Die Drachenreiter von Pern 07 - Moreta, Die Drachenreiterherrin von Pern
Hinterpfoten und spreizte die Schwingen. Aus den Weyrn in der Felsflanke kamen Drachen, deren Reiter noch zu geschwächt waren, um gegen die Fäden aufzusteigen. Und plötzlich wurde Tamianth durch die vereinte Willenskraft der Drachen ringsum festgehalten.
»Rasch!« fauchte Moreta die Weyrleute an, die fassungslos das Schauspiel begafften. »Tragt die Betäubungssalbe auf!«
Sie nahm selbst ein Gefäß und einen Spatel in die Hand; während sie verbissen arbeitete, versuchte sie das Ausmaß der Verletzung abzuschätzen. Irgendwie erinnerte sie der Unfall an Dilenth. Allerdings hatte Tamianth weit mehr Schwingenmembran eingebüßt. Es würde sehr, sehr lange dauern, ehe sie wieder fliegen konnte.
»Können wir irgendwie helfen?« Ein kleiner Mann mit hellen Augen, vorspringender Nase und entschlossenem Kinn schaute prüfend zu ihr auf. In seiner Begleitung befand sich ein hochgewachsener, kräftiger Bursche, dessen Miene zu einer Grimasse der Angst und Besorgnis erstarrt schien. Beide trugen die Purpurstreifen der Heiler und den Schulterknoten der Gesellen. Moreta warf einen raschen Blick auf Falgas Bahre.
»Ihre Wunde ist versorgt, aber sie hat das Bewußtsein noch nicht wiedergewonnen. Viel können wir im Moment nicht für sie tun. Ich benötige Öl, Schilfrohr, dünnen Gazestoff, Nadeln, behandelten Faden …«
»Ich kenne mich in diesem Weyr nicht aus«, erklärte der Kleinere der beiden und wandte sich fragend an seinen Gefährten. Der nickte und lief zu dem niedrigen Steinbau, der den Bewohnern vom Hochland-Weyr als Hauptunterkunft diente. »Mein Name ist Pressen, Weyrherrin.«
»Gut, Pressen. Streichen Sie die Schwinge weiter mit Betäubungssalbe ein! Immer an den Knochen entlang. Ich möchte, daß sie dick bedeckt sind, besonders an den Gelenkstellen. Und vergessen Sie nicht die Flankenwunde! Tamianth darf nicht zuviel Sekret absondern.«
Eine alte Frau schleppte einen Eimer mit Rotwurzlösung herbei; ein paar Kinder mit Ölgefäßen folgten ihr im Laufschritt. Zwei Reiter mit frisch verbundenen Wunden kamen näher; ihre Drachen, ein Blauer und ein Brauner - beide ebenfalls verletzt - ließen sich auf dem Felsboden nieder und hefteten die Blicke fest auf Tamianth.
Moreta hatte mit einem Mal mehr Helfer, als sie beschäftigen konnte, und so schickte sie die Reiter los, um den Heiler bei der Suche nach den Geräten und Medikamenten zu unterstützen. Die alte Frau berichtete kurz, daß die Heiler des Weyrs gestorben waren und die beiden Neuen sich zwar alle Mühe gaben, aber absolut nichts von Drachen verstanden. Sie selbst hätte gern geholfen, wie sie sagte, aber in ihren Händen war bereits »das Zittern«.
Moreta schickte sie nach Gazestoff los, den brauchte sie im Moment am dringendsten. Als sie ihre Vorbereitungen getroffen hatte, erfuhr sie von Orlith und Holth, daß Tamianths Wahnsinnsschmerzen einem dumpfen Pochen gewichen waren. Tamianths Schwinge war ein gutes Stück größer als die von Dilenth, und die Fäden hatten mehr von der Membran zerstört.
Die beiden Reiter suchten in geduldiger Kleinarbeit sämtliche Fragmente zusammen und breiteten sie auf den Stoffbahnen aus. »Auf Gaze wäre ich nie im Leben gekommen«, murmelte Pressen. Er beobachtete fasziniert ihre Arbeit. Bei den feineren Stichen konnte er ihr assistieren; seine schmalen Hände erwiesen sich als ungemein sanft und geschickt. Nattal, die alte Küchenaufseherin, zwang Moreta zu einer kleinen Pause, in der sie ihr eine Schale Suppe anbot. Sie wußte, daß die Weyrherrin von Fort eben erst von ihrer schweren Krankheit genesen war. Allem Anschein nach enthielt die Suppe ein Anregungsmittel, denn als Moreta ihre Operation fortsetzte, konnte sie weit konzentrierter und exakter arbeiten als zuvor.
Dennoch zitterte sie vor Erschöpfung, als sie endlich fertig war.
Wir müssen heim! erklärte Holth in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.
Moreta war mehr als bereit, ihrem Befehl Folge zu leisten, aber eine unerklärliche Angst ließ sie zögern. Sie warf einen Blick auf Falga, die entweder immer noch bewußtlos war oder sehr tief schlief. Unruhig musterte sie den Weyrkessel und die verwundeten Drachen.
»Sie sehen sehr blaß aus, Weyrherrin«, sagte Pressen und berührte sie mit seiner rotfleckigen Hand leicht am Arm. »Ich bin sicher, daß wir mit den übrigen Problemen fertig werden. Nur, diese Schwinge hätten wir bestimmt nicht geschafft. Ich habe viel von Ihnen gelernt.«
»Danke. Achten Sie darauf, daß die
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