
„Hast es weit gebracht, Junge. Vom Sklaven zum angesehenen Heiler aus Neusalzhausen.“ Tock wandte sich an Aidan. „Seid Ihr sein Mentor?“
„Sein Ordensbruder. Wir sind nicht nur Heiler, wir gehören dem Orden der Barmherzigen an. Wir kümmern uns um die, die von den anderen verstoßen werden.“
„Und er ist mein Vater.“
Tock sah Aidan prüfend an. Das ist also der Mann, den Aurelia vor mir geliebt hat und von dem sie schwanger war, dachte er. Es war ein Moment, dessen knisternde Spannung im Zelt deutlich zu spüren war und Taiki bereute es, damit herausgeplatzt zu sein. Aber so schnell die Spannung aufgekommen war, so schnell verging sie auch wieder. Der Waffenmeister wandte sich den Problemen und Erfordernissen der Gegenwart zu.
„Wir müssen irgendwie verhindern, dass du erkannt wirst. Du solltest in den Räumen des Clanführers bleiben, dort auch schlafen. Je weniger Menschen dich sehen, umso
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