Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
daß die Schale sich hart und spröde anfühlt«, fuhr Lessa mit grimmiger Miene fort. »Ich nehme an, daß es von der Kandidatin des Süd-Weyrs versorgt wurde. Und wenn sie es nun so beeinflußt hat, daß die Jungkönigin keines unserer Mädchen mehr annimmt?«
»Es gibt keinen Beweis dafür, daß ein Ei vor dem Ausschlüpfen durch den Kontakt mit Menschen beeinflußt wird«, warf Robinton ruhig ein. »Zumindest höre ich das immer von euch Drachenreitern. Ich glaube nicht, daß die Südländer da irgend etwas tun können, es sei denn, sie setzen ihre Kandidatin bei der Gegenüberstellung genau vor das Ei.«
Die versammelten Drachenreiter wirkten immer noch angespannt, aber ihre Rachegelüste waren mit der Rückkehr des goldenen Eies deutlich geschwunden. »Fest steht ab heute«, meinte F’lar und warf einen Blick zu den Wachdrachen hinauf, »daß wir uns nicht mehr auf die Unverletzlichkeit der Brutstätte verlassen können. Keiner Brutstätte«, fügte er hinzu. Nervös schob er eine Strähne aus der Stirn. »Beim Ersten Ei, die haben Nerven, eines von Ramoths Eiern zu entführen.«
»Der erste Schritt, diesen Weyr wieder sicher zu machen, besteht darin, die verdammten Feuer-Echsen zu verbannen«, sagte Lessa hitzig.
»Sie sind kleine Schwätzer, total nutzlos…«
»Nicht alle, Lessa.« Brekke trat neben die Weyrherrin. »Einige leisten sogar hervorragende Botendienste.«
»Das ist mir egal«, fauchte Lessa und starrte die versammelte Menge wütend an. »Ich lasse es nicht mehr zu, daß Ramoth von den lästigen Biestern geplagt wird. Etwas muß geschehen, damit sie bleiben, wo sie hingehören.«
»Wir kennzeichnen sie mit Farben«, warf Brekke rasch ein. »Wir kennzeichnen sie und bringen ihnen bei, ihre Namen und Herkunft zu nennen wie die Drachen. Sie sind durchaus fähig, Manieren zu lernen. Zumindest die von Benden.«
»Richtet sie so ab, daß sie sich bei Brekke oder Mirrim melden!« schlug Robinton vor.
»Aber sorgt dafür, daß sie weder mir noch meinem Drachen zu nahe kommen!« Lessa warf einen Blick auf ihre Königin und wirbelte dann herum. »Jemand soll den Wher bringen, den Ramoth gerissen hat. Sie ist noch hungrig. Wir besprechen diesen Überfall auf den Weyr später. In allen Einzelheiten.«
F’lar gab einigen Drachenreitern den Auftrag, die Beute zu holen, und dankte den Versammelten höflich für ihr rasches Erscheinen. Dann bat er die Weyrführer und Robinton, ihm in den Versammlungsraum zu folgen.
»Es ist keine einzige Feuer-Echse in Sicht«, sagte Menolly zu Jaxom. »Ich befahl Prinzeßchen, sich von hier fernzuhalten. Ihre Antwort klang völlig verstört.«
»Auch Ruth scheint unruhig«, erwiderte Jaxom, als sie quer durch den Kessel auf den Drachen zugingen.
Ruth war mehr als unruhig. Er zitterte am ganzen Leib.
Etwas stimmt nicht. Etwas stimmt nicht, erklärte er seinem Reiter, und in seinen heftig kreisenden Augen überwogen die grauen Farbtöne der Angst. »Haben sie deinen Flügel doch versengt?«
Nein. Ich meine doch nicht meinen Flügel. In meinem Kopf stimmt etwas nicht. Ich fühle mich ganz wirr. Ruth richtete sich auf und legte sich gleich darauf wieder hin, die Schwingen halb gespreizt.
»Kommt es daher, daß alle Feuer-Echsen verschwunden sind? Oder ist es die Aufregung um das gestohlene Ei?«
Ruth entgegnete, es sei beides und doch keines von beiden. Die Feuer-Echsen sind verstört. Sie erinnern sich an etwas, das ihnen Entsetzen einflößt.
»Sie erinnern sich? Woran denn, beim Ei?« Jaxom bekam allmählich einen Zorn auf die Echsen und ihr Gemeinschaftsgedächtnis, auf die lächerlichen Bilder, die sie ausstrahlten und die seinen sensiblen Ruth so erschreckten.
»Jaxom?« Menolly hatte einen Umweg zu den Unteren Höhlen gemacht und teilte mit ihm die Fleischfladen, die sie der Köchin abgebettelt hatte. »Robinton ließ mir durch Finder ausrichten, daß ich zur Gildehalle zurückkehren und berichten soll, was sich hier abgespielt hat. Außerdem muß ich meine Echsen markieren. Schau doch!« Sie deutete auf den oberen Weyrrand und die Sternsteine. »Der Wachdrache kaut Feuerstein. Ach, Jaxom!«
»Drachen gegen Drachen.« Ein Schauder überfiel ihn.
»Jaxom, dazu darf es nicht kommen!« sagte sie bedrückt.
Keiner von ihnen mochte die Fladen fertigessen. Schweigend kletterten sie auf Ruths Rücken, und der Drache trug sie nach oben.
Als Robinton die Stufen zum Weyr erklomm, dachte er angestrengter nach als je zuvor. Zuviel hing davon ab, was jetzt geschah
Weitere Kostenlose Bücher