Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
Reiter das Serum verteilten. Moreta sprang ein. Sie kannte Keroon am besten. Aber Holth war bereits von den vorangegangenen Flügen erschöpft. Sie verirrten sich im Dazwischen. Und starben!«
Ich drückte Alessan noch fester an mich. Meine Tränen vermischten sich mit den seinen, aber mein Schmerz galt im Moment eher ihm als der tapferen Weyrherrin. Wie konnte er diese dritte Tragödie überstehen? Er hatte sich so mutig gegen die Seuche zur Wehr gesetzt und länger um Suriana getrauert, als es die meisten anderen Männer getan hätten. Ich dachte an meinen Vater, und Verachtung stieg in mir auf. Gab es überhaupt keine Gerechtigkeit mehr auf der Welt? Alessan wurde von einem Schicksalsschlag nach dem anderen heimgesucht, während Tolocamp ein unverdientes Übermaß an Gesundheit, Wohlstand und Sinnenfreuden genoß.
Mir dämmerte in diesem Moment, weshalb Alessan an jenem Tag, als ich nach Ruatha kam, so glücklich ausgesehen hatte. Ich wußte nicht, wann und wie er und Moreta Zeit für ihre Liebe gefunden hatten; die sechs Gefährten waren höchstens eine Stunde von Ruatha fort gewesen. Aber ich verstand nun besser, weshalb Alessan das Verhältnis zwischen Oklina und dem Bronzereiter B'lerion billigte. Und daß die Weyrherrin Trost bei dem jungen Burgherrn gesucht hatte, konnte ich ihr nachfühlen. Sh'gall war alles andere als ein angenehmer Partner. Arme Moreta. Armer, armer Alessan. Was konnte ihm jetzt noch helfen?
Desdra wußte es. Sie wartete, bis Alessans Schluchzen allmählich verebbte. Dann richteten sie und Tuero ihn auf. Meine Beine waren eingeschlafen, und ich konnte mich kaum noch rühren. Aber ich hielt seinen Kopf, während Desdra ihm einen Becher Wein einflößte, den sie mit Fellis-Saft vermischt hatte.
Der Ausdruck in seinen Augen wird mich mein Leben lang verfolgen: verloren, völlig verloren, fassungslos angesichts des Verlustes - und unendlich traurig. Er hatte den Becher leergetrunken, und es war eine Gnade für ihn wie für uns, daß der Fellis-Saft sofort wirkte.
Sie trugen ihn in sein Schlafzimmer, und ich erklärte mich bereit, an seiner Seite zu wachen, obwohl Desdra mir versicherte, daß er bis zum nächsten Tag durchschlafen würde.
»Was können wir für ihn tun, Desdra?« fragte ich, immer noch erschüttert von seinem Leid. Unwillkürlich liefen mir Tränen über die Wangen.
»Meine liebe Lady Nerilka, wenn ich darauf eine Antwort wüßte, wäre ich dem Meisterheiler überlegen.« Sie schüttelte langsam den Kopf und drückte damit die Hilflosigkeit aus, die auch ich empfand. »Es kommt ganz darauf an, ob er unseren Beistand annimmt. Wie grausam dieser neue Verlust ist - wie grausam und sinnlos!«
Wir zogen ihn aus und breiteten die Felldecke über ihn. Er sah um Jahre gealtert aus. Die Augen waren tief in die Höhlen gesunken, die Lippen zusammengepreßt. Seine Züge wirkten wächsern. Desdra fühlte seinen Puls und nickte erleichtert. Dann setzte sie sich auf die Bettkante und stützte den Kopf müde gegen einen der Pfosten.
»Er hat Moreta geliebt?« fragte ich.
»Es geschah, als wir damals die Nadeldornen sammelten. Was war das für ein herrlicher Tag!« Sie seufzte, und der Hauch eines Lächelns huschte über ihre sonst so strengen Züge. »Wenigstens dieses Glück konnten sie genießen. Und, so hart und bitter das im Moment klingen mag - für den Fortbestand von Ruatha ist dieses Unglück vielleicht ein Segen.«
»Weil Alessan Nachkommen braucht?« Noch nie in der Geschichte von Pern war eine Weyrherrin die Gemahlin eines Erb-Barons geworden; den umgekehrten Fall gab es häufiger. Außerdem hatte Moreta ein Alter erreicht, in dem sie nicht mehr ohne Risiko gebären konnte. Nun, Alessan hätte eine zweite Frau nehmen können. Zur Sicherung der Erbfolge konnte ein Burgherr in seinem Herrschaftsbereich sogar eigene Gesetze erlassen. Diesen Grundsatz hatte man den Fort-Töchtern von frühester Jugend an eingeprägt.
»Oklinas Kinder sollten hier aufwachsen«, meinte Desdra.
»Aber das würde niemals reichen - bei all den Verlusten, die Ruatha erlitt!«
»Sie müssen ihm Ihre wahre Herkunft verraten, Lady Nerilka!«
Ich schüttelte den Kopf, noch während sich der Gedanke in meinem Gehirn festsetzte, dieser aussichtslose, völlig unmögliche Gedanke. Er brauchte eine Frau, die schön und anziehend war, klug und charmant - eine Frau, die ihn vergessen ließ, was er durchgemacht hatte.
Desdra erhob sich und sagte, sie wolle dafür sorgen, daß man mir etwas zu essen
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