Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
gerichtet.
Kenjo hatte bisher vor jedem seiner Flüge am Abend die Maschine von außen und von innen inspiziert. Fusi Pingelig! Der Spitzname war nicht nur spöttisch gemeint, denn sie konnte sich einfach nicht vorstellen, wie es ihm gelungen war, die kleine Treibstoffreserve in den Tanks der Mariposa so weit zu strecken. Letzte Nacht hatte sie beobachtet, daß um die Gig herum einiges los war, aber von Kenjo war nichts zu sehen gewesen.
Da keiner der beiden Monde schien, hatte sie eigentlich nur sich bewegende Schatten erkennen können, die auf Aktivität hindeuteten, und war sehr nervös geworden. Beruhigend fand sie nur, daß es sich um mehrere Gestalten handelte. Aber niemand bestieg das Raumschiff, was wiederum verwirrend war.
Im ersten Morgengrauen, so früh, daß sich noch kein Lastesel am Skelett der Fähre zeigte, die während der ganzen Woche das Zentrum reger Betriebsamkeit gewesen war, beobachtete sie überrascht, daß sich Fulmar Stone und Zi Ongola dem Schiff näherten.
Das wochenlange Warten hatte ihre Nerven aufs äußerste angespannt, und jetzt entfernte sie hastig die Schutzhülle über ihrem Schlitten und bereitete alles für einen schnellen Start vor. Mit Höchstgeschwindigkeit konnte sie das Landegitter in weniger als fünfzehn Minuten erreichen. Der morgendliche Verkehr würde ihr auf dem Weg nach Landing genügend Deckung bieten.
Einen Augenblick lang wurde sie unsicher. Vielleicht waren bei der Mariposa irgendwelche Probleme aufgetreten, und man zerlegte die Fähre, weil man Ersatzteile brauchte. Kenjo hatte vor drei Tagen einen Flug absolviert und war auf gewohnt sparsame Weise gestartet und gelandet. Eines mußte sie ihm lassen - er glitt so sanft herein, daß er überhaupt keinen Schub brauchte. Nur, wo bekam er eigentlich den Treibstoff für den Start her?
Die drei Männer schlüpften schnell, fast verstohlen in das kleine Raumschiff und schlossen die Luftschleuse. Nun, zu den Triebwerken gelangte man durch Platten an der Außenseite, also kein Grund zur Aufregung. Die beiden blieben drei Stunden im Innern des Schiffs, lange genug für eine vollständige Überprüfung der internen Systeme. Das deutete freilich nicht auf einen gewöhnlichen Flug hin. Vielleicht war die Mariposa doch defekt. Dann sollte Kenjo der Teufel holen. Sie brauchte die Mariposa in raumtüchtigem Zustand. Avril fluchte.
Oder war Kenjo etwas zugestoßen, so daß jetzt Ongola das Schiff übernahm?
Aber wie?
Viel Treibstoff konnte nicht mehr übrig sein. Warum überprüften sie also die internen Systeme? Warum wollten sie noch eine Spritztour unternehmen? Ungehalten beendete Avril ihre Startvorbereitungen.
***
Sallah Telgar-Andiyar saß auf der schattigen, überdachten Veranda des Hauses von Mairi Hanrahan am Asienplatz und fütterte ihre kleine Tochter, als sie eine Gestalt den Weg entlanggehen sah, die ihr bekannt vorkam. Sie trug einen weiten Overall und eine Schirmmütze, die sie tief ins Gesicht gezogen hatte, aber dem Gang nach war es unverkennbar Avril, besonders von hinten. Die verschmierten Hände, das Klemmbrett, das Auspuffrohr, das so demonstrativ in einer Hand getragen wurde, konnten Sallah nicht beirren. Es war Avril, und sie mußte schon einen triftigen Grund haben, um sich die Hände schmutzig zu machen. Seit sie die Große Insel verlassen hatte, war sie wie vom Erdboden verschwunden. Sallah sah ihr nach, bis Avril sich in das Gedränge der Techniker am Hauptdepot mischte, die um Ersatzteile und andere Dinge anstanden.
Seit Sallah Avrils Gespräch mit Kimmer belauscht hatte, war ihr klar, daß die Frau versuchen würde, Pern zu verlassen. Wußte Avril von Kenjos Treibstofflager? Gereizt schüttelte Sallah den Kopf. Cara blinzelte und starrte ihre Mutter mit ihren großen, braunen Augen ängstlich an.
»Entschuldige, mein Schatz, aber deine Mutter ist mit ihren Gedanken meilenweit weg.« Sallah häufte Püree auf den Löffel und schaufelte es in Caras gehorsam aufgesperrtes Mäulchen. Nein, sagte sie sich nachdrücklich, weil sie es so gern glauben wollte, Avril konnte den Treibstoff nicht entdeckt haben: sie war zu sehr damit beschäftigt gewesen, auf der Großen Insel nach Edelsteinen zu suchen. Wenigstens bis vor drei Wochen. Und wo hat sie sich seither versteckt? fragte sich Sallah. Hat sie beobachtet, wie oft Kenjo mit der Mariposa geflogen ist? Dann hatte Avril Bitra sich bestimmt einige Gedanken gemacht.
Nun, Sallah mußte ohnehin bald ihren Dienst antreten, und wie es der Zufall so
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