Die Drachenreiter von Pern 07 - Moreta, Die Drachenreiterherrin von Pern
Königinnen waren erregt. Orlith kam aus ihrem Weyr.
Summend reckte sie den langen, biegsamen Hals nach ihrer Reiterin. Moreta schlüpfte in die Reitjacke. Da sie ein Stück größer war als Leri, reichte ihr das Kleidungsstück nicht einmal bis zur Taille; auch Leris Gürtel paßte nur knapp. Moreta setzte den Helm auf und schwang sich auf Holths Nacken, ehe ihre Bedenken zu stark werden konnten.
Verzeih mir, Orlith! Moreta winkte ihrer Königin zu.
Was gibt es da zu verzeihen?
»Los!« drängte Leri verzweifelt.
Holth setzte sich beinahe so mühsam in Bewegung wie Orlith mit ihrem schweren Leib. Moreta empfand einen Moment lang totale Verwirrung. Sie war an Orlith gewöhnt. Wie in aller Welt sollte sie eine Gedankenverbindung zu Holth herstellen? Und plötzlich schaffte sie es. Holth war in ihren Gedanken, und daneben spürte Moreta Orlith. Eifersucht? Nein, nur die Besorgnis, daß sie mit Holth nicht zurechtkam. Die alte Drachenkönigin schwang sich in die Lüfte. Moreta spürte, wie unendlich müde und erschöpft Holth war, aber der Wunsch, Tamianth zu helfen, gab ihr Kraft.
Ganz langsam und locker, meinte Moreta ermutigend und voller Verständnis.
Der Wachdrache verabschiedete sie. Er schien nicht zu bemerken, daß Leri und Moreta die Plätze getauscht hatten.
Moreta stellte sich den Hochland-Weyr vor. Sie übermittelte Holth das Bild des zerklüfteten Felsgrates mit seinen sieben ungleichen Zacken.
Ich weiß, wohin wir müssen. Vertrau mir! erklärte die alte Königin.
Ich vertraue dir voll und ganz, Holth, entgegnete Moreta. Sie war sich im klaren darüber, daß die Erfahrung von Holth weit größer war als die von Orlith, wenngleich die jüngere Königin mehr Kraft besaß. Bring uns zum Hochland!
Diesmal murmelte Moreta nicht ihren Bannspruch gegen die Kälte im Dazwischen, sondern versuchte den Unterschied zwischen den beiden Drachenköniginnen zu erfassen. Holth wirkte alt und müde, aber ihre Ausstrahlung war voll und tief, viele Schichten dichter als die von Orlith. Vielleicht würde Orlith im hohen Alter ähnlich sonor klingen.
Dann schwebten sie in der warmen Luft über dem Hochland-Weyr, und Holth glitt die zerklüfteten Grate entlang. Sie ging in einer langgezogenen Linkskurve tiefer, so daß Moreta einen ungehinderten Ausblick auf die Kesselsohle und die verwundeten Drachen hatte.
Die Weyrherrin war erschrocken über die wenigen Helfer, die sich um die Verletzten kümmerten. Als Holth zur Landung ansetzte, konnte sie sehen, daß Tamianth alle drei Vorderkanten der Handschwingen verloren hatte. Und ihre linke Flanke war schlimm versengt.
Wie konnte das geschehen? fragte Moreta entsetzt.
Bei einem Formationswechsel, erklärte Holth. Sie wollte den Geschwadern helfen und überforderte sich einfach. Zusammen mit der Trauer gingen die Bilder des Unglücks auf Moreta über. Tamianth war in einem steilen Winkel aufgestiegen, damit Falga den Flammenwerfer einsetzen konnte, und geriet in einen Aufwind. Sie kam ins Trudeln, konnte nicht mehr ausgleichen, und ein großes Fädenknäuel legte sich über ihre Schwinge und Schulter, streifte Falgas Bein …
Holth konnte nicht auf der Stelle wenden wie Orlith, aber die alte Königin berechnete ihre Bahn so genau, daß sie eine Schwingenbreite neben der verwundeten Tamianth landete.
Kannst du mir helfen, ihre Schmerzen zu dämpfen, Holth? fragte Moreta, die in fieberhafter Eile vom Rücken der Königin glitt. Zuallererst mußte man Tamianths Schmerzgebrüll unterdrücken.
Orlith ist bei uns, erklärte Holth mit großer Würde, und ihre Augen funkelten gelb.
Falga lag auf einer Bahre und hatte das Gesicht ihrer Königin zugewandt, aber sie war kaum bei Bewußtsein.
Zwei Heiler umwickelten ihr Bein mit Bandagen, auf die sie Betäubungssalbe gestrichen hatten.
Tamianth! Moreta hoffte, daß die Drachenkönigin ihre Gedanken auffing. Ich bin Moreta, und ich möchte dir helfen!
Tamianth schlug mit den Vorderpfoten heftig um sich und warf den Kopf von einer Seite auf die andere. Die Weyrleute kamen nicht nahe genug heran, um Betäubungssalbe auf die freigelegten Fingerknochen zu streichen. Moreta erkannte mit einem raschen Blick, daß es ihnen wenigstens gelungen war, die tiefe Flankenwunde zu behandeln, aus der Sekret austrat. Aber der Flügel verursachte Tamianth entsetzliche Schmerzen.
»Haltet sie fest!« schrie Moreta den Drachen und Menschen in ihrer Umgebung zu.
Die anderen verwundeten Tiere trompeteten los. Holth stellte sich auf die
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