Die Drachenreiter von Pern 07 - Moreta, Die Drachenreiterherrin von Pern
Keroon starben neun von zehn Erkrankten. Auf der Meerburg in Igen traf das Hilfsschiff fünfzehn Kranke an, die zwar sehr geschwächt waren, aber am Leben bleiben werden. Wir wissen noch nichts Endgültiges über die Höfe rund um Igen, Keroon oder Ruatha. Ihr könnt stolz auf Eure Heiler sein, Capiam. Sie taten alles Menschenmögliche, um den Kranken beizustehen …«
»… und sie starben ebenfalls?« fragte Capiam, als Tirone nicht weitersprach.
»Sie brachten Eurer Gilde große Ehre.«
Capiams Herz schien zu stocken. Alle tot? Mibbut, der sanfte Kylos, die sinnliche, robuste Loreana, der ernsthafte Rapal, Sneel, der sich besser als jeder andere auf das Einrichten von Brüchen verstand, Galnish? Sie alle? War es wirklich erst sieben Tage her, seit er die Kunde von dieser furchtbaren Krankheit erhalten hatte? Und jene bereits vom Tod Gezeichneten, die er auf Keroon und Igen behandelt hatte?
Obwohl er inzwischen sicher war, daß die Epidemie an sich nicht zum Tod führte, mußten sich die Überlebenden auf eine neue Art von Verlust einstellen - auf den Tod von Hoffnungen und Freundschaften, auf die Vernichtung von Zukunftsplänen. Und das alles so dicht vor dem Intervall, der lange ersehnten Zeit des Friedens! Capiam spürte, wie ihm Tränen über die Wangen liefen, aber wenigstens milderten sie den Druck, der seine Brust einschnürte. Er ließ ihnen freien Lauf und atmete langsam ein und aus, bis er seine Gefühle wieder unter Kontrolle hatte. Er durfte sich nicht von ihnen leiten lassen; er mußte logisch denken. »Auf der Meerburg von Igen leben an die tausend Menschen. Fünfzehn davon waren krank, als mich Burdion rief und um Rat fragte.«
»Burdion gehört zu den Überlebenden.«
»Ich nehme an, er hat den Verlauf der Krankheit für Euch aufgezeichnet.« Capiam konnte nicht verhindern, daß sein Tonfall heftig wirkte.
»Ich glaube schon«, entgegnete Tirone, ohne die Erregung des Kranken zu beachten. »Das Logbuch der Windtoss steht uns ebenfalls zur Verfügung.«
»Der Kapitän war bereits tot, als ich die Meerburg erreichte.«
»Habt Ihr dieses Tier mit eigenen Augen gesehen?« Tirone beugte sich ein wenig vor, und in seinem Blick glitzerte die Neugier, die er nicht zu äußern wagte.
»O ja, ich habe es gesehen.« Das Bild hatte sich tief in Capiams Gedächtnis gebrannt. Ruhelos war die Katze durch seine Fieber- und Alpträume geschlichen. Capiam würde nie mehr das gereizte Fauchen vergessen, die schwarzweißen, starr abstehenden Schnurrhaare, die braunen Flecken auf den Fängen, die Risse und Kerben in den zurückgelegten Büschelohren, die dunkelbraunen bis schwarzen Ringe auf dem schimmernden hellen Fell. Er erinnerte sich an den ohnmächtigen Haß der eingesperrten Kreatur; schon damals, beim ersten Anblick der wütenden Katze, hatte er das Gefühl gewonnen, daß dieses Geschöpf sich an den Menschen rächen würde, die in dichten Trauben sein Gefängnis umstanden und es anstarrten. »Ja, Tirone, ich habe es gesehen. Wie Hunderte anderer Menschen, die das Fest von Ista besuchten. Talpan und ich standen an die zwanzig Minuten vor seinem Käfig, während der Tierheiler mir klarzumachen versuchte, weshalb man es seiner Meinung nach töten mußte. In diesen zwanzig Minuten steckte es wohl noch eine ganze Reihe Menschen an, wenngleich Talpan die Gaffer ein Stück von den Gitterstäben zurückgedrängt hatte. Womöglich habe ich mir die Seuche ebenfalls dort geholt: gleich an der Quelle und nicht durch andere Kranke.« Diese Erkenntnis erleichterte Capiam irgendwie. Da er völlig übermüdet und erschöpft gewesen war, hatte die Krankheit bereits nach vierundzwanzig Stunden die Herrschaft über seinen Körper gewonnen. Diese Vermutung war besser als der Verdacht, er habe es auf Igen und Keroon an Hygiene fehlen lassen. »Talpan war zu dem Schluß gelangt, daß nur die Katze als Überträger jener Krankheit in Frage kam, die bereits eine Reihe von Rennern zwischen Igen und Keroon erfaßt hatte. Mich hatte man nach Keroon gerufen, weil dort so viele Bewohner erkrankt waren. Auf der Suche nach der Ursache kam ich während des Festes von Ista zu dem gleichen Ergebnis wie Talpan. Das Geschöpf hatte übrigens panische Angst vor den Drachen.«
»Tatsächlich?«
»Ja, die Leute berichteten mir davon. Aber K'dall vom Telgar-Weyr gehört ebenso zu den Toten wie sein blauer Drache.«
Tirone schrieb, so schnell er konnte, und stellte immer neue Fragen. »Aber wie gelangte die Krankheit nach Süd-Boll, wenn
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