Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
Vom Netzwerk:
und Tinte an. Vor ein paar Minuten war er an einem Stand vorbeigekommen, an dem die Bauersfrau erbittert mit einer Stadtbewohnerin stritt, die ihr lautstark unterstellte, sie hätte ihr faule Eier verkauft. An jeder Ecke roch es anders. Taiki bekam großen Hunger, als er die Stände der Bäcker mit frischem Brot entdeckte. Er hatte Beobachtungen angestellt. Viele Waren gingen als Tauschhandel von Hand zu Hand; manche Händler verlangten ausschließlich Münzen. Ihm wurde bewusst, wie wenig er von der Welt wusste und hoffte, keine allzu großen Fehler zu machen. Er nahm seinen Mut zusammen, der von seinem leeren Magen lebhaft und geräuschvoll angefeuert wurde, und bot dem nächstbesten Bäckersjungen sein Trockenfleisch zum Tausch gegen einen Laib Brot an.
    „Bist du nicht ganz bei Trost, Bursche? Was soll ich mit dem ekelhaften Zeug? Das ist Barbarenfutter und nichts für ehrbare Leute. Verschwinde und lass dich hier nicht mehr sehen “ , empörte er sich .
    Taiki machte auf dem Absatz kehrt und ließ das Trockenfleisch unter seinem Hemd verschwinden. Nichts wie weg hier. Bloß nicht auffallen. Ich will aber trotzdem frisches Brot! Es riecht so gut! Einige Stände weiter versuchte er es aufs Neue und bot diesmal eine gelbliche Münze. Der Bäcker machte große Augen. „Willst du den ganzen Stand kaufen? Entweder bist du ein reicher Narr oder ein kleiner Dieb! Wie kommt jemand wie du, der die Stiefel eines Barbaren trä gt, zu so viel Geld? Hey Büttel “ , rief der Bäcker amüsiert über den Platz, „nimm dir mal diesen fremden, kleinen Kerl hier zur Brust!“ Oh nein, alles, nur nicht das, dachte Taiki, schnappte sich –ohne zu überlegen- einen Laib Brot und lief flink durch die Menschenmenge davon. Nur mit einer gehörigen Portion Glück entkam Taiki dem fetten, alten Büttel und verließ enttäuscht die kleine Stadt durch ein entlegeneres Tor. Er hatte weder Vorräte erwerben können, noch hatte er die Auskunft über die Heiler in den Bergen bekommen. Dennoch ließ er sich das Brot schmecken und wanderte aufs Geratewohl weiter, bis er zum Fluss gelangte, den er von der Anhöhe aus gesehen hatte. Wieso eigentlich hielten die Leute ihn für einen Reiter der Roten Horde? War seine Kleidung so auffällig?
    Am Flussufer war ein seltsames Wassergefährt befestigt. Ein grobschlächtiger Mann bewachte es. Ne ugierig schlenderte Taiki zu ihm rüber, hielt einen gewissen Sicherheitsabstand ein und grüßte freundlich.
    „Sag an, guter Mann, was ist das hier, dass du so trefflich bewachst?“
    „Das Floß meines Herrn.“
    Die hohe, kindliche Stimme passte nicht zu seinem Körper. Taiki fragte sich, ob mit seinem Gegenüber irgendwas nicht in Ordnung sei, der Widerspruch zwischen der augenfälligen Erscheinung und d er Sprache war einfach zu groß.
    „Was ist ein Floß , und wozu ist es gut?“
    Der Wächter des Floßes war sich nicht sicher, ob er auf den Arm genommen werden sollte oder nicht. Jeder Pimpf wusste, was ein Floß ist. Aber der Floßherr hatte von ihm stets verlangt, respektvoll mit möglichen Kunden umzugehen. Und am Ende war dieser kleine Langhaarige ein neuer Kunde.
    „Das ist wie ein Boot. Fahren Sachen darauf.“
    „Wohin fahrt ihr damit, du und dein Herr?“
    „Von hier nach da und immer weiter und wieder zurück.“
    „Auch in Richtung Berge?“
    Ein Grunzlaut war die Antwort darauf. Der konnte ja oder nein bedeuten. Das war ja zum aus der Haut fahren! Taiki fand das Gespräch wenig erhellend. „Sag, wann kommt dein Herr zurück? Ich möchte mit ihm sprechen.“
    „Weiß nich.“
    Taiki seufzte. „Aber doch sicher heute noch?“
    Der merkwürdige Kerl auf dem Floß nickte nur und schwieg dann beharrlich. Taiki setzte sich in einiger Entfernung auf einen kleinen Felsen am Flussufer, so dass er das Floß und den Weg im Auge behalten konnte. Er hatte so ein Gefühl, dass es sich lohnen würde, hier zu warten. Schon bald wurde ihm die Wachsamkeit langweilig und er verlor sich in den großen, weißen Wolken, ließ seinen Geist mitreisen. In seinem Sklavenleben hatte er für diese Art Genuss kaum Zeit gefunden, immer nur Arbeit, Arbeit. Doch auch diese bewegte Stille in den Wolken wurde ihm nach einiger Zeit langweilig und er begann, kundig die Pflanzen und Bäume am Ufer in Augenschein zu nehmen. Nebenbei warf er immer wieder mal einen kurzen Blick zum überaus breitschultrigen Wächter des Floßes, der stumpfsinnig seinem Amt nachkam. Taiki hatte den Eindruck, dass dieser mi t offenen

Weitere Kostenlose Bücher