Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
sie ist. Sallah hat uns gewarnt, und die ganzen Jahre…«
»Und die ungewöhnlichen Ereignisse in jüngster Zeit«, warf Ezra ein und deutete damit behutsam an, Paul brauche sich nicht in Selbstzerfleischung zu üben.
»Wir hätten die Mariposa bewachen müssen, solange auch nur ein Tropfen Treibstoff in den Tanks war.«
»Wir hätten auch so schlau sein sollen, Kenjo zu fragen, woher er all den Treibstoff hatte«, fügte Ezra hinzu.
»Das war uns bekannt«, grinste Emily.
»Das war bekannt?«
»Wenigstens ist Ongola kein Risiko eingegangen«, fuhr Paul fort und zuckte zusammen, als er sich an die zerschmetterte Schulter des Mannes erinnerte. »Dies«, - er legte den Steuerchip sehr vorsichtig auf das Regal über dem Computer -, »war Ongolas spezielle Vorsichtsmaßnahme, und sie wurde mit Kenjos vollem Einverständnis getroffen.«
Emily ließ sich schwer in den nächsten Stuhl fallen. »Und wo stehen wir jetzt?«
»Ich würde sagen, Avril ist am Zug.« Ezra schüttelte traurig den Kopf. »Sie hat mehr als genug Treibstoff, um wieder runterzukommen.«
»Das ist nicht ihre Absicht«, sagte Paul.
»Leider«, erklärte Emily, »hat sie eine Geisel, ob sie es weiß oder nicht. Sallah Telgar-Andiyar wird ebenfalls vermißt.«
***
Als Sallah wieder zu sich kam, fühlte sie sich elend, und ihr linker Fuß schmerzte heftig. Jemand hatte ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt und sie mit den ebenfalls gefesselten Füßen verbunden, so daß sie sich nicht bewegen konnte. Sie schwebte frei im Raum und berührte nur mit der Seite leicht den Boden des Raumschiffs; die Schwerelosigkeit verriet ihr, daß sie sich nicht mehr auf Pern befand. Sie vernahm ein rhythmisches, aber unangenehmes Geräusch im Hintergrund, außerdem rutschten verschiedene Gegenstände klappernd hin und her.
Dann identifizierte sie die gräßlichen, monotonen Geräusche: Avril Bitra fluchte.
»Was zum Teufel hast du mit den Steuersystemen gemacht, Telgar?« fragte sie und trat der Gefesselten in die Rippen.
Der Tritt ließ Sallah in die Höhe schweben, bis sie nur wenige Zentimeter vom Gesicht der tobenden Avril Bitra entfernt war. Daß sie überhaupt atmen konnte, lag vermutlich daran, daß die Kabine der Mariposa ihre eigene Sauerstoffversorgung hatte. Kenjo hatte die Tanks doch sicher bis zum Rand gefüllt? fragte sie sich in kurz aufflackernder Panik, während sie dicht vor Avril weiter in die Höhe schwebte. Die Astrogatorin trug einen Raumanzug; der Helm lag griffbereit auf dem Regal über dem Pilotensitz.
Avril packte Sallahs Arm. »Was weißt du davon? Sag es mir, und zwar schnell, oder ich werfe dich raus, das spart Atemluft!«
Sallah zweifelte nicht daran, daß diese Frau zu so etwas fähig war. »Ich weiß von gar nichts, Avril. Ich habe gesehen, wie du Ongola und Kenjo aufgelauert hast, und da wußte ich, daß du etwas im Schilde führst. Also bin ich dir gefolgt und konnte gerade noch vor dem Start in die Luftschleuse schlüpfen.«
»Du bist mir gefolgt?« Avrils Faust schnellte vor, durch den Aufprall wurden die beiden Frauen auseinandergetragen. Avril hielt sich an einem Handgriff fest. »Wie konntest du es wagen?«
»Ich hatte dich monatelang nicht gesehen und wollte gerne wissen, wie es dir geht, und da dachte ich, es sei eine gute Idee.« Jetzt ist schon alles egal, dachte Sallah. Es war ihr nicht möglich, die Achseln zu zucken. Was war nur mit ihrem Fuß passiert? Er schmerzte entsetzlich.
»Verdammte Schweinerei. Du hast diese verfluchte Kiste geflogen. Wie kann ich die vor dem Flug eingegebenen Anweisungen aufheben? Du mußt das doch wissen.«
»Vielleicht, wenn du mich an die Konsole läßt.« Sie sah erst Hoffnung und dann einen irren Funken des Zweifels in Avrils Augen aufflackern. Sallah log nicht. »Wie soll ich das von hier aus sagen können? Ich weiß nicht, wo wir sind. Ich bin doch auch nur mit Schlitten gegen Fäden geflogen.« Selbst wenn jemand leicht paranoid war, mußte er merken, daß das die Wahrheit war. Sallah nahm sich vor, ganz behutsam vorzugehen. »Laß mich wenigstens mal sehen.«
Sie bat nicht darum, losgebunden zu werden, obwohl sie sich das verzweifelt wünschte. Beim Sprung in die Kabine mußte sie sich die rechte Schulter geprellt haben, und jetzt hatten sich alle Muskeln schmerzhaft verkrampft.
»Bilde dir ja nicht ein, daß ich dir die Fesseln abnehme«, warnte Avril und gab Sallah einen verächtlichen Schubs, der diese quer durch die Kabine trug. Dann packte sie einen Handgriff und
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