Die Drachenreiter von Pern 07 - Moreta, Die Drachenreiterherrin von Pern
die Stirn. Er versuchte seinen Ärger über die ständigen Störungen zu unterdrücken.
»Was willst du - es geht mir großartig!«
»Tirone glaubte, du hättest einen Rückfall, weil du dich so sonderbar benahmst. Wie kann ein erwachsener Mensch rufen: Blut! Blut! Es ist in meinem Blut! Das meinst du doch wohl nicht im Ernst?«
Er hörte kaum auf ihre Worte, denn er hatte die Lektionen gefunden, die er in jenem Frühling vor dreißig Planetenumläufen niedergeschrieben hatte, als es für ihn weit wichtigere Dinge gab als Brandwunden, Infektionen, präventive Maßnahmen oder gesunde Ernährung.
»Da steht es doch!« rief Capiam triumphierend. »›Das farblose Serum, das sich nach dem Gerinnen von Blut abscheidet, produziert die lebenswichtigen Globuline, die eine Erkrankung verhindern. Intravenös gespritzt, schützt das Blutserum mindestens vierzehn Tage lang, eine Zeitspanne, die im allgemeinen ausreicht, um eine Epidemie zum Stillstand zu bringen.«« Capiam las hastig weiter. Die Blutbestandteile ließen sich durch Ausschleudern trennen. Meister Gallardy hatte gesagt, daß die Alten dazu besondere Trennzentrifugen besessen hätten, aber das Serum ließ sich auch mit anderen Geräten absondern. ›»Das Serum überträgt die Krankheit in so abgeschwächter Form, daß die körpereigenen Abwehrstoffe erwachen und auch die bösartigen Keime vernichten.««
Capiam ließ sich in die Kissen sinken und schloß die Augen. Die Schwäche, die er in diesem Moment empfand, entsprang der Erleichterung und dem Triumph. Er erinnerte sich sogar, wie er innerlich gegen das Mitschreiben dieser veralteten Methode rebelliert hatte, einer Methode, die jetzt vielleicht Tausenden von Burgbewohnern und Drachenreitern das Leben retten konnte.
Desdra beobachtete ihn mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck.
»Aber das ist doch eine rein homöopathische Angelegenheit, mal abgesehen davon, daß dieses Zeug direkt in die Vene gespritzt wird.«
»Je rascher das Serum vom Körper aufgenommen wird, desto besser! Und wir brauchen eine Behandlung, die schnell wirkt. Desdra, wie viele Drachenreiter sind im Moment krank?«
»Wir wissen es nicht, Capiam. Man hat aufgehört, uns Zahlen zu übermitteln. In der Trommelbotschaft hieß es, daß zwölf Geschwader aufgestiegen seien, aber in dem jüngsten Bericht, den uns übrigens K'lon brachte, war von einhundertfünfundsiebzig Reitern die Rede. Auch eine Königinreiterin befand sich darunter. L'bol verlor gleich zu Beginn zwei Söhne.«
»Einhundertfünfundsiebzig? Gibt es Nebeninfektionen?«
»Davon wurde nichts gesagt. Wir haben allerdings auch nicht gefragt …«
»Wie steht es auf Telgar? Und im Fort-Weyr?«
»Wir kümmerten uns in erster Linie um die Sterbenden und nicht um die Drachenreiter«, erklärte Desdra tonlos. Sie ballte die Hände zu Fäusten, bis ihre Knöchel weiß hervortraten.
»Ich verstehe. Aber unser aller Leben hängt von den knapp zweitausend Drachenreitern auf Pern ab. Nörgle bitte nicht ständig an mir herum, sondern besorg lieber alles, was ich für das Serum benötige. Und sobald K'lon hier eintrifft, soll er sich bei mir melden. Gibt es sonst noch jemanden in unserer Halle, der die Krankheit bekam und überstand?«
»Nein - keinen, der sie überstand.«
»Hmm. Wann wird K'lon hier sein?«
»Wir erwarten ihn jeden Moment. Er übernahm in den letzten Tagen den Transport unserer Heiler und Medikamente.«
»Gut. Was ich jetzt brauche, sind jede Menge steriler Zweilitergläser mit Schraubdeckeln, reißfeste Schnur, frisch geschnittenes Schilfrohr … hm, Nadeldorne habe ich selbst … Rotwurz und … ach ja, koch mir einige von den Spritzen aus, mit denen die Köche immer das Fleisch begießen. Ich besitze zwar einen Kasten mit gläsernen Spritzen, die Meister Clargesh eigens nach meinen Anweisungen fertigen ließ, aber mir fällt im Moment einfach nicht ein, wo ich sie verstaut habe. So, ab mit dir! Halt, noch etwas, Desdra: ein wenig hochprozentigen Schnaps und noch mehr von deiner guten Suppe!«
»Das mit dem Schnaps leuchtet mir ein«, entgegnete sie von der Tür her. »Aber die Suppe, die du so verabscheust?«
Er schwang ein Kissen, und sie schloß lachend die Tür hinter sich.
Capiam blätterte in seinen Notizen, bis er den Anfang von Meister Gallardys Lektion gefunden hatte:
Bei Ausbruch einer übertragbaren Krankheit hat sich der Einsatz eines Serums bewährt, das aus dem Blut eines genesenen Patienten gewonnen wird. Verabreicht man einem Gesunden
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