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Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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„Wir schweigen über diesen Vorfall und danken unseren Göttern für dieses Wunder, das uns vor großem Hunger bewahren wird.“
    Mali, als Älteste unter den Frauen, hatte in der Gemeinschaft der Sklaven nicht nur das Amt der Köchin, sie war auch die spirituelle Führerin. Als sie sich zum Gebet erhob, verstummte das Gemurmel und Gezische.
    „Erhebt die Arme gen Himmel, mit offener Hand nach altem Brauch , und sprecht mit mir:
     
    Ihr großen Götter von
    Goro, der Welt!
    Ihr kleinen Götter
    von Gorotanien , dem Land,
    gepriesen sei Eure Güte.
    Wir preisen Eure Weisheit
    und danken für das Wunder,
    das heute uns geschah.
    Bitte gebt, dass wir uns
    als würdig erweisen
    für diese Gabe.
    Bitte schützt Taiki
    zu seinem und auch
    zu unserem Wohl.
    Bitte segnet diese
    Gemeinschaft
    und lindert unsere Drangsal.
    Wir danken und geloben euch unsere Treue.
    So sei es.
    So sei es.
    So möge es sein.
    Jetzt und immerdar.“
     
    In dieser Nacht hatte Taiki einen seltsamen Traum. Er wanderte hungrig durch Wald und Feld, auf der Suche nach Essbarem. Als sein Hunger übermächtig wurde, begann er verzweifelt mit bloßen Händen auf die Jagd zu gehen. Doch alle Tiere entkamen ihm, worüber ein Teil von ihm verzweifelte, denn er wollte nicht verhungern und sterben. Ein anderer Teil von ihm aber war zutiefst erleichtert, dass er nicht töten musste um zu leben. Dann gelangte er auf eine Waldlichtung, die von weißen Lilien bewachsen war. Zwischen den duftenden Blumen raschelte es leise. Er sah ein kleines Tier mit dickem Bauch, welches auf einen knorrigen Baum zuwatschelte. Es verschwand unter einer dicken Baumwurzel. Taiki griff nach ihm und packte es am Schwanz. Als er seinen Arm aus der Höhle hinauszog, hatte er aber ein Buch in der Hand. Er öffnete es und es fielen zahlreiche essbare Wildpflanzen und Heilkräuter heraus. Dann löste sich das Buch auf, zerbröselte förmlich, und Taiki hatte Shojabeeren in den Händen, die er gierig verschlang. Dann wachte er auf.
     
    Arik, der sich als Einziger in der Siedlung der Roten Horde, wie das überwiegend rothaarige Reitervolk meist genannt wurde, frei bewegen durfte, suchte an diesem windigen Tag den Waffenmeister auf.
    „Meister Tock, kann ich Euch bitte unter vier Augen sprechen?“
    Tock war erstaunt, was konnte der alte Aufseher von ihm wollen?
    „Wozu die Heimlichtuerei? Sprecht, oder geht.“
    Nun denn. Arik straffte seine vom Alter gebeugten Schultern und sah den Waffenmeister herausfordernd an. Er war so alt, er hatte nichts mehr zu verlieren. Mit fester Stimme forderte er: „Bringt mehr Disziplin in eure Horde.“
    Tock sah ihn ungläubig an. Auch der Hufschmied, der gerade des Meisters Pferd neu beschlagen wollte, ließ den Unterkiefer fallen und starrte Arik fassungslos an. Hatte der Alte sein bisschen Verstand verloren? Niemand sprach so mit Meister Tock, es sei denn, er war des Lebens müde.
    „Würdest du das bitte wiederholen? Ich glaube, der Wind hat deine Worte verdreht.“
    „Ihr habt schon richtig gehört.“ Arik klopfte energisch mit seinem Krückstock auf den Boden. „Bringt mehr Disziplin in eure Horde! Ich rede vor allem von Martok, den Brüdern Grezak und Korzak, und auch Radonn und Tuska sind immer mit von der Partie. Diese Elitekrieger (er sprach das Wort verächtlich aus) schinden meine Leute aus Spaß und prügeln sie arbeitsunfähig. Neulich haben sie den Jungen Taiki halbtot geschlagen und am Flussufer liegen lassen. Es war eine sehr kalte Nacht. Es ist ein Wunder, dass er noch lebt. Ich will, dass das aufhört!“
    „Taiki, sagt ihr?“
    Der Waffenmeister runzelte nachdenklich die Stirn. Grimmig versprach er dann: „Ich werde dafür sorgen, dass das aufhört.“
    Arik beugte knapp sein Haupt zum Dank und wandte sich überrascht zum Gehen. Das war eigentlich zu leicht gewesen.
    „Eins noch, Arik.“
    Arik hielt inne und blickte über seine Schulter zurück. Unter dem eiskalten Blick des Waffenmeisters zuckte er innerlich zusammen. Tock sagte leise: „Sprecht nie wieder in diesem Ton mit mir.“
     
    Nicht lange nach Ariks Protest geschah es wieder. Taiki hörte das Hufgetrappel zu spät. Seit er von Martok vor zwei Jahren hart auf das rechte Ohr geschlagen worden war, hörte er dort kaum noch.
    „Ei , wen haben wir denn da? Doch nicht das langhaarige Jüngelchen aus der Kochscheune? Wie geht es denn den Lämmern, Mama …“
    Tuska und Radonn ahmten das Blöken von Schafen nach und umkreisten auf ihren Steppenpferden ihr

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