Die Drachenperle (German Edition)
ist wahr, aber sie halten mich für tot.“
„Wie das?“
„Nun, das kam so. Martok war auf einmal tot. Und sie glauben, ich hätte ihn getötet mit Zauberei, aber es war eine Schlange. In der Nacht kam dann Meister Tock und hat mich weggebracht und mir das Bündel gegeben.“ Taikis Stimme zitterte, die Angst kam wieder hoch.
„Du redest ja wirr.“
„Tarmin, bitte. Lass mich das machen, du jagst ihm Angst ein.“
Der Mann zuckte mit den Schultern und winkte ab. Dass sein Weib sich aber auch immer in alles einmischen musste!
„Jetzt noch mal von vorn, Taiki. Wir hören dir zu. Aber erzähle langsam, Stück für Stück, damit wir deine Geschichte auch verstehen.“
Und dann erzählte Taiki von seinem Leben als Sklave. Von Arik, Mali und Nona, wie er von den Jungkriegern wiederholt gequält worden war, wie es zu seinem Todesurteil kam und warum der Waffenmeister der Horde ihm geholfen hatte, anstatt ihn zu töten. Dass er auf dem Markt in der Stadt alles falsch gemacht hatte und wie er schließlich zum Flus sufer gelangte und Benno mitsamt dem Floß antraf. Und dass er eigentlich nichts von der Welt außerhalb der Palisaden wusste und auf Hilfe angewiesen war. Nach dieser Aufzählung musste Taiki tief durchatmen.
„Und so bin ich nun auf der Suche nach meiner Familie, die als Heiler in den Bergen wohnen soll. Falls ihr mir immer noch nicht glaubt, dass ich Sklave war, ich habe viele Narben auf dem Rücken von Peitschenhieben. Und am Kopf fehlen mir noch Haare, wo Martok und seine Bande mir den Schädel eingeschlagen haben. Seht doch!“
Taiki zog sein Hemd über den Kopf und drehte ihnen den Rücken zu.
„Schon gut, Junge, ich glaube dir jetzt. Vor allem aber, weil mein Weib Sedra dir glaubt. Bis jetzt konnte ich mich immer auf ihre Menschenkenntnis verlassen.“
Zerknirscht schaute Tarmin zu seiner Frau rüber und strich ihr kurz über das kastanienbraune, wellige Haar. Der kleine Junge war inzwischen zu seinen Eltern gekommen, hatte Taikis Geschichte mit großen Augen gelauscht und schmiegte sich an seine Mutter an. Er lutschte nervös am Daumen.
„Heute Abend, wenn wir anlegen, reden wir weiter.“ Tarmin ging zum Ruder zurück und sprach ein paar Worte mit den anderen Männern.
Spät am Abend waren sie am nächsten Etappenziel angekommen. Die Männer machten das Floß fest, und Taiki half Sedra beim Feuermachen und Kochen am Ufer. Er steuerte aus seinen Vorräten stärkehaltige Knollen einer gelb blühenden Pflanze mit rauem Stiel und ebensolchen Blättern und auch noch aromatische Pilze zur Fischsuppe bei. Sedra kannte d ie Pflanze unter dem Namen Borbel. Taiki erzählte ihr, dass Mali sie Kno llensonnenblume genannt hatte.
Leral und Tarmin kauten bis zum Essen auf länglichen, fast schwarzen, in Sirup getränkte n Wurzelstücke herum. Eigentlich hatten sie ständig diese Dinger im Mund, die des Flößers Freund genannt wurden. Taiki beschloss, sie irgendwann danach zu fragen.
„Wie heißt eigentlich der Fluss?“ fragte Taiki interessiert.
„Donn´aid wird er genannt. Wir Flussleute, die wir mit dem Fluss und von dem Fluss leben, benennen uns seit vielen Generationen nach dem Fluss, den wir als unsere mythologische Mutter ansehen. Vielleicht erzähle ich dir mal eine der alten Legenden.“
Sedra füllte die Holzschalen mit duftender, heißer Suppe und fuhr dann fort:
„Wir haben alle eine Vorsilbe vor dem eigentlichen Namen. Ich zum Beispiel heiße Ad´Sedra, das bedeutet: die Frau Sedra, die dem Fluss gehört. Männer haben die Silbe „Ai´“ vor ihrem Namen, also Ai´Tarmin, der Mann, der dem Fluss gehört. Und so heißt unser Benno offiziell Ai´ Bennobaro und meinen Bruder Ai´ Leral kennst du inzwischen ja auch. Im Alltag sprechen wir uns aber ohne die Flusssilbe an und verkürzen auch gern lange Namen. Nur bei feierlichen Anlässen sprechen wir den vollen Namen aus.“
Taiki nickte. „Ich verstehe. Dann heißt euer Sohn also Ai´Kinmor.“
„Nein, Kinder tragen nur ein A´ vor ihrem Namen, egal ob Junge oder Mädchen. Wenn sie das Erwachsenenalter erreichen, was bei uns erst mit 17 Jahren der Fall ist, dann wird aus dem Kinder-A´ ein Ad´ oder Ai´ - je nach Geschlecht.“
Taiki überlegte kurz. „Donn´aid, der Fluss. In der zweiten Hälfte seines Namens sind also Frauen, Männer und Kinder enthalten?“
„Ja, Donn´aid bedeutet auch Kinder der fließenden Mutter oder kurz: Flussvolk . “
Taiki wandte sich nun an Tarmin und Leral. „Und wie baut ihr eure
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